Während des Zweiten Weltkriegs war Hawker Aircraft lange Zeit völlig mit der Weiterentwicklung seiner Propellerjäger Tempest und Fury beschäftigt. Deshalb befasste sich die Entwicklungsabteilung unter Sydney Camm erstaunlich spät mit den Möglichkeiten der neuen Turbinentriebwerke. Erst mit der absehbaren Verfügbarkeit des Rolls-Royce RB.41 Nene, das seinen Erstlauf im Oktober 1944 absolvierte, entstanden in Kingston-upon-Thames unter der Nummer P.1035 erste Projektstudien. Bei ihnen war das Triebwerk in der Rumpfmitte platziert, die Lufteinläufe lagen in den Flügelwurzeln, und kurze, geteilte Schubdüsen endeten seitlich des Rumpfes kurz hinter den Tragflächen.
Einen auf dieser Basis optimierten Entwurf schlug das Unternehmen im Februar 1945 unter der Bezeichnung P.1040 dem Ministry of Aircraft Production vor. Dort und bei der Royal Air Force war die Reaktion jedoch zurückhaltend, offenbar vor allem deshalb, weil es Zweifel an der Anordnung der Schubdüsen gab, die sich Hawker hatte patentieren lassen. Auch die projektierten Leistungen überzeugten nicht so recht, lagen sie doch kaum über denen der Gloster Meteor F.4. Zum Glück für Hawker zeigte sich die Royal Navy deutlich interessierter. Hawker überarbeitete seinen Entwurf und stattete ihn mit Fanghaken und hochklappbaren Tragflächen aus. Im Januar 1946 wurde das Konzept erneut vorgelegt. Die Marine schrieb nun die passende Spezifikation N.7/46 und stellte einen Auftrag für drei Prototypen und eine Testzelle in Aussicht. Offiziell wurde der Auftrag im Mai 1946 erteilt.
Der Bau des ersten Prototyps (Kennung VP401), für den Hawker mit eigenen Mitteln schon Vorarbeiten geleistet hatte, wurde in Kingston und Langley vorangetrieben. In Langley, das nahe des heutigen Flughafens Heathrow liegt, fanden auch die Endmontage und erste Rollversuche auf der Graspiste statt. Für den Erstflug brachte man die VP401 aber per Lastwagen zum Aeroplane and Armament Experimental Establishment in Boscombe Down. Dort hob Cheftestpilot Bill Humble am 2. September 1947 zum ersten Flug eines Hawker-Jets ab. Einige Tage später verlegte die Hawker P.1040 zum Royal Aircraft Establishment in Farnborough. Dort flog auch Captain Eric Brown von der Navy den aerodynamischen Versuchsträger. Er wies einige Mängel auf, wie beispielsweise eine sehr lange Startstrecke, Leitwerksvibrationen und bei höheren Geschwindigkeiten zu hohe Steuerkräfte. Auch im Rumpf traten Vibrationen auf, die mit dem Schub variierten. Als Ursache dafür machte man Strömungsablösungen aus, die durch die Form der Düsenabgrenzung zum Rumpf hin entstanden. Diese Abgrenzung wurde daraufhin runder gestaltet.
Ein Jahr nach der VP401 kam am 3. September 1948 die VP413 in die Luft. Sie entsprach der Spezifikation N.7/46 und wies einen Fanghaken, nach oben klappbare Flügel sowie eine Frontscheibe mit Panzerglas auf. Auch die Bewaffnung von vier 20-mm-MGs war installiert. Beide Flugzeuge waren ein paar Tage später auf der Luftfahrtschau in Farnborough zu sehen.
Nach vorbereitenden Versuchen in Farnborough flog die VP413 im April 1949 für Decklandungen, Starts und Handlingtests zum Flugzeugträger HMS „Illustrious“. Hier stellten sich Probleme mit dem Fanghaken heraus, der daraufhin deutlich verlängert wurde. Während die Erprobung nur recht langsam vorankam, schickte Hawker den P.1040-Prototyp im August zu den National Air Races in Birmingham. Dort gewann Trevor Wade den SBAC Challenge Cup mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 820 km/h. Beide Prototypen waren im September wieder in Farnborough auf der SBACShow vertreten.
Inzwischen ging der zweite Prototyp nach Spezifikation N.7/46 bei Hawker seiner Vollendung entgegen. Um dessen Startleistung zu verbessern, verlängerte man die Tragflächen um 76 Zentimeter. Außerdem wurde das Hydrauliksystem modifiziert, was ein schnelleres Einfahren des Fahrwerks erlaubte. Weitere Änderungen betrafen Vorrichtungen für zwei Zusatztanks mit je 410 Litern. Die Maschine mit der Kennung VP422 hob am 17. Oktober 1949 erstmals ab und ging schon im November für weitere Trägerversuche zur HMS „Illustrious“.
Am 22. November 1949 erhielt Hawker den lange ersehnten Auftrag für zunächst 35 Flugzeuge der Version Sea Hawk F.1. Sie war mit dem 22,22 Kilonewton starken Nene RN.4 ausgerüstet. Bis die erste Serienmaschine aus der Halle in Dunsfold rollte, vergingen allerdings fast zwei Jahre. Erst am 14. November 1951 startete die Sea Hawk WF143 zum Erstflug. Sie wurde sofort für weitere Tests verwendet, die unter anderem zur Einführung einer hydraulisch unterstützten Querrudersteuerung führten.
Mehr als fünf Jahre waren zwischen Auftrag und Serienlieferung vergangen – damals eine sehr lange Zeit, in der die Luftfahrtentwicklung zum Beispiel durch die Einführung gepfeilter Tragflächen große Sprünge machte. Auch Hawker hatte inzwischen mit der Hunter ein weit leistungsstärkeres Muster in die Luft gebracht. Dieses erhielt durch das von Premier Winston Churchill 1951 verfügte „Super Priority“-Programm ebenso wie die Sea Hawk nun höchste Dringlichkeit.
Sea-Hawk-Fertigung geht zu Armstrong Whitworth
Hawker entschied sich, seine Kapazitäten auf die Hunter zu konzentrieren, und gab die Sea Hawk an Armstrong Whitworth Aircraft ab, ein Unternehmen, das seit 1934 ebenfalls zur Hawker Siddeley Group gehörte. Nach der Fertigstellung der ersten 35 Flugzeuge in Dunsfold wurden daher die Vorrichtungen nach Baginton bei Coventry und Bitteswell in Leicester gebracht. Trotz einiger Zweifel innerhalb Teilen der Navy an der Leistungsfähigkeit eines Jets mit geraden Tragflächen gab das Verteidigungsministerium in London nun 60 Sea Hawk direkt bei Armstrong Whitworth in Auftrag. Erstflug in Bitteswell war am 18. Dezember 1952, und bis Ende 1953 waren alle Maschinen geliefert.
Während die ersten Serienflugzeuge von Hawker teilweise noch für Truppenversuche verwendet wurden, begann die Einführung bei den Einsatzstaffeln im März 1953 bei der in Brawdy stationierten 806 Squadron des Fleet Air Arm. Im August folgte die 898 Squadron, ebenfalls in Brawdy beheimatet, im Novmber dann die 804 Squadron im schottischen Lossiemouth.
Im Anschluss an die Sea Hawk F.1 wurden 40 Maschinen der Version F.2 gebaut. Sie unterschied sich vom ersten Serienmodell durch hydraulikunterstützte Querruder. Ihr Erstflug war am 24. Februar 1954 in Bitteswell, die Lieferungen gingen an die Navy-Staffeln 802 und 807 in Lossiemouth beziehungsweise Brawdy.
Schon kurz nach der F.2 flog am 13. März 1954 auch die Sea Hawk FB.3. Dieser Jagdbomber hatte verstärkte Tragflächen, so dass anstelle der Zusatztanks auch zwei 227 Kilogramm schwere Bomben oder Seeminen mitgeführt werden konnten. Die FB.3 war mit 116 Flugzeugen die meistgebaute Sea-Hawk-Variante. Sie wurde bei neun Staffeln des Fleet Air Arm benutzt, darunter den Staffeln No. 800, 801 und 806.
Mit einigen FB.3 wurden diverse Verbesserungen getestet, um vor allem die Zuladung zu erhöhen. Zu den erprobten Waffenkonfigurationen gehörten vier 227-kg-Bomben und 20 ungelenkte Raketen mit je 27 Kilogramm schweren Sprengköpfen. Auch der Flügel wurde verstärkt. Die Änderungen führten zur Version FGA.4 (Fighter Ground Attack), die am 26. August 1954 erstmals flog. 97 Serienflugzeuge, mit denen fünf Staffeln ausgerüstet wurden, folgten bereits ab Oktober.
Die höhere Zuladung war den sowieso schon mäßigen Flugleistungen natürlich nicht zuträglich, und so versuchte Armstrong Whitworth durch den Einbau eines stärkeren Triebwerks, des Nene 103 (23,1 kN), Abhilfe zu schaffen. Darüber hinaus sollten hydraulisch unterstützte Höhenruder und Wirbelerzeuger am Leitwerk das Handling bei hohen Geschwindigkeiten verbessern. Das Problem der extremen Widerstandszunahme ab Mach 0.84 blieb allerdings bestehen.
Im Ergebnis wurde 1955 entschieden, 50 der vorhandenen FB.3 auf das neue Triebwerk umzurüsten. Sie erhielten die Bezeichnung FB.5. Ähnliches galt für eine geringe Zahl von FGA.4, die dann als FGA.6 bezeichnet wurden. Darüber hinaus gab es noch einen Auftrag für 86 neu gebaute FGA.6. Die letzte Sea Hawk für die Royal Navy wurde schließlich am 10. Januar 1956 ausgeliefert.
Im selben Jahr erlebten die Sea Hawks ihren einzigen scharfen Einsatz in Diensten des Fleet Air Arm. Nach der Nationalisierung des Suezkanals durch den ägyptischen Premier Nasser und der Invasion Israels im Oktober 1956 intervenierten Frankreich und Großbritannien militärisch. Unter anderem waren die drei Flugzeugträger HMS „Eagle“, HMS „Albion“ und HMS „Bulwark“ mit je zwei Sea-Hawk-Staffeln vor Ort. Am 31. Oktober 1956 griffen die Sea Hawks kurz vor Sonnenaufgang den Flughafen Kairo-West an und zerstörten am Boden stehende Lancaster, Il-28 „Beagle“ und MiGs. In den folgenden Tagen flogen die Jets weitere Angriffe, bevor sie am 5. November die Kommandotruppen bei Luftlandeunternehmungen unterstützten. Noch am Abend kam es zu einem Waffenstillstand.
Beim Fleet Air Arm begann die Ablösung der Sea Hawks 1958 mit der Einführung der Supermarine Scimitar. Bis 1959 blieben die Flugzeuge noch bei einigen Einsatzstaffeln. Danach wurden sie noch bei einigen Station Flights verwendet. Ausländische Kunden hatten den Jet noch deutlich länger im Dienst. Dabei schlugen Exportbemühungen nach Kanada und Australien zunächst fehl. Erst nachdem die Produktion für die Royal Navy ausgelaufen war, kamen die ersten Bestellungen herein. Dabei ging es um die rasche Aufrüstung von NATO-Verbündeten.
Zunächst gaben die Niederlande im April 1956 22 Sea Hawks in Auftrag. Sie wurden durch US-Gelder in Höhe von 2,25 Millionen Pfund (6,43 Mio. Dollar) finanziert (so genanntes „Off-Shore Funding“). Die Flugzeuge für den Royal Netherlands Naval Air Service erhielten die Bezeichnung FGA.50 und unterschieden sich nur durch den Einbau eines UHF-Funkgeräts von den britischen FGA.6. Armstrong Whitworth lieferte die Flugzeuge zwischen Juli 1957 und Januar 1958 aus.
Sie waren bei den in Valkenburg stationierten Staffeln 3 und 860 im Einsatz und flogen vom Träger HNLMS „Karel Doorman“ (vormals HMS „Venerable“) aus. Ab 1958 erhielten sie Änderungen, die eine Verwendung der neuen Luft-Luft-Lenkwaffe Sidewinder 1A erlaubte. Die niederländischen Sea Hawks trugen die Kennungen 6-50 bis 6-71 (später 111 bis 131). Sie flogen bis 1964 und wurden dann bis auf zwei Exemplare verschrottet.
Erster Jet für die deutschen Marineflieger





Im Rahmen der Wiederaufstellung der deutschen Marineflieger kaufte die Bundesrepublik eine ganze Reihe von britischen Mustern wie die Gannet und den Hubschrauber Sycamore. Die Wahl des ersten Kampfjets fiel auf die Sea Hawk. Sie war schnell verfügbar und versprach einen einfachen Betrieb. Der Bundestag billigte am 6. Juli 1956 die Beschaffung von 68 Flugzeugen im Wert von 5,105 Millionen Pfund. Ein entsprechender Vertrag wurde im August unterschrieben. Bei den deutschen Sea Hawks handelte es sich um die Versionen Mk.100 und Mk.101. Sie erhielten UHF-Funkgeräte und ein vergrößertes Seitenleitwerk, um die Stabilität zu verbessern. Die für den Schlechtwettereinsatz bestimmten Mk 101 trugen nämlich an der rechten inneren Laststation einen relativ großen Behälter für das Radar Ekco 38B. Dieses wurde von Juni 1956 bis Juli 1957 an einer FGA.6 getestet.
Um die neuen Flugzeuge einsetzen zu können, musste zunächst das Personal ausgebildet werden. Die zukünftigen Piloten schickte man erst einmal in die USA, wo sie auf verschiedenen Basen der US Navy die T-34 und die T-28 flogen, bevor sie auf der Lockheed TV-2 Sea Star und der Grumman F9F- 2 Panther Jeterfahrung sammelten.
Ab Februar 1958 stand die Umschulung auf das Einsatzmuster an. Die Sea-Hawk-Piloten flogen in England zunächst 40 Stunden auf der Vampire T.22 und erhielten dann bei der 736 Squadron (Advanced Jet Flying School) im schottischen Lossiemouth die Einweisung auf die Sea Hawk. Dorthin hatte Armstrong Whitworth am 13. Februar 1958 die erste Sea Hawk Mk.100 ausgeliefert. Sie war am 26. November 1957 zum Erstflug gestartet.
Bei einer Feier in Lossiemouth am 19. Mai 1958 wurde die von Korvettenkapitän P. Jung geführte erste Sea-Hawk-Staffel vom Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Friedrich Ruge, offiziell in Dienst gestellt. Einen Tag später war die erste Gannet-Staffel in Eglington an der Reihe. Wegen der noch nicht abgeschlossenen Bauarbeiten in Jagel folgte die Verlegung nach Deutschland erst ab dem 20. Juni. Die Übergabe des neuen Marinefliegerhorstes fand am 1. August statt.
Am 1. September begann die Aufstellung der zweiten Sea-Hawk-Staffel in Jagel. Sie konzentrierte sich zunächst auf die Ausbildung. Kurze Zeit später nahm der neue Jet aber schon am NATO-Manöver „Tigre Bleu“ teil. Durch Umgliederungen wurden die ursprünglich gemischten Marinefliegergruppen im Juli 1959 in die Marinefliegergeschwader 1 und 2 umgewandelt. Kurz zuvor, am 21. April 1959, war die letzte deutsche Sea Hawk ausgeliefert worden. Deren Betreuung wurde durch Focke-Wulff in Bremen sichergestellt. Bei einem Großflugtag am 27. August 1961 stellten sich die Marineflieger erstmals der Öffentlichkeit vor. Das MFG 1 präsentierte dabei auch zum einzigen Mal sein Kunstflugteam „Fliegende Fische“ mit sechs Sea Hawks.
Die immer als Anfangsausstattung betrachtete Sea Hawk flog beim MFG 1 und beim MFG 2 bis zur Ablösung durch den Starfighter. Beim MFG 1 wurde nach etwa 17 400 Flugstunden die letzte Maschine am 30. Juni 1965 abgegeben, während die letzte Sea Hawk des MFG 2 Ende 1966 das Geschwader verließ. Die Geschichte so mancher Maschine war damit aber noch nicht zu Ende. Über die Treuhandgesellschaft VEBEG wurden nämlich rund 20 Flugzeuge an die indische Marine verkauft. Der über einen Mittelsmann laufende Deal führte später zu einem handfesten Skandal, denn die Sea Hawks flogen im Indisch-Pakistanischen Krieg von 1965 bis auch gegen Republic F-84F, die von der Bundesrepublik an Pakistan verkauft worden waren. Meist wurden die Sea Hawks jedoch für Angriffe auf Kanonenboote und Frachtschiffe vor Ostpakistan (heute Bangladesch) verwendet.
Indien hatte bereits Ende 1959 neun gebrauchte Sea Hawks in Großbritannien bestellt, die Armstrong Whitworth auf den FGA.6-Standard brachte und im Januar 1960 an die No. 300 Squadron („White Tiger“) auslieferte. Sie waren für den Einsatz auf dem Flugzeugträger INS „Vikrant“ vorgesehen. 1961 wurden für Indien sogar noch einmal 14 Sea Hawks neu gebaut. Dazu kamen die erwähnten Maschinen aus Deutschland. Bei der No. 551 Squadron und den „White Tigers“ flogen die Sea Hawks noch bis 1983, ehe sie von Sea Harriern abgelöst wurden.
Technische Daten

Hawker Sea Hawk Mk.101
Hersteller: Armstrong Whitworth
Besatzung: 1
Antrieb: 1 x Rolls-Royce Nene 103
Schub: 1 x 23,1 kN
Länge: 12,09 m
Höhe: 2,98 m
Spannweite: 11,89 m (4,04 m gefaltet)
Flügelfläche: 25,83 m2
Leermasse: 4210 kg
Kraftstoff intern: 1770 l
Zusatztanks: 4 x 410 l
max. Startmasse: 7325 kg
Höchstgeschwindigkeit: 964 km/h / Mach 0.83
Steigrate: 28,95 m/s
Dienstgipfelhöhe: 13565 m
Reichweite: 770 km
typischer Aktionsradius: 463 km
Bewaffnung: 4 x Kanonen Hispano Mk 5 (20 mm); bis zu 4 x 227-kg-Bomben oder bis zu 20 x 12,7-cm-Raketen oder 2 x Sidewinder
Klassiker der Luftfahrt Ausgabe 06/2013