Die Erforschung der oberen Atmosphärenschichten und ihrer Phänomene begann in der Sowjetunion bereits in den 1930er Jahren. Das Interesse daran wuchs in der Mitte des 20. Jahrhunderts, parallel zur Einführung von Flugzeugen mit Gasturbinentriebwerken. Bis etwa 1950 nutzte der hydrometeorologische Dienst der UdSSR für Wetterbeobachtungsflüge britische Hurricanes, die nach dem Zweiten Weltkrieg in der Sowjetunion verblieben waren. Diese Maschinen erreichten zwar Höhen von 8000 bis 10 000 Metern, aber wie alle Jagdflugzeuge konnten sie nicht bei schwierigen Wetterbedingungen fliegen. Nach den Hurricanes wurden die Polikarpow Po-2 eingesetzt, die jedoch weder die erforderliche Flughöhe noch die notwendige Regelmäßigkeit der Flüge unter komplexen meteorologischen Bedingungen bieten konnten.

Serienflugzeug An-6 mit Vierblattpropeller aus Metall.
Ersatz für Hurricane und Po-2
Von allen in der Sowjetunion verfügbaren Maschinen war der Doppeldecker An-2 damals die attraktivste. Daher beschloss die sowjetische Regierung am 13. Dezember 1946 auf Basis dieses Transportflugzeugs ein Meteoflugzeug zu entwickeln. Bereits während der Serienentwicklung der An-2 entstand der erste Entwurf für eine spezialisierte Meteo-Version mit der Bezeichnung "ZA" – eine Abkürzung für "Meteoflugzeug" im Russischen. Dieses Modell war für die Atmosphärenforschung, Wetter- und Eiserkundung sowie den Transport von Ausrüstung für den Hydrometeorologischen Dienst vorgesehen. Die Konstruktion unterschied sich wenig von der An-2: Ein Duraluminiumrumpf, mit Perkal bespannte Tragflächen und Leitwerke mit Metalstruktur. Ein besonderes Merkmal war die verglaste Beobachterkabine, die vor dem Seitenleitwerk positioniert war. Der Zugang erfolgte dort über eine Leiter. Die Kabine bot nicht nur einen hervorragenden Rundumblick, sondern auch eine gute Sicht auf die meteorologischen Instrumente im Luftstrom. Das Flugzeug konnte auch für Transportaufgaben- oder Fallschirmjäger eingesetzt werden und bot im Rumpf auf klappbaren Sitzen Platz für bis zu zehn Personen. Der erste Prototyp des "ZA"-Flugzeugs verließ im Frühjahr 1948 die Montagehalle des Flugzeugwerks Nr. 153 in Nowosibirsk. Am 21. März absolvierte Testpilot Wassili Didenko den Erstflug. Noch im selben Jahr flog die Besatzung unter seiner Leitung die Maschine mit der Bordnummer 04 zu staatlichen Tests nach Moskau. Man erwartete, dass das Flugzeug mit dem ASch-62IR-Triebwerk und einem automatischen Verstellpropeller vom Typ AV-9N-21K, dessen säbelförmige Blätter aus Kunstharzpressholz bestanden, Höhen von bis zu 7000 Metern erreichen könnte. Mit dem geplanten M-62R-Motor sollten sogar 10 000 Meter möglich sein. In der Realität war der Prototyp jedoch rund eine halbe Tonne schwerer als vorgesehen, wodurch die maximale Flughöhe auf 5000 Meter begrenzt blieb.

Prototyp des Flugzeugs „ZA-TK“ mit TK-19-Turbokompressoren.
Mehr Power für die Anna
Im Mai 1950 ordnete die sowjetische Regierung den Einbau von TK-19-Turbokompressoren an. Damit konnte die maximale Flughöhe auf über 10 000 Meter gesteigert werden. Laut Berechnungen sollte das Flugzeug mit einer Geschwindigkeit von 270 km/h in 6000 Metern Höhe fliegen können und innerhalb von 55 Minuten auf 10 000 Meter steigen. Bei einem maximalen Startgewicht von 4500 kg, einschließlich 900 kg Treibstoffreserve, wurde eine Flugzeit von bis zu acht Stunden erwartet. Bei halber Treibstoffreserve (Startgewicht 3900 kg) betrug die Flugzeit maximal vier Stunden in 2500 Metern. Parallel zum Einbau der Turbokompressoren wurde auch der Propeller ersetzt und die Vorderkanten des Höhenleitwerks erhielten Enteisungssysteme. Zur Reduzierung der Steuerkräfte am Steuerhorn vergrößerte man die axiale Ausgleichsfläche von Quer-, Höhen- und Trimmruder. Die Werksflugtests des nun als "ZA-TK" bezeichneten Flugzeugs wurden im Dezember 1950 abgeschlossen. Ein halbes Jahr später wurde es dem Forschungsinstitut der Luftstreitkräfte (NII VVS) übergeben. Wegen fehlender Kabinenheizung musste die Besatzung in Winterkleidung und mit Sauerstoffmasken fliegen. Dennoch wurde die "ZA-TK" für die Serienproduktion empfohlen. Das Flugzeug erhielt die Bezeichnung An-6. Die Produktion erfolgte parallel zur An-2. Im Jahr 1957 produzierte das Kiewer Flugzeugwerk Nr. 473 20 An-6 Maschinen. Davon wurden vierzehn in der Zivilluftfahrt eingesetzt und sechs an das Militär übergeben. Die An-6 waren unter anderem auf Flugplätzen in Nowosibirsk, Jakutien, im Fernen Osten, in Kirgisistan und Tadschikistan im Einsatz. Eine Maschine gehörte dem Staatlichen Wissenschaftlichen Forschungsinstitut für Zivilluftfahrt (GosNII GWF) und eine der Polarluftfahrt. Die große Flughöhe, die das mit einem Turbokompressor ausgestattete Triebwerk ermöglichte, erlaubte es dem Testpiloten Wladimir Kalinin und dem Flugingenieur Boris Baklaikin, mit der An-6 zwei Höhenweltrekorde aufzustellen: Am 12. Dezember 1953 erreichten sie 10 293 Meter und am 9. April des folgenden Jahres sogar 11 248 Meter.

Transportversion der An-6 mit Blasenfenster und Kennzeichen CCCP-98341 in der Antarktis.
Iljuschin ersetzt die An-6
Im Jahr 1958 führte das Staatliche Wissenschaftliche Forschungsinstitut für Zivilluftfahrt weitere Kontrolltests durch. Die Ergebnisse zeigten, dass das Flugzeug für Höhen, in denen schwere Maschinen operierten, ungeeignet war. Infolgedessen wurde vorgeschlagen, die An-6 zukünftig für Luftbildaufnahmen sowie für Transportflüge in Gebirgsregionen einzusetzen. In den Fliegerabteilungen, in denen die An-6 Flugzeuge zuvor eingesetzt wurden, erfolgte der Ersatz durch Il-20-Flugzeuge – demilitarisierte Varianten des Bombers Il-28. Nicht mehr benötigte An-6 wurden zu Transport- und Passagierflugzeugen umgebaut und bis zum Ende ihrer Betriebsdauer genutzt. Die An-6-blieb bis Mitte der 1960er Jahre im Einsatz und hinterließ bedeutende Spuren in der Geschichte. Beim Erkunden der oberen Atmosphärenschichten ebnete sie den Weg für die mit Gasturbinen ausgestatteten Passagiermaschinen Tu-104 und Tu-114. Kein einziges Exemplar ist jedoch bis heute erhalten geblieben.