Kaum ein Fluggerät ist bis heute so sehr mit der US Army verknüpft wie die legendäre Bell UH-1 – nicht zuletzt auch aufgrund der enormen Stückzahlen. Kein Wunder, dass sich die Hubschrauber-Hersteller Anfang der 70er Jahre einen erbitterten Wettbewerb um den lukrativen Huey-Nachfolger lieferten, denn eine Bestellung von bis zu 2000 Exemplaren über die Jahre stand im Raum. Schließlich blieben im UTTAS-Programm (Utility Tactical Transport Aircraft System) von den neun Kandidaten nur noch zwei Firmen im Rennen: Boeing-Vertol mit der UH-61 und Sikorsky mit der UH-60. Platzhirsch Bell ging mit dem Model 240 leer aus.

Der Rotor der UH-61 saß sehr nahe am Rumpf, was Vor- aber auch Nachteile hatte.
Neues Rotorsystem
Am 30. August 1972 erhielt Boeing den Auftrag zum Bau von drei Prototypen im Gesamtwert von 91 Millionen Dollar. Die grundlegende Auslegung und die T700-Triebwerke teilte sich die UH-61 mit dem Sikorsky-Entwurf. Allerdings setzte Boeing auf ein Dreipunkt-Fahrwerk mit Bugrad und ein gelenkloses Hauptrotorsystem. Letzteres wies 60 Prozent weniger Teile als ein konventionelles System, da die Blätter starr an der Nabe befestigt waren. Das entsprechende Know-How kam von MBB aus Deutschland und hatte in der Bo 105 bereits seine Vorteile unter Beweis gestellt. Die Anordnung bot laut Boeing auch bei der UH-61 ein spontaneres Ansprechverhalten auf die Steuereingaben des Piloten und eine bessere Wendigkeit. Außerdem ermöglichte es einen kürzeren Rotormast. Daher saß der Rotor unmittelbar über dem Rumpf und gab der UH-61 ihr charakteristisches Aussehen. Aufgrund der geringen Abmessungen ließ sich das Muster ohne größere Demontagen im Frachtraum einer C-130 Hercules verstauen. Gemäß Boeing konnten dies vier Techniker in 70 Minuten erledigen.

Die UH-61 ließ sich im Frachtraum einer C-130 Hercules transportieren.
Erprobung bei Grumman
Boeing baute drei fliegende Prototypen plus eine Zelle für statische Versuche sowie eine Ausführung für Bodentests des Rotorsystems. Etwas mehr als einen Monate nach der UH-60 startete die erste YUH-61A mit den Testpiloten Frank Duke und Len Freisner an den Kontrollen zu ihrem Jungfernflug. Die zweite Maschine folgte am 19. Februar 1975, die dritte am 28. Mai 1975. Um Zeit und Geld zu sparen, nutze Boeing-Vertol bei der Flugerprobung die Infrastruktur von Grumman in Calverton, New York.

Das Rotorsystem wurde auch an einer Zelle für Bodenversuche erprobt.
Niederlage gegen die UH-60
Die erste Maschine verunglückte allerdings am 19. November 1975, nachdem die Welle des Heckrotors bei Autorotations-Versuchen gebrochen war. Der Prototyp legte eine Bruchlandung hin und wurde anschließend von einer CH-47 Chinook geborgen. Nach entsprechenden Reparaturen stieß er wieder zur Flotte. Allerdings gab die US Army am 23. Dezember 1976 die UH-60 als Gewinner bekannt. Gegen die UH-61 sprachen unter anderem die höheren Vibrationen aufgrund der Nähe des Rotors zum Rumpf.
Zweite Chance
Da die US Navy ebenfalls Bedarf für einen neuen Helikopter hatte, schickte Boeing die YUH-61 auch ins Rennen um den zukünftigen Bordhubschrauber. Für das LAMPS-Programm (Light Airborne Multi-Purpose System) baute man ein Modell in Originalgröße, das im Februar 1976 in Norfolk zu Tests sogar auf die USS Moinester verfrachtet wurde. Aber auch in diesem Wettbewerb zog das Muster gegen die Sikorsky-Konkurrenz im September 1977 den Kürzeren.

Die Marine-Version der UH-61 kam über ein Modell in Originalgröße nicht hinaus.
Zivile Version
Boeing vermarktete das Muster zudem im zivilen Bereich. Das aus eigenen Mitteln finanzierte Model 179 bot Platz für bis zu 19 Passagiere. Aber auch eine Variante für sechs Fluggäste plus Toilette und Bordküche befand sich im Angebot. Nach den Niederlagen im militärischen Bereich gab das Unternehmen das Vorhaben jedoch auf. Zwei Prototypen haben bis heute überlebt: die 73-21656 im Bestand des US Army Aviation Museums in Fort Novosel, Alamaba, sowie die 73-21658 in privatem Besitz.

Nach den Niederlagen in den militärischen Wettbewerben gab Boeing auch das zivile Model 179 auf.
Technische Daten
Antrieb: zwei General Electric T700-700 mit je 1145 kW Leistung
Rumpflänge: 15,79 m
Rumpfbreite: 2,86 m
Höhe: 4,63 m
Hauptrotorfläche: 120,5 m²
Kabinenlänge: 3,86 m
Kabinenhöhe: 1,37
Kabinenvolumen: 11,66 m³
Leermasse: 4302 kg
Startmasse: 6756 kg
Max. Startmasse: 8481 kg
Max. Nutzlast: 3141 kg
Max. Treibstoffmenge: 1038 kg
Reisegeschwindigkeit: 269 km/h (in 1220 m Höhe)
Höchstgeschwindigkeit: 287 km/h
Reichweite: 598 km