Britischer Flugzeug-Gigant: Das vergessene Riesenflugzeug Blackburn Beverley C.1

Blackburn Beverley C.1
Das vergessene britische Riesenflugzeug

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Veröffentlicht am 12.07.2025

Nachdem man mit dem großen Hamilcar Transportgleiter (der sogar leichte Panzer tragen konnte) im Zweiten Weltkrieg erfolgreich war, untersuchte die General Aircraft Limited 1945 die Möglichkeiten für ein taktisches Transportflugzeug, das auch auf kurzen, unbefestigten Pisten eingesetzt werden konnte. Diskussionen mit dem Air Ministry in London führten schließlich zur Spezifikation C.3/46, die unter anderem ein Zuladung von elf Tonnen und eine Startstrecke von 730 Metern forderte. Mitte 1946 erhielt das Unternehmen einen Auftrag für einen Prototyp des vorgeschlagenen Entwurfs GAL 60, der auch als "Universal Freighter" oder als "Universal Transport" für eine angedachte Zivilversion bezeichnet wurde. Es war zu der Zeit mit einer Spannweite von 49,38 Metern und einer max. Abflugmasse von 39 600 Kilogramm eines der größten je in Großbritannien konstruierten Flugzeuge.

Frontansicht einer Blackburn Beverley C.1 mit geöffneten Heckklappen für die Beladung
Crown Copyright - RAF

Erstflug 1950

Chefkonstrukteur Frederic "Croak" Crocombe und sein Team arbeiteten zunächst in Feltham (südlich des heutigen Flughafens Heathrow), dachten aber schon daran, die Maschine in diverse Bausegmente zu zerlegen, die bei Bedarf zu einem anderen Flugplatz gebracht werden konnten. Dies geschah dann auch, denn am 1. Januar 1949 hatten Blackburn und General Aircraft fusioniert, sodass man die Endmontage und den Erstflug fast 300 Kilometer weiter nördlich in Brough bei Kingston Upon Hull durchführte (heute immer noch ein Werk von BAE Systems). Am 20. Juni 1950 hoben Harold "Timber" Wood und sein Co Derek Brade mit dem als WF320 registrierten Prototyp problemlos von der Bahn an der Humber-Mündung ab. Die Versuche gingen rasch voran, so-dass die Maschine im September bei der Luftfahrtmesse in Farnborough ihr Debüt geben konnte und dabei alle anderen Flugzeuge überragte.

Soldaten sitzen im Frachtraum einer Blackburn Beverley C.1
Crown Copyright - RAF

Umkonstruktion

Der "Universal Freighter Mk 1" hatte nun eine Abflugmasse von 47 600 kg, eine Nutzlast von 11340 kg und eine Reichweite von 805 Kilometern (oder 2895 km mit 7940 kg Zuladung). Als Triebwerke waren vier 14-Zylinder-Sternmotoren des Typs Hercules 231 eingebaut, die je knapp 2000 PS (1450 kW) leisteten. Somit wurde eine Höchstgeschwindigkeit von 350 km/h erreicht. In Farnborough kündigte das Ministry of Supply auch an, einen zweiten Prototyp zu kaufen, doch inzwischen hatte man die Anforderungen grundlegend überarbeitet – Vorrang hatte nun der Abwurf auch großer Lasten mit dem Fallschirm über die Heckrampe. Es war eine Umkonstruktion notwendig, wobei die Abflugmasse auf 57 600 kg stieg. Das Rumpfheck wurde geändert, und statt eines einzigen großen Rades sah man nun ein Hauptfahrwerk mit vier Rädern vor. Beim Antrieb wechselte man auf 18-Zylinder-Sternmotoren der Bristol-Centaurus-Baureihe mit Turboladern, die beim Start 2850 PS leisteten. Die zunächst als GAL 65 und dann als Blackburn B-100 ("Universal Freighter Mk 2") bezeichnete neue Variante erhielt im Dezember 1952 den offiziellen Namen "Beverley", von der die Royal Air Force zunächst 20 Flugzeuge bestellte. Am 14. Juni 1953 erfolgte wieder mit Wood und Brade der Jungfernflug. Zunächst mussten Propeller mit 4,42 Metern Durchmesser verwendet werden, bis man den inneren Motor etwas nach vorn und den äußeren 30 Zentimeter nach außen verlegte.

Blackburn Beverley C.1 beim Lastabwurf
Blackburn

Lastenabwürfe

Nun waren fünf Meter messende Propeller möglich, um die Leistung der Centaurus voll auszunutzen. Die Außenflügel hatten nun eine leichte V-Stellung von drei Grad, und das Höhenleitwerk und die Höhenruder waren vergrößert. Nach den grundlegenden Flugtests wurde der Mk-2-Prototyp (WZ889) 1954 für ausgiebige Lastenabwurfversuche verwendet, wobei die hinteren Frachtraumklappen komplett demontiert waren. Die schwerste abgeworfene Last wog 13150 kg, mit acht Fallschirmen (Durchmesser je 20 Meter). Auch Versuche mit zehn Napier-Scarab-Starthilfsraketen wurden unternommen. Es wurde eine Startstrecke von 365 Metern erreicht, aber diese Ausrüstung ging nicht in Produktion. Unterdessen war der Auftrag im Mai 1954 auf 47 Beverley erhöht worden und in Brough lief die Serienfertigung an. Viele Bauteile wurden jetzt in Dumbarton nördlich von Glasgow produziert und 400 Kilometer weit zur Endmontage gebracht. Kleine Änderungen für die Serie betrafen den Frachtraum, der nun bei einer Länge von 12,3 Metern einen Querschnitt von 3,05 m x 3,05 m ohne Hindernisse hatte. Der Frachtraumboden konnte Achslasten von 5670 kg verkraften und hatte zahlreiche Verzurrpunkte. Bis zu 162 Sitze ließen sich installieren, doch die RAF flog meist mit 58 Sitzen im Frachtraum und 36 oben im Heckausleger. Alternativ wurden 70 Fallschirmjäger untergebracht. Die maximale Zuladung lag bei 24000 kg, darun- ter Bloodhound-Flugabwehrraketen, Sycamore-Hubschrauber oder Militärfahrzeuge und Geschütze aller Art.

Blackburn Beverley C.1 mit Tarnanstrich im Kurvenflug
Crown Copyright - RAF

Erste Basis Abingdon

Die ersten beiden Serienflugzeuge flogen am 29. Januar (XB259) und am 30. März 1955. Sie waren für weitere Testflüge bei Blackburn vorgesehen. Die nächsten beiden Maschinen waren für das Aeroplane and Armament Experimental Establishment in Bos-combe Down bestimmt, während die Nummer fünf im September wieder auf der Luftfahrtschau in Farnborough zu sehen war. Derweil nutzte Blackburn die zweite Serienmaschine im September 1955 mit der zivilen Kennung G-AOEK im Auftrag von Iraq Petroleum zum Transport von Ölbohrausrüstung von Katar nach Jebel Fahud im Oman. Mit der Truppeneinführung beim Transport Command wurde die 47 Squadron auf dem Flugplatz Abingdon beauftragt. Sie erhielt ihr erstes Flugzeug am 12. März 1956. Die Beverley C.1 wurde schnell für Frachttransporte nach Zypern, Malta, Nordafrika und Nahost verwendet, wo die Briten gegen Ende der 1950er-Jahre immer noch eine militärische Präsenz hatten. Hilfsflüge führten bis Kenia und Vietnam. Bald wurde in Abingdon auch die 53 Squadron mit Beverleys ausgerüstet, während die 30 Squadron und die Operational Conversion Unit in Dishforth (später Thorney Island) stationiert waren. Die 30 Squadron verlegte später nach Nairobi, während man in Aden die 84 Squadron aufstellte. Schließlich gab es noch die 34 Squadron bei der Far East Air Force in Singapur (zunächst Teil der 48 Squadron).

Alle Beverleys wurden bis Mai 1958 an die RAF übergeben. Sie waren bis Ende 1967 beim Air Support Command gefragt, wobei acht Flugzeuge bei Unfällen verloren gingen. Für die Verwertung sorgte die 27 Maintenance Unit in Shawbury. Als Ablöse kam die Lockheed Hercules zur RAF. Die erste Beverley (XB259) diente derweil noch bis Ende 1972 beim Royal Aircraft Establishment in Farnborough. Sie stand lange im Museum Fort Paull in Hull und wurde letztes Jahr in Einzelteilen zum Solway Aviation Museum gebracht. Dort ist ein Wiederaufbau vorgesehen, der etwa zwei Jahre dauern wird.

Blackburn Beverley C.1 im Flug
Blackburn

Technische Daten

Blackburn Beverley C.1

Hersteller: Blackburn Aircraft Ltd.

Besatzung: 4 (zwei Piloten, Funker, Navigator)

Soldaten: 94

Fallschirmjäger: 70

Antrieb: 4 x Bristol Centaurus 173

Motorleistung: 2850 PS (Start, mit Wasser/Methanol-Einspritzung), 1720 PS (Reiseflug)

Länge: 30,30 m

Höhe: 11,71 m

Spannweite: 49,38 m

Flügelfläche: 271 m²

Frachtraumlänge: 12,2 m

Leermasse: 37 275 kg

max. Kraftstoff: 31 300 l

max. Startmasse: 61 200 kg

Höchstgeschwindigkeit: 385 km/h

Marschgeschwindigkeit: 360 km/h

Langstecken-Marschgeschwindigkeit: 280 km/h

Startstrecke: 410 m über 15-m-Hindernis

Landestrecke: 275 m aus 15 m Höhe

Reichweite (19 985 kg Nutzlast): 322 km

Reichweite (450 kg Nutzlast): 5940 km