Der beste Kampfpilot der USA: Francis S. "Gabby" Gabreski wird Jagd-Ass in zwei Kriegen

Francis S. „Gabby“ Gabreski
Ein Jagd-Ass in zwei Kriegen

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ArtikeldatumVeröffentlicht am 20.09.2025
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Als die deutsche Wehrmacht im September 1939 in Polen einfiel, veranlasste dies Francis Stanley Gabreski, aufgewachsen in Oil City, Pennsylvania, als Sohn polnischer Einwanderer, in das US Army Air Corps* einzutreten. Pilot wollte er werden, wenngleich der am 28. Januar 1919 geborene Collegestudent die fliegerische Eignung zunächst vermissen ließ. Gerade noch rechtzeitig hatte er den Dreh einigermaßen raus und schloss seine fliegerische Ausbildung im März 1941 ab. Danach diente 2nd Lieutenant Gabreski bei der 45th Pursuit Squadron auf Hawaii, wo er Jagdflugzeuge des Typs Curtiss P-36 und P-40 flog und seine spätere Frau Catherine Mary "Kay" Cochran kennenlernte. Den japanischen Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 erlebte Gabreski bei seiner Einheit auf dem Flugplatz Wheeler Field. Zwar starteten er und neun Kameraden mit den verbliebenen Jägern, vom Feind sahen die jungen Jagdflieger jedoch nichts mehr. Übungs- und Patrouillenflüge bestimmten anschließend den Alltag auf Hawaii.

Francis Gabreski auf seiner Curtiss P-40
Sammlung Ringlstetter / USAF

Erster Einsatz in Europa

Gabreski blickte Richtung Europa und ersuchte um die Versetzung nach Großbritannien zu einer polnischen Jagdeinheit in der Royal Air Force (RAF), der man zu seiner Überraschung stattgab. Im Oktober 1942 kam Gabreski in England an und flog ab Januar 1943 bei der polnischen No. 315 Squadron RAF in Northolt. Die erste Feindberührung erlebte Gabreski, inzwischen Captain, in einer Spitfire Mk IX am 3. Februar 1943, als Focke-Wulf-Fw-190-Jäger die Polen überraschten. Dem energischen Funkspruch seines Flügelmanns, er solle schießen, entsprach der unerfahrene Gabreski zwar, doch schoss er in der Aufregung nur auf eine weit entfernte Maschine ins Leere. Bei der Auswertung der Schießkamerafilme stellte sich heraus, dass Gabreski eine schräg unter ihm fliegende Fw 190 glatt übersehen hatte. Er absolvierte insgesamt mindestens 20 Einsätze bei der 315. Staffel, doch blieb es bei der einen Feindberührung. Dennoch hatte Gabreski von seinen polnischen Kameraden viel gelernt, als er Ende Februar 1943 in die US-Luftstreitkräfte zurückkehrte. Dort teilte man ihn der 61st Fighter Squadron (FS) in der von Major Hubert Zemke geführten 56th Fighter Group (FG) zu, wo man ihn aufgrund seines Ranges zum Führer des B-Flights (vier Flugzeuge) machte. Die neuen Kameraden, die bereits in den USA zusammen geflogen waren und auf der neuen Republic P-47 hart trainiert hatten, standen dem Neuling zunächst teils ablehnend gegenüber. Die im Vergleich zu den bisherigen Jagdmaschinen geradezu monströs wirkende P-47 Thunderbolt betrachtete Gabreski anfangs skeptisch, doch sollte er schon bald die Vorteile des nicht sonderlich wendigen, aber schnellen US-Jägers kennenlernen, den seine Piloten auch "Jug" für Juggernaut (Moloch) oder Milchkanne nannten.

1943 steigt Francis Gabreski nach einem Einsatz aus seiner Spitfire Mk IX der polnischen RAF-Staffel.
Sammlung Ringlstetter / USAF

Warten auf den ersten Luftsieg

Im April 1943 meldete die 56th FG, die in erster Linie Begleitschutz für US-Bomber fliegen sollte, ihre Einsatzbereitschaft und startete von Horsham St Faith aus zu ersten Feindflügen. Am 15. Mai schoss Gabreski wieder auf eine Fw 190 und beschädigte den Gegner dieses Mal zumindest. Im Mai 1943 beförderte man Gabreski zum Major, und Zemke, dem Gabreskis aggressive Kampfweise als Führer des B-Flights und die Art, wie er seine Funktion als squadron operations officer ausfüllte, gefielen, gab ihm zum Argwohn altgedienter Kameraden im Juni 1943 das Kommando über die 61st FS. Als Gabreski beim Anwerfen des Propellers einer kleinen Piper L-4 beinahe einen Finger verlor, musste er für eine Weile am Boden bleiben, während Staffelkameraden zu seinem Verdruss Abschüsse meldeten. Am 24. August 1943 holte Major Gabreski in der Gegend von Dreux, Frankreich, endlich sein erstes Feindflugzeug vom Himmel: eine Fw 190. Sein Flügelmann beklagte sich anschließend darüber, dass ihn Gabreski nicht in den Angriff mit einbezogen hatte – es sollte nicht die letzte derartige Beschwerde bleiben. Abends dachte Gabreski an den deutschen Piloten, den er – da war er sich sicher – getötet hatte. Im Grunde wollte er niemanden umbringen, auch keinen Deutschen, doch es war Krieg. Den 190-Piloten kannte er nicht, er wusste nicht, wer er war, wie er aussah, wie er sprach. Gabreski bereute seine Tat nicht, schließlich hatte er sich jahrelang darauf vorbereitet, Gegner abzuschießen.

Captain Gabreski (rechts) mit Piloten der 61. FS im Frühjahr 1943 in Horsham, England
Sammlung Ringlstetter / USAF

Der Weg zum Ass

Kontinuierlich folgten weitere Siege über Piloten der Luftwaffe, die Gabreski später als sehr zähe und harte Gegner beschrieb. Bereits am 26. November 1943 erreichte Gabreski nach fünf Luftsiegen den Ace-Status** und verbuchte am 29. November seinen siebten Abschuss. In der 61st FS war Gabreski, von seinen Kameraden auch "Gabby" genannt, inzwischen angesehen. Im Laufe eines Begleitschutzeinsatzes für B-17- und B-24-Bomber nach Emden am 11. Dezember 1943 schoss Gabreski eine Messerschmitt Bf 110 ab und fand sich anschließend allein und mit bedenklich wenig Sprit an Bord am Himmel über dem Reichsgebiet wieder. Auf dem Rückflug griff ihn eine Bf 109 an, doch fehlte Gabreski der nötige Treibstoff, um den Kampf anzunehmen. Die Salven des deutschen Jägers prasselten in seine P-47, trafen ein Ruderpedal, Gabreskis Stiefel sowie den Motor. Der Lader war defekt. Eine Abwärtsspirale fliegend, versuchte er seinen Gegner zu täuschen und stellte sich tot. Doch der Deutsche blieb unbeirrt und ging erneut zum Angriff über, während Gabreski in niedrige Wolken flüchtete und mit viel Glück und dem letzten Tropfen Sprit nach England zurückkehrte. Gabreski, seit April 1944 Lieutenant Colonel, schickte kontinuierlich weitere Gegner in die Tiefe und erhöhte nach dem Abschuss von drei Fw 190 am 22. Mai auf 22 Luftsiege. In der 56th FG, die als "Zemke’s Wolfpack" Berühmtheit erlangte, gehörte Gabreski zu den erfolgreichsten Piloten. Während der alliierten Invasion am 6. Juni 1944 sowie den Tagen darauf unterstützte die 56th FG die Bodentruppen intensiv mit Tiefangriffen, wobei sich die robuste P-47 als ausgezeichneter Jagdbomber bewährte. Am 27. Juni schoss Gabreski seinen 27. Gegner vom Himmel und lag damit im Aces Race (Asserennen) des VII Fighter Command gleichauf mit Robert Johnson, der ebenfalls bei der 56th FG flog und am 6. Juni 1944 in die USA zurückkehrt war.

Francis S. „Gabby“ Gabreski in seiner P-47D-25 im Juli 1944
Sammlung Ringlstetter / USAF

Auf der Jagd nach dem 28. Abschuss

Am 5. Juli verfolgte Gabreski eine Bf 109, die er zunächst in den Wolken verlor, genau wie seinen Flügelmann. Wieder Höhe gewinnend, hörte er im Sprechfunk Kameraden, die auf Bf 109 gestoßen waren. Kurz darauf bekam "Gabby" wieder Sichtkontakt: eine 109, verfolgt von einer P-47. Doch bevor er nahe genug heran war, fiel die Messerschmitt unter den Garben des Kameraden. Danach machte er drei Bf 109 aus und hielt auf sie zu. Gabreski wollte nun endlich seinen 28. Abschuss! Doch er rauschte mit viel zu viel Fahrt an der Messerschmitt vorbei. Erneut sichtete Gabreski eine einzelne Bf 109, setzte sich hinter den Jäger und schoss. Doch zeigte die MG-Salve keine Wirkung und der deutsche Jagdflieger beging den fatalen Fehler und tauchte nach unten weg. Die überlegene Sturzgeschwindigkeit der "Jug" brachte Gabreski rasch an ihn heran, woraufhin der 109-Pilot hart nach rechts drehte. Gabreski ahnte das Manöver und zielte mit Vorhalt. Wieder in Sicht, zog die 109 eine starke Rauchfahne nach. Gabreski ging näher heran und schoss erneut, woraufhin der Flugzeugführer ausstieg und dicht über dem Boden am Fallschirm hing. Damit stand Francis Gabreski an der Spitze aller US-Jagdflieger in Europa. Hinzu kamen drei am Boden zerstörte Flugzeuge. Die gesamte 56th FG verbuchte inzwischen über 500 eliminierte Feindmaschinen.

Bei Bassenheim im Juli 1944: Luftwaffe-Soldaten inspizieren Gabreskis Thunderbolt
Sammlung Ringlstetter / USAF

Verhängnisvoller 20. Juli

Da er die maximale Einsatzzeit von 300 Stunden erfüllt hatte, stand für den hochdekorierten Gabreski nun Urlaub und der Empfang in der Heimat samt Heirat an. Am 20. Juli 1944, dem Tag seiner Abreise, bat Gabreski jedoch darum, noch einen letzten Einsatz fliegen zu dürfen, seinen 166., eine Begleitschutzmission nach Rüsselsheim bei perfekten Wetterbedingungen – ein Luftsieg sollte noch drin sein. Doch die erwarteten deutschen Jäger blieben zu Gabreskis Enttäuschung aus. Während des Rückfluges entdeckten die US-Jagdflieger ein deutsches Flugfeld bei Niedermendig und beschossen die abgestellten Maschinen im Tiefflug. Gabreski jagte – entgegen der Regel, nur einen Angriff zu fliegen – ein zweites Mal, aus allen Rohren auf eine He 111 feuernd, über den Platz, drückte die "Jug" etwas an, wobei die Luftschraube Bodenkontakt bekam. Notgedrungen setzt er die angeschlagene Thunderbolt auf ein nahe gelegenes Feld und kletterte unverletzt heraus. Schon rannten deutsche Soldaten auf ihn zu. Dass Gabreski dennoch in einen angrenzenden Wald entkommen konnte, verdankte er einem Staffelkameraden, der die Deutschen aus der Luft beschoss. Nach fünftägiger Flucht wurde Gabreski gefasst. Geheimdienstoffizier der Luftwaffe, Hanns Scharff, Meister des freundlichen Verhörs, begrüßte Gabreski mit den Worten: "Hallo, ‚Gabby‘, wir haben lange auf dich gewartet." Nach dem Verhör wurde Gabreski im Stalag Luft 1 interniert und Ende April 1945 von sowjetischen Truppen befreit.

Colonel Gabreski in einer F-86 in Korea
Sammlung Ringlstetter / USAF

In Korea zum Doppelass

Im Juni 1945 heirateten "Gabby" und "Kay". Seinen Lebensunterhalt verdiente Francis Gabreski erst als Testpilot, dann als Vertriebsmitarbeiter bei Douglas Aircraft, ehe er im April 1947 wieder die Uniform anzog und das Kommando über die mit North American P-51 ausgerüstete 55th FS übernahm. Als Colonel kommandierte Gabreski anschließend die 56th FG, die den Strahljäger F-80 Shooting Star flog. Nach Ausbruch des Koreakrieges meldete sich Gabreski freiwillig und wurde im Juni 1951 zur 4th Fighter Interceptor Wing (FIW, vormals FG) nach Korea versetzt, wo zum ersten Mal in der Luftkriegsgeschichte Düsenjäger aufeinandertrafen. Die US Air Force*** (USAF) schickte ihr bestes Jagdflugzeug, die North American F-86 Sabre, nach Korea. Dort sollte sie der sowjetischen Mikojan-Gurewitsch MiG-15 Paroli bieten, die den übrigen US-Jägern, wie auch dem britischen Jet Gloster Meteor, klar überlegen war. Am 8. Juli 1951 schoss Colonel Gabreski in einer F-86 seine erste MiG-15 ab, bevor er die ebenfalls mit F-86 ausgerüstete 51st FIW befehligte. Bis April 1952 erzielte Gabreski fünfeinhalb weitere Luftsiege und kehrte im Mai 1952 in die USA zurück. Damit ging der mittlerweile 33-Jährige aus zwei Kriegen als Ass hervor, wasnur sechs weiteren US-Jagdfliegern gelang. Francis Gabreski blieb bis 1967 in der USAF und arbeitete nach seinem Ausscheiden unter anderem für Grumman Aerospace. Nachdem seine Frau "Kay" bereits 1993 bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, starb Francis Stanley "Gabby" Gabreski am 31. Januar 2002, wenige Tage nach seinem 83. Geburtstag.

* Ab 1941 US Army Air Forces, USAAF, ** US-Jagdflieger erlangten nach fünf Luftsiegen automatisch den Ace-Status, *** Ab 1947 US Air Force