"Als wir in Genf ankamen", erinnerte sich Nikita Chruschtschow, "sah es bei unserer Ankunft auf dem Flugplatz nicht gerade günstig für uns aus. Die Delegationen der Vereinigten Staaten, Englands und Frankreichs flogen in viermotorigen Flugzeugen. Und das sah beeindruckend aus. Wir flogen bescheiden, in einer zweimotorigen Il-14. Das hat, wenn ich so sagen darf, die Solidität unserer Delegation etwas geschmälert, denn unser Flugzeug zeugte nicht vom hohen Entwicklungsstand der sowjetischen Luftfahrttechnik. Die westlichen Staatsoberhäupter haben uns hier eindeutig überwältigt, insbesondere die USA: Eisenhower flog in einem prächtigen viermotorigen Flugzeug zur Konferenz ein."

Das zweite Exemplar der Tu-116: die SSSR-76463 bei staatlichen Tests im Forschungsinstitut der Luftstreitkräfte.
Entwurf des Designbüro A. N. Tupolew überzeugte
Nach der Rückkehr aus Genf wurde schnell mit dem Entwurf eines vorzeigbaren Flugzeugs begonnen. Im Konstruktionsbüro W. M. Mjassischtschew entwickelte man das Flugzeug M-4P auf der Grundlage des strategischen Bombers M-4 und im Konstruktionsbüro Tupolew entwarf man die Tu-116 für die Obersten des Sowjetstaates und die Tu-114 für die einfachen Bürger des Landes auf der Grundlage des strategischen Bombers Tu-95M. Das Ergebnis dieses inoffiziellen Wettbewerbs war eindeutig: Der Gewinner war das Designbüro A. N. Tupolew. Die Tu-95M unterschied sich aufgrund der Turboprop-Motoren durch eine deutlich höhere Effizienz und als Folge durch eine größere Reichweite vom Mitbewerber. Der Bedarf an einer solchen Maschine, vor allem angesichts der Weiten des Vaterlandes, war groß, und man entwickelte zunächst eine Passagierversion des Bombers für, wie man heute sagt, VIPs. Den Auftrag für diese Maschine, welche die Bezeichnung Tu-116 erhielt, bekam das OKB im August 1955. Das Flugzeug war für den Transport von bis zu 20 Passagieren über eine Entfernung von 7000 bis 8000 Kilometern bei einer Geschwindigkeit von 750 km/h ausgelegt. Im Großen und Ganzen entwickelte Tupolew die Tu-116 als Vorlage der ebenfalls geplanten Tu-114. Der vorläufige Entwurf wurde im April 1956 geprüft, im Oktober erfolgte die Genehmigung.

Während der staatlichen Erprobung wurde auf der Strecke Tschkalowski – Irkutsk – Tschkalowski ein erster Langstrecken-Nonstopflug absolviert.
Entwicklung der Präsidentenmaschine
Das erste Exemplar der Tu-116 entstand aus der Tu-95 mit der Seriennummer 6800402 und wurde in der Flugzeugfabrik Nummer 18 in Kuibyschew (heute Samara) umgebaut. Nach dem erfolgreichen Erstflug im April 1957 wurde es von Piloten des Werks zur Flugerprobungsbasis des Konstruktionsbüros geflogen. Am 4. Oktober desselben Jahres kehrte die Maschine ins Werk Nr. 18 zurück. Dort unterzog man sie diversen Nachbesserungen, um die während des Betriebs der Tu-95 festgestellten Mängel zu beseitigen. Im Dezember übersiedelte die Tu-116 nach Moskau, um die Werkstests abzuschließen und sie dem Wissenschafts- und Testinstitut der Luftwaffe zu übergeben. Viele Elemente der neuen Entwicklung wurden von der Tu-95M übernommen, einschließlich der Steuerungs- und Navigationsausrüstung. Sogar die oberen Kabinenteile wurden beibehalten. Das Cockpit, das Tragflächenmittelstück, die Motorräume und Fahrwerksgondeln, die abnehmbaren Teile der Tragflächen, das vertikale und horizontale Leitwerk, das Fahrwerk und die Leitwerkswurzel blieben unverändert.

Die Kusnezow NK-12MK-Propellerturbinen erzeugten eine Leistung von je 11.000 kW, was etwa 15.000 PS entspricht.
Platz für 18 "spezielle" Passagiere
Die beiden Tu-116 wurden zunächst mit NK-12-Motoren von Kusnezow und später mit NK-12MW-Motoren mit automatischer Propellerblattverstellung ausgestattet. Der hintere Teil des Rumpfes wurde geändert, indem die Ladeluke verschlossen und der hintere Treibstofftank ausgebaut wurde. Dadurch verringerte sich der maximale Kraftstoffvorrat in den sechs verbleibenden Tanks auf 82 320 Liter. Die normale Treibstoffkapazität lag im Betrieb bei 77 800 Litern. Einen Notablass für den Kraftstoff besaß die Tu-116 ebenfalls. Im hinteren Teil des Rumpfes befanden sich das bedruckte Passagierabteil (rund 70 Quadratmeter groß) mit runden Fenstern und einer Länge von 13,55 Metern, das Platz für 18 "spezielle" Passagiere boten. Der Boden der mit Teppich ausgelegten Passagierkabine war leicht herausnehmbar, darunter befand sich eine Rettungsausrüstung. Ebenso fanden sich Küche, Toiletten und Sitze für das Servicepersonal in diesem Bereich. Der Ein- und Ausstieg der Passagiere erfolgte durch eine Tür im Heck des Rumpfes über eine pneumatisch absenkbare Gangway. Zwei Notausstiegsluken im oberen Teil der Passagierkabine waren für das Verlassen des Flugzeugs bei einer Landung mit eingezogenem Fahrwerk oder auf dem Wasser vorgesehen. Im Falle einer Notsituation in der Luft konnten die Passagiere das Flugzeug mit Fallschirmen durch die Luke der Einstiegsrampe verlassen, die sich im Flug abwerfen ließ. Für den Fall einer Notlandung auf dem Wasser waren ein Rettungsboot und zwei Flöße an Bord vorhanden. Die Tragflächen, das Leitwerk, die Propeller, die Cockpit-Windschutzscheiben und das untere Cockpitfenster des Navigators waren mit einem Enteisungssystem ausgestattet. Die Lufteinlässe und Ölkühler der Motoren wurden ebenfalls durch warme Luft aus den Kompressoren der Triebwerke geschützt. Die Flugbesatzung bestand aus zwei Piloten, einem Navigator, dem Flugingenieur, einem Bordmechaniker sowie einem Funker. Im vorderen Cockpit waren außerdem ein Navigator/Lotse und im hinteren Cockpit ein Flugbegleiter und ein Koch vorgesehen, was auf die Planung von Langstreckenflügen ins Ausland hinweist. Die Tu-116 war mit der damals modernsten Funk-, Navigations- und Pilotenausrüstung ausgestattet.

Ein Blick nach hinten. Hinter der Tür befinden sich die Küche und Sitze für die Begleitpersonen. Sogar ein MIR-Radio wurde in der Kabine installiert.
Werkstests
Während der Werkstests, die vom 23. April bis zum 4. Oktober 1957 mit der ersten Maschine (SSSP-7801) über die Bühne gingen, absolvierte die Besatzung unter dem Kommando des Testpiloten Nikolai Charitonow einen Nonstopflug von Moskau zum Baikalsee und zurück über eine Distanz von 9600 Kilometern, mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 740 km/h. Im März 1958 wurde das als SSSP-76463 registrierte Flugzeug in die staatliche Erprobung geschickt, die am 25. Juli desselben Jahres abgeschlossen wurde. Geflogen wurde von Ingenieur Nikolai Schukovsky und Testpilot Viktor Kipelkin. Der erste Langstrecken-Nonstopflug während der staatlichen Erprobung erfolgte vom Moskauer Militärflughafen Tschkalowski aus auf der Strecke Tschkalowski – Irkutsk – Tschkalowski. "Um die siebte Stunde am Morgen", so Testpilot Nikolai Bobrikov, "hoben wir vom Flugplatz Tschkalowskaja ab und flogen mit Höhengewinn in Richtung Osten. Wir flogen nach Irkutsk und zurück in einer Höhe von 10 000 bis 12 500 Metern. Klares, wolkenloses Wetter auf dem größten Teil der Strecke begünstigte den Flug. Wir flogen die gesamten 8600 Kilometer mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 800 km/h. Nach der Landung war in den Tanks noch Treibstoff für weitere 1500 bis 2000 Kilometer Flugstrecke vorhanden."

Die Karte des Ultra-Langstrecken-Hochgeschwindigkeitsfluges der Tu-114D (Tu-116) vom 28. Juni bis 1. Juli 1958.
Mängel während der Flugtests
Die erflogenen Daten der Tu-116 waren nicht schlechter als die der Tu-95, aber in einigen wichtigen Punkten wichen die Leistungen doch ab. Wie aus der Schlussfolgerung der staatlichen Erprobung hervorgeht, "überstieg die Startstrecke des Flugzeugs die vom Generalkonstrukteur angegebene Länge um 250 Meter und betrug 1950 Meter." Infolgedessen erging für die Tu-116 die Empfehlung, Sonderflüge nur mit hochqualifizierter Testflugbesatzung vorzunehmen, die ein spezielles Training absolviert hatte, bei dem Maßnahmen im Falle von Triebwerksausfällen im Zentrum standen. Die staatlichen Tests der Tu-116 wurden abgeschlossen, aber die Arbeiten zur Beseitigung der festgestellten Mängel gingen weiter. Es genügt zu sagen, dass die statischen Tests der druckbelüfteten Kabine nicht durchgeführt wurden. Der Geräuschpegel im Cockpit lag bei 105 bis 107 db, in den Salons und Diensträumen bei 85 bis 96 db. Eigentlich sollte Lärmpegel am Arbeitsplatz des Navigators gemäß den taktischen und technischen Anforderungen der Luftwaffe 65 bis 70 db und im Cockpit der Piloten 100 db nicht überschreiten. Das Wiederanlassen der Triebwerke der Tu-116 sowie der Tu-95 im Flug war nur bis zu einer Höhe von 8000 Metern erlaubt.

Die Maße der Tu-116 waren eindrucksvoll: 54 Meter Spannweite, 46 Meter Länge und ein Leergewicht von 93 Tonnen.
Übergabe der ersten Flugzeuge
Die Tu-116 wurde an das Konstruktionsbüro zurückgeschickt, um die festgestellten Mängel zu beseitigen, und 1960 wurde die Maschine den Kontrolltests unterzogen, die am 7. März ihren Abschluss fanden. Danach wurde die Maschine von einem Spezialistenteam für Langstreckenflüge inspiziert und für den weiteren Betrieb zugelassen. Nach Abschluss der Werkstests übergab man die erste Maschine Nr. 7801 an das 409. Schwere Bomberflugzeugregiment, wo sie bis Anfang der 1990er-Jahre diente, und die zweite – Nr. 7802 – an das 1023. Schwere Bomberflugzeugregiment, das auf dem Flugplatz in Semipalatinsk (Flugplatz Chagan) stationiert war. Sie war bis 1989 in Betrieb und wurde dann verschrottet. Nur Flugzeug 7801 überlebte und steht heute im Zivilluftfahrtmuseum von Uljanowsk. Nach der Verfügbarkeit der NK-12MW-Triebwerke mit automatisch verstellbaren Propellern des Typs AV-60N, die bei der Tu-95M und der Tu-114 Verwendung fanden, erhielten auch die beiden Tu-116 eine entsprechende Modifikation. Dadurch verringerten sich die Anforderungen an die Piloten spürbar. 1958 schlug das Tupolew-Konstruktionsbüro angesichts des großen Volumens des hinteren Druckraums vor, die Tu-116 in ein Flugzeug mit Fernradar-Erkennung umzubauen. Aber diese Version der Maschine wurde nicht realisiert.

Das erste Exemplar der Tu-116 (SSSP-76462) in der Ausstellung des Uljanowsker Museums für Zivilluftfahrt.
Wofür steht das D?
Parallel zur Tu-116 begannen am 15. November 1957 die Flugtests eines anderen Langstrecken-Passagierflugzeugs – der Tu-114. Über dieses Ereignis informierte die Presse die ganze Welt, und die Tu-116 blieb fast ein Jahr im Dunkeln. Erst nach einer Reihe von staatlich orchestrierten Testflügen erfuhren die Steuerzahler von der Existenz der Tu-116, allerdings unter der Bezeichnung Tu-114D, die für die Presse kreiert wurde. Bis heute gibt es eine Debatte darüber, wofür der Buchstabe "D" steht. Eine Version besagt, dass sich dahinter ein Kürzel für "Diplomaten" verbirgt. Aber die Maschine hat nie Diplomaten befördert und war für sie zu teuer. Der Autor vermutet, dass der Buchstabe "D" immer noch für "Langstrecke" (Russisch Dalni) steht, denn die Tu-116 konnte ohne Landung über eine viel größere Entfernung fliegen als die Tu-114. Die eigentliche Tu-114D, die sich von der Tu-114 durch eine höhere Kraftstoffkapazität unterschied, erschien erst später, nämlich als die Flüge nach Kuba begannen. Am Ende sei erwähnt, dass die Tu-116 das erste und einzige Mal bei den Dreharbeiten zum Spielfilm "Das Licht eines fernen Sterns", der 1964 herauskam wurde, öffentlich bei Filmaufnahmen zu sehen war. Der Vergleich der Tu-116 mit ihrem Bomber-Ausgangsmodell Tu-95 zeigt, dass die Ausstattung des Passagierflugzeugs trotz der Demontage der Bewaffnung zu einer Gewichtszunahme von fast 2400 Kilogramm führte – aufgrund der aufwendigen Gestaltung der Kabine, des Einbaus eines Kühlschranks, eines Radios und anderer "Bar"-Attribute. Die maximale Treibstoffkapazität wurde um 18,5 Tonnen verringert, um das Startgewicht zu senken. Die Aerodynamik wurde verbessert, aber die Höchstgeschwindigkeit verringerte sich dennoch um 20 km/h.