Auch vor der Sowjetunion machte der Trend zu Senkrechstartern in den späten 50er Jahren nicht halt. Alexander Jakowlew war besonders von der Idee fasziniert und ließ in seinem Konstruktionsbüro entsprechende Studien durchführen. Die dem späteren Harrier aus Großbritannien ähnliche Jak-V (für "Vertikal") mit ihren vier schwenkbaren Schubdüsen ließ sich aber mangels geeigneten Triebwerks nicht verwirklichen. Stattdessen setzen die Ingenieure auf die Verwendung eines bestehenden Antriebs mit drehbaren Abgasdüsen. Anfang 1961 nahm das Projekt schließlich Form an. Die Wahl fiel auf das R-27-300, von dem zwei Exemplare jeweils mit hydraulisch um 95 Grad schwenkbarer Düse zum Einsatz kamen. Sie waren nebeneinander im vorderen Teil platziert, so dass sich die Schubdüsen auf der Höhe des Massenschwerpunktes befanden.
Die nun als Jak-36 bezeichnete Maschine erhielt einen Rumpf mit abgeflachter Unterseite und Lufteinlauf im Bug sowie eine kleine, deltaförmige Tragfläche. Das Fahrwerk bestand aus hintereinander unter der Rumpfmitte angeordneten Rädern sowie seitliche Stützräder unter den Flügelenden. Die Herausforderung der Steuerung im Schwebeflug wollten die Konstrukteure mit Düsen an den Randbögen und im Heck lösen, die mit Zapfluft aus den beiden Turbojets über Rohrleitungen gespeist wurden. Zur Erhöhung der Längsstabilität musste allerdings noch eine Düse im vorderen Bereich her, die man kurzerhand in einem langen Rohr am Bug unterbrachte, was zur kuriosen Erscheinung des Jets beitrug.

Wie ihre Kollegen in Großbritannien und den USA mussten die Ingenieure erst das Problem mit dem Leistungsverlust durch angesaugte Abgase in den Griff bekommen.
Abheben zunächst unmöglich
Im Herbst 1962 war die erste von vier Maschinen (zwei fliegende Prototypen plus je eine Zelle für Bodenversuche und statische Tests) fertig, und die Erprobung in Shukowski konnte beginnen. Zunächst standen Schwebetests auf dem Programm, bei dem die Jak-36 an einem Seil befestigt blieb. Aber sie wollte einfach nicht abheben! Die Triebwerke saugte die eigenen, vom Boden reflektierten Abgase ein und verlor so massiv an Schub. Leitbleche unter dem Rumpf sorgten für Abhilfe, und am 9. Januar 1963 startete der Jet endlich, wenn auch nur 50 Zentimeter hoch. Die Schubsteuerung erwies sich als problematisch, und so dauerte es fast ein halbes Jahr bis zum ersten freien Schwebeflug, der allerdings auch unter der Ein-Meter-Marke blieb.
Erprobung nimmt Fahrt auf
Der erste konventionelle Flug erfolgte am 27. Juli 1964 mit dem zweiten Prototyp. Langsam machte das Programm Fortschritte, und am 24. März 1966 konnte man endlich einen kompletten Zyklus mit Senkrechtstart, Übergang in den Reiseflug und anschließender Senkrechtlandung demonstrieren. Trotz des Vorstoßes in bisher unbekannte Bereiche mussten die Piloten das eigens entwickelte, automatische Schleudersitzsystem nicht in Anspruch nehmen, selbst bei den Versuchen auf dem Hubschrauberträger "Moskwa" nicht. Ein Triebwerksausfall hätte nämlich dazu geführt, dass das Flugzeug sofort auf die Seite rollt; die Reaktionszeit des Piloten lag in diesem Fall unter zwei Sekunden.
Technische Daten
Typ: Senkrechtstart-Versuchsflugzeug
Erstflug: 27. Juli 1964
Produktion: vier Exemplare
Verbleib: Maschine für Bodenversuche im Museum in Monino (Nummer 36), zweiter Prototyp (38) nach harter Landung im Jahr 1971 abgeschrieben, Rest vermutlich verschrottet
Besatzung: 1
Antrieb: zwei Tumanski R-27-300 mit je 51,96 kN Schub
Länge: 16,75 m
Spannweite: 7,4 m
Höhe: 4,5 m
Leermasse: 5290 kg
Max. Startmasse: 8900 kg
Höchstgeschwindigkeit: 900 km/h
Reichweite: 370 km

Der Beitrag stammt aus dem Buch "Die skurrilsten Flugzeuge der Welt", erschienen im Motorbuch Verlag.
Das Buch zum Thema
Vom fliegenden Pfannkuchen bis zum Atomreaktor in der Luft: Die Geschichte der Luftfahrt ist voller Erfolge und Rekorde, aber für jede Bestleistung steht mindestens ein gescheitertes oder wenigstens skurriles Projekt. Manche Entwürfe waren ihrer Zeit weit voraus, andere hatten von vornherein kaum eine. Dieser mit faszinierenden Bildern bestückte Band beschreibt die ungewöhnlichsten Flugzeuge der Luftfahrtgeschichte samt Hintergründen, technischen Daten und dem Verbleib erhaltener Maschinen. Ein Buch zum Schmökern mit gleichzeitig hohem Nutzwert.
Der Band ist erhältlich im Shop des Motorbuch Verlags.