Die Tarnung von Kriegsgerät der deutschen Luftwaffe spielte nach der öffentlichen Bekanntgabe ihrer Existenz 1935 eine sehr wichtige Rolle. Kriegsflugzeuge durften quasi wieder ins Auge stechen und als solche in Erscheinung treten. Die Kampf-, Schlacht- und Sturzkampfflugzeuge unterschieden sich diesbezüglich ab 1940 auffällig von den Jägern und Zerstörern, genau wie Transporter und über See eingesetzte Maschinen.

Eine Junkers Ju 87 A der 4. Staffel des StG 165 (ab Mai 1939 StG 77) mit Vorkriegskennung und 3-Farbensichtschutz aus RLM 61/62/63 und Unterseiten in RLM 65.
Die erste Standardbemalung
Im März 1935 gab Reichsminister Hermann Göring das offizielle Bestehen der Luftwaffe als eigenständigen Teil der deutschen Wehrmacht öffentlich bekannt und übernahm deren Führung. Schon seit Jahren hatten militärische Einheiten im Geheimen operiert, sich nach außen hin aber als zivile Verbände ausgegeben. Entsprechend unmilitärisch fiel auch die Farbgebung dieser Flugzeuge aus: Ein schlichtes Grau ließ die Maschinen unauffällig wirken, ähnlich den Verkehrsflugzeugen der Deutschen Lufthansa. Die amtlichen Luftwaffe-Flugzeuge erhielten jedoch bald sogenannte Sichtschutzanstriche, bestimmt nach Vorgaben aus dem Reichsluftfahrtministerium (RLM). Die erste offizielle Standardbemalung setzte sich aus den RLM-Farben Dunkelbraun 61, Grün 62, Grau 63 und Hellblau 65 zusammen. Zu jedem Flugzeugtyp gab es Anstrichmuster, nach denen die Maschinen in den Fertigungsstätten einheitlich lackiert wurden. Dabei gab es wenigstens zwei unterschiedliche Sichtschutzmuster mit Variationen in der Farbbelegung der Farbsegmente. Auch unterschieden sich die Anstiche je nach Hersteller in Details der Ausführung.

Eine nagelneue Dornier Do 17 Z im Werksanstrich aus RLM 70/71/65.
Standardanstrich 70/71/65
Ein paar Einsatzmuster, darunter der neue Jäger Bf 109, erhielten bereits 1937 den neuen, ebenfalls segmentartig ausgeführten Tarnanstrich aus den Farben RLM 70 Schwarzgrün und 71 Dunkelgrün, der bei Kampfflugzeugen jedoch erst 1938 Einzug hielt. Die Unterseite blieb Hellblau RLM 65. Diese Werkslackierung, 2-Farbensichtschutz genannt, behielt man für die meisten Kampf-, Schlacht- und Sturzkampfflugzeuge sowie Transporter bis Kriegsende bei. Auch aus Kampfflugzeugen abgeleitete Aufklärer trugen diesen recht dunkel wirkenden Tarnanstrich, der dem Einsatz auf deutschen und mitteleuropäischen Flugfeldern besser gerecht wurde, in der Luft jedoch die Sichtbarkeit der Einsatzmuster erhöhte. Die als Schlachtflugzeug eingesetzten Focke-Wulf Fw 190 trugen allerdings die 1941 eingeführte Standard-Sichtschutzlackierung für Jagdflugzeuge und Zerstörer aus den Grautönen RLM 74/75 sowie Lichtblau 76. Ab Mitte bis Hebst 1944 nutzte man für die Fw 190, genau wie für den Aufklärer und Schnellbomber Arado Ar 234 sowie weitere Muster, die späten RLM-Farben 81/82, teils auch 83. Die Unterseiten blieben in RLM 76 gespritzt, von dem es unterschiedliche Varianten gab.
Über See eingesetzte Maschinen waren zunächst ebenfalls in Grau RLM 02 oder 63 lackiert, wobei die Schwimmer von Seeflugzeugen für den unter Wasser liegenden Bereich einen silberfarbenen Schutzanstrich trugen. 1938 wechselte man zur Segmentlackierung aus den Grüntönen RLM 72 und 73, die einen deutlich höheren Grauanteil aufwiesen als RLM 70 und 71. Die Unterseiten waren Hellblau 65. Rettungsflugzeuge flogen zunächst komplett weiß lackiert mit großen Rotkreuz-Zeichen. Nachdem sie während der Luftschlacht um England 1940 dennoch abgeschossen wurden, erhielten auch sie die übliche Seeflugzeug-Tarnung.

He 111 H des Löwen-Geschwaders KG 26 im Wüstentarnanstrich und Emblem der II. Gruppe in Nordafrika.
Veränderungen im Feld
Feldmäßig kam es bei den Einheiten sehr oft zu Nachbesserungen oder partiellen Übermalungen der werksseitig aufgetragenen Lackierung, wobei oftmals individuell vorgegangen wurde. Mit der Ausdehnung der Kampfräume ergab sich immer wieder die Notwendigkeit, Tarnanstriche der jeweiligen Einsatzumgebung anzupassen. Besonders in Nordafrika fanden sich die Einheiten in einem völlig veränderten Kampfraum wieder. So passte man die Maschinen mit dem neuen Sandgelb RLM 79 und Hellblau 78 an, teils womöglich auch mit italienischem Sandgelb. Das ebenfalls neue RLM 80 Olivgrün war bei entsprechendem Umfeld zudem zur Auflockerung gedacht. Auch hellte man dunkle Werkslackierungen mitunter durch Auftragen von Flecken oder etwa mäanderförmigen Linien auf. Helle Standardanstriche, besonders Unterseiten, dunkelte man dagegen bei Bedarf ab.
Eigens erwähnt sei hier die an manchen zur Schiffsbekämpfung eingesetzten Bombern zu findende dunkelblaue Oberseitenlackierung mit sandfarbener oder hellblauer mäanderförmiger Aufhellung und teils auch geschwärzten Unterseiten. Eine dieser Maschinen, die Junkers Ju 88 A-4, B3+MH, fiel nach dem Irrflug ihrer Besatzung im Oktober 1943 in schweizerische Hände. Deutschen Unterlagen nach handelte es sich bei der Oberseitenfarbe um RLM 83, womöglich eine frühe Variante des späteren Grüntons. Zudem gab es bereits Dunkelblau RLM 24 – Raum für Spekulationen. Für Angriffe bei Nacht nutzte das Bodenpersonal, oft abwaschbare Rußfarbe, während besonders an der Ostfront provisorische Winteranstriche die Flugzeuge an die verschneiten Einsatzgebiete anpassten. Um Maschinen insbesondere für die eigene Flugabwehr besser kenntlich zu machen, begann man schon während des Balkanfeldzuges 1941, Motorhauben und Seitenruder gelb zu bemalen. Im Mittelmeerraum stationierte Maschinen flogen dagegen auch mit weißen Zusatzmarkierungen. Generell trugen Einsatzmaschinen an der Ostfront gelbe Rumpfbänder und im Mittelmeerraum eingesetzte Flugzeuge weiße Rumpfbänder dicht vor dem Seitenleitwerk oder auch in Rumpfmitte.
Verbandsbezeichnung und Markierungen
Die Verbände in der Vorkriegszeit erhielten dreistellige Zahlenkombinationen, wie Kampfgeschwader (KG) 152, wobei die 152 für einen Kampfverband (5) im Luftkreis 3 (2) mit der Nummer 1 stand. 1939 gab man dieses Code-System auf und die Geschwader erhielten eine Zahl ohne Code. So wurde etwa aus dem KG 152 im Mai 1939 das KG 1. Der Beiname "Hindenburg" blieb bestehen. Im Rahmen der geheim operierenden Luftwaffe trugen auch die grau gehaltenen Militärflugzeuge zivile Kennungen sowie die Hakenkreuzflagge auf der linken und die Nationalflagge auf der rechten Leitwerksseite. Nach Aufhebung der Geheimhaltung im März 1935 erhielten die Maschinen von August 1935 an zusätzlich Hoheitskennzeichen in Form von Balkenkreuzen auf Flächen und Rumpf. Das Hakenkreuz war ab September 1935 beidseitig und ab Anfang 1939 ohne weiß-roten Grund aufzumalen. Außerdem ersetzten im Herbst 1935 Kennungen aus einer Zahlen- und Buchstaben-Kombination die zivilen Kennungen an Einsatzmustern. Die erste Zahl vor dem Balkenkreuz gab Auskunft über den Luftkreis, die zweite über die Geschwader-Nummer im Luftkreis, während die erste Zahl nach dem Kreuz die Gruppe und die zweite Zahl die Staffel innerhalb des Geschwaders anzeigte. Der Buchstabe nach dem Balkenkreuz diente wiederum zur Nummerierung der Flugzeuge innerhalb einer Staffel. Am 1. Mai 1939 änderte sich die Codierungsmethode erneut. Während Jäger bereits 1937 ein eigenes System aus Zahlen, Winkeln, Balken und Scheiben erhalten hatten, kennzeichnete man die Maschinen fast aller anderen fliegenden Verbände durch Buchstaben/Zahlen-Kombinationen. So wies beispielsweise die vor dem Balkenkreuz stehende Kennung U5 das KG 2 aus, 1H das KG 26 und T6 das Sturzkampfgeschwader 2 (StG 2). Der dem Balkenkreuz folgende, meist farbige Buchstabe gab dem Alphabet nach das jeweilige Flugzeug in der Staffel oder im Stab an, der letzte Buchstabe stand für die Staffel, den Gruppenstab oder Geschwaderstab. Demnach trug die Kombination A1+AK das erste Flugzeug (A) in der zweiten Staffel (K) des KG 53 (A1).
Üblicherweise bestand ein Geschwader aus drei Gruppen mit je drei Staffeln mit zunächst neun, später zwölf Flugzeugen. Hinzu kamen je vier Stabsmaschinen der Gruppenstäbe und des Geschwaderstabes. Möglich war auch eine vierte, manchmal sogar fünfte Gruppe. Schlachtfliegereinheiten verwendeten oft eine Mischung aus Jagd- und Kampfflieger-Kennung.

Do 215 mit vorschriftsmäßig aufgebrachten Stammkennzeichen auf Flächen und Rumpf sowie den 1940 üblichen Balkenkreuzen.
Hoheitszeichen
Im Laufe der Zeit änderte sich auch die Ausführung der Hoheitszeichen, die anfangs noch ohne äußere schwarze Linien auskamen. Nachdem die Balkenkreuze zunächst eher klein ausfielen, erschienen sie von Ende September 1939 an auf und unter den Flächen sogar extrem groß, wovon man jedoch rasch wieder abging, da die Kreuze viel zu auffällig waren. Ein Mittelmaß bestimmte die künftige Balkenkreuzgröße. Im weiteren Kriegsverlauf kam es zur Vereinfachung der Balken- und Hakenkreuze. Eine Ausnahme stellt hier die Ausführung der Balkenkreuze auf den Flächenunterseiten dar, wo man sowohl die äußeren schwarzen Streifen wie auch die inneren Balken sehr lange beibehielt. Bei der Legion Condor im Spanischen Bürgerkrieg eingesetzte Maschinen trugen allesamt nationalspanische Kennungen und Hoheitszeichen.
Am 23. September 1937 führte man abwaschbare, aus vier Buchstaben bestehende Überführungskennzeichen ein, die mit einem Herstellerkürzel begannen, so etwa HE für Heinkel. Diese dienten einzig zum Überstellen vom Werk oder einer Reparaturwerft zu einer Luftwaffeneinheit und waren dort rasch zu entfernen. Abgelöst wurden sie von Mitte Oktober 1939 an durch das Stammkennzeichen, mit dem jedes Flugzeug dauerhaft verbunden blieb. Mitte 1944 entfielen die Stammkennzeichen und man nutzte nur mehr Werknummern, die nun deutlich größer als vorher aufzumalen waren.





