Mit der Bf 109 "Friedrich" befand sich im Frühjahr 1942 ein formidables Jagdflugzeug an den Fronten, das insgesamt betrachtet allen gegnerischen Mustern überlegen war. Mit der neuen Fw 190 von Focke-Wulf verfügte die deutsche Jagdwaffe zudem über einen zweiten Standard-Jagdeinsitzer, der sich der 109 teils überlegen zeigte, in großen Höhen jedoch schwächelte. Bei Messerschmitt hatte man inzwischen kontinuierlich an dem schlanken Jäger gefeilt und die ersten Bf 109 "Gustav" Mitte 1942 ausgeliefert. Zwar unterschieden sich die Versionen G-1 und G-2 äußerlich nur wenig von der "Friedrich", doch war das Flugzeug komplett überarbeitet und wies zahlreiche Änderungen auf. So waren etwa die Tragflächen verstärkt und kamen ohne Grenzschichtabsaugung vor den Flüssigkeitskühlern in den Flächen aus, während Klappen und Ruder in Details verbessert funktionierten. Unter der Motorabdeckung ruhte der neue, im Vergleich zum bisher verbauten DB 601 hubraum- und leistungsstärkere DB 605 A von Daimler-Benz mit 1475 PS Startleistung. Ebenfalls notwendig war der deutlich größere Ölkühler, den bereits zahlreiche Bf 109 F-4/Trop aufwiesen, und die Luftschraube hatte breitere Blätter. Der Einfüllstutzen für den selbstdichtenden 400-Liter-Kraftstofftank befand sich auf dem Rumpfrücken, wo er schon bei der E-Reihe saß.

Sicheres Merkmal einer Gustav sind die beidseitig an der Motorhaube zu findenden Lufthutzen zur Zündkerzen- und Rückstoßdüsenbelüftung.
Mit Druckkabine
Erstmals stattete Messerschmitt mit der G-1 eine Bf 109 mit Druckkabine (Druckhalteanlage) für den Einsatz in großen Höhen aus. Der Kabinenrahmen war daher deutlich stärker sowie mit zusätzlichen Streben versehen und nicht mehr vernietet, sondern geschweißt. Die Verglasung war doppelt ausgeführt, wobei zwischen den Scheiben platzierte Trockenpatronen die Feuchtigkeitsbildung mit Sichtbehinderung verhinderten. Von den 167 produzierten Bf 109 G-1 waren 87 um etwa 180 Kilogramm leichtere Behelfshöhenjäger G-1/R2 (Rüststand 2), wobei unter anderem ein Teil der Panzerung entfiel. Zum Einsatz kamen die schnellen Maschinen mit einer Dienstgipfelhöhe von gut 13 000 Metern zur Bekämpfung hoch fliegender Aufklärer. Grundsätzlich war die Gustav werkseitig für den Einbau einer GM-1-Anlage vorbereitet, die durch Einspritzung von Distickstoffmonoxid (Lachgas) in Höhen ab rund 8000 Metern eine Mehrleistung von bis zu 400 PS und einen Fahrtgewinn von bis zu 100 km/h ermöglichte. Inwieweit Flugzeuge mit der aufwendigen und schweren GM-1-Anlage (Umrüstsatz 2) ausgerüstet waren, ist umstritten, vermutlich waren es aber nur wenige, da man die abgespeckte G-1/R2 wohl zunächst als das geeignetere Muster für die Höhenjagd ansah.

Bf 109 G-2/Trop mit verändertem Serientarnanstrich vom Stab der I. Gruppe des JG 77 über Tunesien 1942.
Hauptserie G-2
Zur G-1 brachte Messerschmitt das direkte Nachfolgemuster der Bf 109 F-4, die Bf 109 G-2 ohne Druckkabine, von der 1590 Stück gefertigt wurden. Die Bewaffnung der G-1 und G-2 blieb zur F-4 unverändert und bestand aus zwei mit der Luftschraube synchronisierten Maschinengewehren MG 17, Kaliber 7,92 Millimeter, sowie einem 20-mm-MG-151/20 der Firma Mauser als Motorwaffe, das durch die hohle Luftschraubenwelle schoss. Gegen Feindbeschuss war der Pilot von hinten und teils von unten durch Panzerplatten geschützt. In der G-1 bildete eine Panzerplatte mit zwei kleinen Dreieckfenstern im Mittelteil der Kabinenhaube als Kopf- und Schulterschutz den druckdichten Abschluss nach hinten, während die G-2 hier mit zwei etwas weiter vorn installierten, weniger breiten Platten ausgestattet war. Serienmäßig verfügte die "Gustav" außerdem über eine hinter dem Plexiglaswindschutz verbaute 58-mm-Panzerglasscheibe. Wie gehabt ließ sich ein abwerfbarer 300-l-Zusatzbehälter an einem Träger unter dem Rumpf mitführen, alternativ eine 250-kg-Bombe oder vier 50-kg-Bomben an verschiedenen ETC-Trägern. Lediglich zehn Exemplare fertigte man von der Bf 109 G-2/R1, die eine 500-kg-Bombe unter dem Rumpf und zwei 300-l-Zusatztanks unter den Flächen tragen konnte. Für genügend Bodenfreiheit beim Rollen sorgte ein erhöhter zweiter Sporn mit großem Rad dicht hinter der Bombe, der nach dem Start abgeworfen wurde und per Fallschirm zur Erde schwebte.

Warmlaufen des DB 605 einer Bf 109 G-2 der finnischen Luftstreitkräfte.
Erste Beulen
Von der Bf 109 G-3 mit Druckkabine und GM-1-Anlage (G-3/U2) entstanden ganze 50 Exemplare, von der Version Bf 109 G-4 ohne Druckkabine dagegen von September 1942 bis Ende März 1943 immerhin 1259 Stück. Ab Februar 1943 flossen in die G-4-Serie größere Räder (660 x 160 mm gegenüber 650 x 150 mm) ein, deren Unterbringung kleine Ausbuchtungen, quasi Beulen, in den Flügeloberseiten nötig machten. Auch das für Start und Landung verriegelbare Spornrad fiel mit 350 x 135 Millimetern größer aus und ließ sich aus Platzgründen nicht mehr einziehen. Da auch der Bau der G-2 noch in dieses Zeitfenster fiel, kamen die neuen Räder und Flügel auch in dieser Serie teilweise noch zum Einbau. In Reparaturbetrieben baute man ältere Flugzeuge oft auf neue Flächen und Räder um. Außerdem erhielten die Bf 109 G-3 und G-4 das neue Funkgerät FuG 16.

Im Messerschmitt-Werk Regensburg laufen die Motoren nagelneuer Bf 109 G-6 mit Rüstsatz 6 zur Probe.
Bf 109 G-6 – Fast 12 000 Mal gebaut
Im Februar 1943 begann die Produktion der Bf 109 G-6. Sie sollte mit 11 930 Exemplaren zur mit großem Abstand meistgebauten 109-Variante avancieren. Als Höhenjägerausgabe stellte ihr Messerschmitt etwas später die G-5 mit Druckkabine und serienmäßiger GM-1-Anlage zur Seite, wobei ein Teil der Höhenjäger diese erst nachträglich erhielt (G-5/U2). Auch G-6-Ausführungen rollten serienmäßig mit GM 1 ausgestattet aus der Halle. Auffälligster Unterschied der G-5/-6 zur G-3 und G-4 waren die ausladenden Verkleidungen am Vorderrumpf; ein notwendiges Übel, um die anstelle der MG 17 eingebauten 13-mm-MG-131 inklusive Munitionszuführung unterzubringen. Die Motorwaffe blieb unverändert. Um dem abermals gestiegenen Gewicht Herr zu werden, floss in die laufende Produktion bald schon ein verstärktes Fahrwerk ein. Die unschönen Ausbuchtungen auf Flächen und Rumpf brachten der Gustav bei der Truppe den Spitznamen "Beule" ein. Zwar gewann die Gustav mit den beiden MG 131 deutlich an Feuerkraft hinzu, doch reichte die Standardbewaffnung beileibe nicht aus, um die ab Ende Januar 1943 zunehmend auch Ziele auf Reichsgebiet angreifenden, viermotorigen US-Bomber der Typen Boeing B-17 und Consolidated B-24 effektiv zu bekämpfen. Zahlreiche Jäger rüstete Messerschmitt daher bereits ab Werk mit zwei MG 151/20 aus, die unter den Flächen angebracht waren und sich als Rüstsatz 6 auch bei den Frontverbänden installierten ließen. Neben den mit je 135 bis 145 Schuss aufmunitioniert zusammen 215 Kilogramm schweren Unterflügelwaffen stand von Mitte 1943 an der 296 Kilogramm schwere Rüstsatz BR 21 in Form von zwei Werfergranaten WGr. 21 als Option zur Verfügung. Dabei handelte es sich um Ausstoßrohre für ungelenkte, mit Zeitzünder versehene Raketen, die vor allem zum Aufsprengen eng beieinander fliegender Bomberformationen dienten, was besonders die erste Einsatzzeit über auch immer wieder gelang. Flugzeugführer mit derart bestückten Bf 109 mussten allerdings dem Kampf mit Begleitjägern aus dem Weg gehen. Wenn möglich flogen Kameraden in normalen Bf 109 Deckung für die trägen und deutlich langsameren Werfer-109. Nach dem Abfeuern der Raketen sprengte der Pilot die Rohre im Bedarfsfall ab – im Notfall natürlich auch geladen. Eine weitere Schusskraftverstärkung bot Messerschmitt noch im Jahr 1943 mit dem Einbau einer Maschinenkanone MK 108, Kaliber 30 Millimeter, von Rheinmetall-Borsig an, die das MG 151/20 im Motorraum ersetzte (Umrüstsatz 4, G-6/U4). An Munition für diese äußerst effektive Waffe standen 65 Schuss zur Verfügung.

Italienische Bf 109 G-6/Trop der Regia Aeronautica Mitte 1943 auf Sizilien.
Mit MW 50 350 mehr PS
Durch den Einbau einer MW-50-Anlage konnte der Flugzeugführer mittels Methanol-Wasser-Einspritzung in Höhen bis etwa 8500 Meter für maximal zehn Minuten bis zu 350 PS an Mehrleistung abrufen. Die Gesamtnutzdauer der Anlage betrug 26 Minuten. Aufklärer-Varianten der "Gustav" konnten verschiedene, im Rumpf montierte Kameraausrüstungen mitführen, darunter die speziellen Bf 109 G-4/R3 und G-6/R3 mit zwei 300-l-Zusatztanks unter den Flächen. Der serienmäßige Nahaufklärer G-8 (167 Stück) auf Basis der G-6 flog für das Heer und besaß neben der variablen Reihenbildgeräteausrüstung eine im linken Flügel installierte Kleinbildkamera Robot II für Aufnahmen kleinerer Geländeausschnitte. Für den Einsatz in tropischen Gefilden bestand die bereits im Werk verbaute Tropenausstattung (Trop) wie üblich hauptsächlich aus einem Sandfilter vor dem Ladereinlass sowie Signalausrüstung, Karabiner und Notverpflegung für den Flugzeugführer. Neu bei den tropentauglichen "Gustavs" waren Halterungen an der linken Bordwand zur Befestigung eines schattenspendenden Sonnenschirms.

Ein Kritikpunkt an der Gustav war die Kabinenhaube, da der breitere Rahmen mit zusätzlichen Streben die Sicht verschlechterte.
Skepsis bei der Truppe
Bei den Einsatzverbänden an der Front betrachtete man die Gustav mitunter skeptisch. Die neue Variante war zwar kaum schneller, aber aufgrund des Mehrgewichts schwieriger zu handhaben als die Friedrich und stellte besonders ab der G-6 fliegerisch einen Rückschritt dar. Die neue Kabinenhaube verschlechterte zudem die Sichtverhältnisse deutlich, während Focke-Wulf an seiner 190 zeigte, wie es gehen kann. Für großen Ärger sorgte der DB 605, da es im Betrieb unter anderem immer wieder zu festgehenden Kolben und Motorbränden kam. Bereits im Mai 1942 reduzierte man daher die Start- und Notleistung von 1475 PS bei 2800 U/min und 1,42 ata auf 1310 PS bei 2600 U/min und 1,3 ata. Hierfür blockierte man mechanisch die Gashebelstellung für die Start- und Notleistung. Es bedurfte umfangreicher Änderungen und Tests, ehe Daimler-Benz die volle Start- und Notleistung Mitte 1943 wieder freigab.

Auch unter harten Einsatzbedingungen bewährt: Bf 109 G-6 der 2. Staffel des JG 54 „Grünherz“ an der Ostfront.
Ebenbürtig?
Die Alliierten setzten 1942/43 vermehrt neue, leistungsstarke Jagdflugzeuge ein, worunter sich sehr starke Gegner befanden. Allen voran Supermarine Spitfire Mk.IX, die den deutschen Jagdfliegern in ihren Fw 190 A und Bf 109 G von Mitte 1942 an das Leben erschwerten, zumal die Mk.IX teilweise sogar die Oberhand hatte. Auch die sowjetischen Typen Lawotschkin La-5 (ab Mitte 1942) und die Ende 1942 erschienene Jakowlew Jak-9 befanden sich auf Augenhöhe – mit Stärken und Schwächen. Die US-Amerikaner boten mit der monströsen Republic P-47 Thunderbolt von Anfang 1943 an Paroli, während die rundum sehr leistungsstarke North American P-51B Mustang ab Anfang 1944 den deutschen Jagdfliegern arge Sorgen bereitete. Mit Gondelbewaffnung ausgestattete Gustav eigneten sich zwar gut gegen Bomber, doch kosteten die schweren MG deutlich an Steig- und Beschleunigungsvermögen sowie um bis zu 25 km/h Höchstgeschwindigkeit. Die weit vom Schwerpunkt der 109 entfernte Position unter den Flächen verschlechterte zudem spürbar die Manövrierfähigkeit des Jägers, von Piloten auch "Kanonenboot" genannt. So ließ sich der Flugzeugführer einer Bf 109 G mit Flügelwaffen möglichst nicht auf den Kampf gegen alliierte Jagdflieger ein. Noch mehr als sonst hieß es für die "Kanonenboot"-Piloten: aus Überhöhung mit hoher Fahrt angreifen, schießen, absetzen und neu orientieren. Noch verfügte die Jagdwaffe über zahlreiche erfahrene und fähige Jagdflieger, die es verstanden, das Potenzial der "Gustav" voll auszuschöpfen, darunter Experte (Ass) Dietrich Hrabak, der von November 1942 bis September 1944 das mit Bf 109 G ausgerüstete JG 52 an der Ostfront kommandierte. Unter den Piloten des JG 52 befanden sich zudem Größen und eingefleischte Bf-109-Piloten wie Günther Rall, Erich Hartmann und Gerhard Barkhorn. Seinerzeit prominentestes Opfer einer "Gustav" war Hans-Joachim Marseille, der am 30. September 1942 nach Motorschaden aus seiner Bf 109 G-2 ausstieg und dabei gegen das Leitwerk prallte. Bei Messerschmitt arbeitete man derweil eifrig an leistungsfähigeren "109", die in der Version "Kurfürst" 1944 ihre Krönung finden sollten.