Sopwith F.1 Camel
Der Doppeldecker Sopwith Camel war mit 1294 bestätigten Abschüssen der erfolgreichste Jäger der Alliierten im Ersten Weltkrieg. Die Camel verdankt ihren Namen einer charakteristischen Ausbeulung auf ihrer Motorhaube. Dieser „Höcker“ sollte ein Einfrieren der MG-Schlösser der beiden Maschinengewehre und damit Ladehemmungen in kalter Höhenluft verhindern.
Die Camel entstand als Weiterentwicklung der Sopwith Pup. Am 22. Dezember 1916 stellte die Sopwith Aircraft Company den zunächst als F.1 bezeichneten Entwurf vor. Er war schwerer, stärker motorisiert und schneller als die Pup. Der Umlaufmotor der Camel erzeugte erhebliche Kreiselkräfte, die zu giftigen Flugeigenschaften führten. Dazu dürfte auch die sehr buglastige Massenverteilung beigetragen haben. Mit Flügeln, Motor, Tank, Waffen und Pilot befanden sich fast 90 Prozent der Masse innerhalb der vorderen zweieinhalb Meter Rumpflänge. Nach Strömungsabrissen ließ sich ein einmal begonnenes Trudeln nur noch sehr schwer ausleiten. Dennoch galt die Camel als sehr wendig und als fast ideales Luftkampfflugzeug, dem nur die noch wendigeren Fokker-Dreidecker gefährlich werden konnten.
Strukturell war die Camel ein konventionelles Flugzeug. Ihr Rumpf bestand aus einem drahtverspannten Kastenrahmen aus Holz. Der Bug war mit Aluminium beplankt, während der Rumpf seitlich des Cockpits eine Sperrholzbeplankung und das Heck eine Stoffbespannung erhielten. Eine Besonderheit der Camel war die nicht parallele Flügelstellung des stoffbespannten Tragwerks: Der obere Flügel wurde, aus Gründen der einfacheren Herstellung, durchgehend ausgeführt. Der untere Flügel wies dagegen eine deutliche V-Stellung auf. Der Camel-Prototyp verwandte einen Clerget-Motor mit 110 PS

Später wurde ein auf 130 PS verbesserter Serienantrieb der gleichen Reihe genutzt. Die Motorbedienung über einen Benzinhahn und eine separate Gemischverstellung galt als kompliziert und übungsbedürftig. Ein Teil der frühen Serie erhielt anfangs auch ein Le-Rhône-Triebwerk mit 110 PS. Der Pilot saß relativ beengt zwischen den Flügelverstrebungen. Um die schlechte Sicht nach oben zu verbessern, gab es eine Aussparung und eine zusätzliche Öffnung in der oberen Tragfläche, die oft noch individuell erweitert wurde. Wegen der fehlenden Trimmung musste der Pilot während des Fluges relativ hohe ständige Ruderkräfte ertragen.
Die Stärke der Camel lag in ihren synchronisierten Vickers-Maschinengewehren, die erstmals bei einem britischen Jäger eingebaut wurden, und in deren Feuerkraft. Dank Munitionsgurten musste bei den Vickers-MG nicht alle 97 Schuss die Trommel gewechselt werden, wie es bei der S.E. 5 und deren Lewis- MG nötig war.
Nach mehreren Großaufträgen wurden die ersten 135 Camel, alle mit 130-PS-Triebwerken, bis Ende Juni 1917 an Royal Flying Corps und Royal Navy Air Service ausgeliefert. Ihre Feuertaufe erlebte die Camel über Dünkirchen, wo am 4. Juli 1917 fünf Camel 16 von einem Bombenabwurf über Harwich zurückkehrende Gotha attackierten. In der Schlacht von Ypern, Belgien, übernahm der Doppeldecker vorgeschobene Patrouillenflüge, Tiefflugangriffe und sogar Bombenabwürfe. Ab September suchte die Camel sogar nachts nach deutschen Bombern.
Bordflugzeug von Schiffen und Luftschiffen

Im Februar 1919 wurde eine Camel mit einem 180 PS starken Le-Rhône-Triebwerk erprobt. Es erwies sich jedoch dem Serienantrieb als unterlegen. Außerdem absolvierten Testflugzeuge mit vergrößertem Ruder Trudelversuche und die ersten Versuche als Sturzkampfbomber.
Schon im März 1917 war die Camel 2F.1 vorgestellt worden. Diese Version mit verringerter Spannweite war für den Einsatz von Schiffen aus optimiert worden und konnte an einer vorbereiteten Rumpfnaht hinter dem Cockpit platzsparend in zwei Teile zerlegt werden. Das Fahrwerk erhielt nun Stahlrohrstreben, während die Original-Camel Sperrholzstreben verwandte.
Die Einsätze erfolgten vom Deck umgebauter Kreuzer, von den ersten Flugdeckschiffen und von geschleppten Leichtern aus, deren Decks zu Startflächen umgebaut worden waren. Einige Camel, die auf größeren Schiffen auch wieder landen konnten, erhielten Schutzbügel am Fahrwerk, die einen Propellerschlag und den darauf folgenden Kopfstand bei der Landung verhindern sollten.

Zu den Aufgaben der maritimen Camel gehörte die Bekämpfung deutscher Luftschiffe, insbesondere wenn diese deutschen Flottenverbänden als Aufklärer dienten. Dazu war auf dem oberen Flügel der Camel 2F.1 ein schräg nach oben feuerndes, schwenkbares Vickers-MG mit Trommelmagazin installiert. Am 10. August 1918 schoss eine Camel das deutsche Luftschiff L.58 nahe Helgoland ab, obwohl es in 5800 Metern Höhe fuhr.
Zwei Camel 2F.1 mit den Bordnummern 6814 und 6622 wurden seit Sommer 1918 auch als Bordfl ugzeuge britischer Luftschiffe erprobt. Dafür wurden sie unter dem britischen Luftschiff R.23 aufgehängt und während der Fahrt abgeworfen. Die Briten verfolgten diese Idee nach dem Kriegsende aber nicht weiter. Dafür war die Camel auch 1919 noch im Militäreinsatz: Sie fl og von der H.M.S. „Vindictive“ aus Überwachungseinsätze über der Ostsee, wo die Briten gegen die Bolschewiki vorgingen. Die letzten Camel wurden bald darauf ausgemustert und gegen modernere Sopwith Snipes ausgetauscht. Betreiber der Sopwith Camel waren, neben dem Vereinigten Königreich, Australien, Kanada, Belgien, Estland, Georgien, Griechenland, Lettland, die Niederlande, Polen, Russland, die Sowjetunion und Schweden. Knapp 5500 Flugzeuge sollen gebaut worden sein. Die letzten eingelagerten Einsatzflugzeuge wurden noch bis 1927 in Camp Borden, Ontario, vorgehalten.
Technische Daten

Sopwith F.1 Camel
Einsatz: einsitziger Jäger
Antrieb: ein Clerget-Neunzylinder-Umlaufmotor mit 130 PS (97 kW)
Benzinverbrauch: 45 l/h
Länge: 5,72 m
Spannweite: 8,53 m
Höhe: 2,60 m
Leermasse: 421 kg
max. Startmasse: 660 kg
Höchstgeschwindigkeit: 190 km/h
Dienstgipfelhöhe: 5800 m
max. Flugdauer: 2,5 Stunden
Bewaffnung: zwei mit dem Motor synchronisierte, starre MG Vickers, Kal. 7,7 mm, und bis zu vier 12-kg-Bomben oder optional zwei bewegliche MG Lewis, Kal. 7,7 mm, auf dem oberen Flügel
Klassiker der Luftfahrt Ausgabe 04/2014