Erfolgs-Flugboot vom Spitfire-Schaffer - Supermarine Southampton

Supermarine Southampton
Britisches Erfolgs-Flugboot der 1920er-Jahre

Inhalt von
Veröffentlicht am 03.05.2025

Mitte der zwanziger Jahre benötigte die Royal Air Force einen Ersatz für ihre Felixstowe-F3-Flugboote aus dem Ersten Weltkrieg. Supermarine hatte mit der Swan ein ziviles Flugboot konstruiert, das am 25. März 1924 mit Captain Henri C. Biard erstmals flog und dann auch vom Marine Aircraft Experimental Establishment (MAEE) erprobt wurde. Aufgrund der positiven Erfahrungen mit diesem Muster erstellte das Air Ministry in London die Spezifikation R18/24 und gab bei Supermarine vom Reißbrett weg gleich sechs der nach diesen Vorgaben sehr zügig entworfenen Southampton in Auftrag. Die Ingenieure unter der Leitung von Reginald J. Mitchell (Chefingenieur seit 1920) machten sich im August 1924 ans Werk und verwendeten für die Southampton einige für die damalige Zeit sehr moderne Konstruktionsmethoden.

Formationsflug von zwei Supermarine Southampton Flugbooten der Royal Air Force
Archiv Jarrett

Moderne Konstruktion

So war das ganze Flugzeug zum Beispiel in modulare Sektionen aufgeteilt, die ohne spezielles Werkzeug demontiert und im Einsatz vor Ort repariert werden konnten. Für den Rumpf wurde eine doppelschalige, diagonale Beplankung verwendet, innen aus Zedernholz und außen aus Mahagoni, getrennt durch imprägniertes Gewebe. Die Schwimmerstruktur war in zehn wasserdichte Bereiche unterteilt. Die Pilotensitze baute man auf einem separaten Bodenmodul auf, das auch die Halterungen für das Steuersystem enthielt. Im Bug befand sich ein Platz für einen Schützen mit einem beweglichen MG, und im Rumpf war ein Tisch für den Navigator und noch weiter hinten der Funkraum. Hinter dem Flügel befanden sich die beiden hinteren MG-Positionen, die ebenfalls mit sogenannten Scarff-Ringen ausgestattet waren. Ausrüstung und Schränke konnten je nach Bedarf hinzugefügt werden. Auch Kojen, ein mit Brennspiritus betriebener Kocher und ein klappbarer Tresen sowie eine "Sanitäranlage" ganz hinten in Form einer Metallwanne, die nach außen eine Öffnung hatte, waren vorhanden. Die Tragflächen montierte man oberhalb des Rumpfes, so dass sie völlig separat gebaut werden konnten. Der untere Mittelteil des Flügels war (ebenso wie die Vorderkanten) mit Sperrholz beplankt, um ihn als Arbeitsbereich für die Wartung der beiden auf eigenen Streben montierten Napier-Lion-Motoren nutzen zu können. Die Kraftstofftanks befanden sich unter der oberen Tragfläche, so dass keine Pumpen benötigt wurden. Langstreckentanks konnten zudem unter den unteren Tragflächen angebracht werden. Der Anstellwinkel des kompletten Höhenleitwerks ließ sich verstellen, um die Southampton auszutrimmen, und für die Seitensteuerung wurden drei Flächen mit Rudern benutzt. Eine Innovation war auch ein mehrteiliges Fahrgestell für die Bewegung an Land, das aus zwei seitlichen Radsätzen und einem Heckrad bestand und wesentlich einfacher zu handhaben war als die bisherigen Konstruktionen.

Ein Supermarine Southampton-Flugboot wird auf dem Fluss Itchen in Woolston gewassert
BAE Systems

Erstflug 1925

Prototypen gab es keine. Die erste Maschine (Militärnummer N9896) flog bereits am 10. März 1925, wieder mit Biard am Steuer. Dabei wurde einer der Stützschwimmer beschädigt, was zu einer Umkonstruktion führte. Dennoch wurde die Southampton nach sechs Flugstunden bereits am 15. März zum MAEE in Felixstowe überführt. Dort befand man die Flugeigenschaften als ausgezeichnet. Mit nur einem Motor war es sogar möglich, die Höhe zu halten. Allerdings klagten der zweite Pilot und der Navigator angesichts der Nähe zu den lärmenden Propellern über Kopfschmerzen. Auch stellte man fest, dass die Holzstruktur recht schnell vom Meerwasser durchtränkt wurde und die Leermasse damit um etwa 140 Kilogramm anstieg. Bis November 1925 hatte die Southampton beim MAEE rund 200 Stunden geflogen.

Supermarine Southampton Flugboot S112 bei einem Wasserstart
Archiv Jarrett

Ruhmreiche Flüge

Die Einführung bei der RAF begann derweil bereits im August 1925, und zwar beim No. 480 (Costal Reconnaissance) Flight in Calshot (südlich von Southampton). Dieser nutzte das Flugboot schon im September für einen 20-tägigen Rundflug um die britischen Inseln. Das Luftfahrtministerium gab am 8. Oktober 1925 sogar ein Sonderkommuniqué heraus, in dem es hieß die Southampton sei "unter Wetterbedingungen, die durchweg als ausgesprochen schlecht angesehen werden müssen, in der Lage (…) Beobachtungsmissionen durchzuführen". Ein einmal aufgestelltes Programm könne "praktisch unabhängig vom Wetter eingehalten werden". Zudem wurde "die Betankung auf See bei allen Gelegenheiten problemlos durchgeführt". Insgesamt habe "sich gezeigt, dass sie erfolgreich und unabhängig von ihren Landbasen operieren können". Neben ihren normalen Aufklärungsaufgaben wurden die Southamptons der RAF auch für eine Reihe von Langstreckenflügen verwendet, um für Großbritannien Flagge zu zeigen. Der erste dieser Flüge führte im Juli 1926 über 11 200 km nach Aboukir in Ägypten. Der vielleicht bemerkenswerteste Flug war aber eine 43 500 km lange Expedition, die in den Jahren 1927 und 1928 von vier Southamptons des Far East Flight durchgeführt wurde. Die Route führte von Felixstowe aus über das Mittelmeer nach Indien und Singapur und schließlich nach Australien. Die Flugzeuge wiesen verschiedene technische Änderungen auf, darunter vergrößerte Kraftstofftanks aus verzinntem Stahl, einen größeren Öltank, eine größere Kühlerfläche und die Entfernung aller Waffen. Die Flüge brachten beträchtlichen Ruhm in der Öffentlichkeit, und auch Supermarine profitierte von diesem Imagegewinn. Auch gab es einen praktischen Nutzen: Aufgrund der Rückmeldungen wurden neue Korrosionsschutztechniken entwickelt.

Supermarine Southampton Flugboot N218 der RAF auf dem Wasser
Archiv Jarrett

Metallrumpf

Die ersten achtzehn ausgelieferten Southampton waren Mk.I mit Holzrümpfen. Ein Forschungsprogramm überzeugte die Royal Air Force jedoch von der Überlegenheit von Metall, daher wurden die letzten achtundvierzig Maschinen als Mk.II mit Metallrumpf gebaut. Im Rahmen eines 1929 begonnenen Programms wurden alle noch vorhandenen Mk.I mit Metallrümpfen nachgerüstet. Dies führte zu einer direkten Gewichtseinsparung von 245 kg und hatte den zusätzlichen Vorteil, dass es keinen Gewichtszuwachs durch Wasser im Holz gab. Mit der Gewichtseinsparung und der daraus resultierenden Möglichkeit, zusätzlichen Kraftstoff mitzuführen, stieg die maximale Reichweite von 950 auf 1450 km. Es wurden auch Metallflügel entwickelt, die eine weitere Gewichtsersparnis von 90 kg brachten. Dieses Flugzeug wurde als Mk.III bezeichnet. Bei der RAF flog die Southampton bei den Staffeln 203, 209 und 210 sowie bei der 204, die in Basrah im Irak stationiert war, und bei der 205/Far East Flight in Seletar (Singapur). Das Flugboot blieb bis Dezember 1936 im Dienst.

Türkische Supermarine Southampton N3  auf dem Wasser.
Archiv Jarrett

Weltweiter Exportschlager

Für die Produktion der Southampton musste Supermarine eine weitere Fabrik bauen, die gegenüber von Woolston auf der anderen Seite der Bucht von Southampton errichtet wurde. Neben den für die damalige Zeit hohen Stückzahlen für die RAF gab es nämlich auch noch ausländische Interessenten. So kaufte Argentinien acht Maschinen. Sie wurden von zwei Lorraine-12E-Motoren mit je 450 PS angetrieben, die man im Land in Lizenz baute. Fünf der Southamptons hatten noch Holzrümpfe, doch drei wurden auch mit Metallrümpfen geliefert. Stationierungsort war die Estacion Aeronaval Puerto Belgrano bei Punta Alta. Die Türkei kaufte 1933 sechs Southamptons, angetrieben von 12-Zylinder-Motoren Hispano-Suiza mit je 500 PS Leistung. Sie ersetzten zwei Rohrbach Ro III und blieben bis 1943 im Dienst. Zwei ehemalige Southampton der RAF wurden 1927 per Schiff nach Australien gebracht, wo sie als A11-1 und A11-2 bei der Royal Australian Air Force als deren bis dahin größte Flugzeuge genutzt wurden. Die A11-2 wurde 1928 unter anderem für eine Tournee durch die Großstädte der ostaustralischen Bundesstaaten verwendet, was der RAAF sehr positive Publicity einbrachte. Folglich wurden ähnliche Rekrutierungstouren in den Jahren 1929 – 33 regelmäßig durchgeführt. Die einzelne Southampton Mk.II, die 1928 nach Japan verkauft wurde, baute das Japan Air Transport Research Institute später zu einer zivilen Konfiguration für 18 Passagiere mit rechteckigen Fenstern um (J-BAID). Sie wurde von der Fluggesellschaft NKYK (Nippon Kokuyuso Kenkyujo) betrieben und war mit dem Logo der Kirin-Brauerei versehen. Eine Southampton (S1648) erhielt als Mk.IV den 525 PS starken Kestrel-III-Motor von Rolls-Royce und wurde damit zum Prototyp der Scapa. Supermarine baute bis 1934 insgesamt 83 Southamptons. Von diesen ist heute nur noch ein Rumpf vorhanden. Nach einer aufwendigen Restaurierung (er war als Hausboot genutzt worden) ist er seit 1996 im RAF Museum in Hendon (London) zu sehen.

RAF Supermarine Southampton S1043 nahe Alexandria
Archiv Jarrett

Technische Daten

Supermarine Southampton Mk.I

Hersteller: Supermarine Aircraft, Southampton

Besatzung: 4

Antrieb: 2 x Napier Lion V

Leistung: 2 x 470 PS

Länge: 15,15 m

Höhe: 6,22 m

Spannweite: 22,86 m

Flügelfläche: 134,5 m²

Leermasse: 4100 kg

Startmasse: 6500 kg

Überlast-Startmasse: 8165 kg

Höchstgeschwindigkeit: 173 km/h in Meereshöhe

Marschgeschwindigkeit: 135 km/h

Dienstgipfelhöhe: 3350 m

Reichweite: 1095 km

Flugdauer: 6,3 h

Bewaffnung: 3 x 7,7-mm-MGs, ca. 850 kg an Bomben oder zwei Torpedos unter den Tragflächen