Fairchild Husky: Untermotorisierter Alleskönner

Fairchild Husky
Untermotorisierter Alleskönner

Inhalt von
Veröffentlicht am 26.12.2024

Die Fairchild Aircraft Company aus Longueuil in Quebec, eine Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Fairchild Aviation Corporation, hatte sich bereits vor dem Zweiten Weltkrieg einen Namen als Hersteller robuster Buschflugzeuge gemacht. Während des Krieges wurden vor allem Lizenzbauten britischer und amerikanischer Hersteller – allen voran die Fairchild Bolingbroke, eine kanadische Version der Bristol Blenheim IV – gefertigt. Doch als zu Beginn des Jahres 1945 das Kriegsende und damit der Verlust der einträglichen Rüstungsverträge absehbar wurde, besann man sich auf das alte Geschäftsfeld. Auch mehrere der kleinen Unternehmen, die Lufttransportservices im Norden Kanadas anboten, wurden bei Fairchild vorstellig und fragten an, ob man nicht wieder die vorherigen Modelle fertigen könnte. Schnell stellte sich allerdings heraus, dass Werkzeuge und Formen längst verschrottet waren. Ein neuer Entwurf musste also her.

CAVM

Neustart

Nach einer Marktanalyse und Diskussionen mit potenziellen Kunden begann das Team in Longueuil mit dem Design der neuen Maschine, die die interne Nummer F-11-1 erhielt. Zentrale Vorgabe war dabei, dass im Laderaum mindestens ein 18 Fuß (5,5 Meter) langes Frachtkanu – damals im unzugänglichen Norden noch immer eines der wichtigsten Verkehrsmittel – Platz finden musste. Dies erforderte einen recht voluminösen Rumpf, der auch zu einem hohen Leergewicht führte. Eine zweite Vorgabe hingegen sollte später die Achillesferse des Entwurfs werden: Der staatliche Flugdienst der Provinz Ontario, der Ontario Provincial Air Service, hatte den Herstellern von Buschflugzeugen einen lukrativen Auftrag über 25 Maschinen in Aussicht gestellt – eine in der Nachkriegszeit nicht unerhebliche Chance, schnell größere Stückzahlen verkaufen zu können. Bedingung war jedoch, dass als Motorisierung der nur 450 PS starke Pratt & Whitney R-985 verwendet wurde. Die Folge war, dass die nun "Husky" getaufte Maschine bei gleicher Motorisierung deutlich größer und schwerer war als ihr Hauptkonkurrent, die fast zeitgleich entwickelte de Havilland Canada DHC-2 Beaver.

Testflüge verlaufen gut

Doch zunächst lief das Projekt wie am Schnürchen: Am 11. Juni 1946, nur zehn Monate nach Beginn der Entwicklung im September 1945, war die erste Maschine fertiggestellt und hob vom Sankt-Lorenz-Strom bei Montreal zum Jungfernflug ab. Entsprechend ihres zukünftigen Einsatzzwecks flog die Husky dabei von Anfang an als Schwimmerflugzeug, wobei sie auch mit einem Spornradfahrwerk oder Skiern ausgerüstet werden konnte. Die Testflüge verliefen allesamt reibungslos, so dass das Muster im September 1946 seine Zulassung erhielt. Die als CF-BQC zugelassene Maschine wurde nun an den Erstkunden Nickel Belt Airways aus Sudbury, Ontario, übergeben. Dieser testete die Husky für mehrere Wochen ausgiebig im Norden Kanadas und war bald begeistert von der Maschine. Dank der großen Frachttüren unter dem Heck und dem geräumigen Rumpf konnten bis zu drei Kanus auf einmal befördert werden. Auch der Transport von Bauholz für Holzfäller- oder Minen-Camps war problemlos möglich. Basierend auf den gemachten Erfahrungen entschied man sich sogar, eine Erhöhung des maximal zugelassenen Abfluggewichts auf 6800 lbs (rund 3100 kg) zu beantragen, was auch gestattet wurde. Deutlich wurde allerdings auch, dass die Maschine aufgrund des recht schwachen Motors und des großen Rumpfes leicht zu überladen war und eine lange Startstrecke benötigte. Gerade Letzteres war in der Buschfliegerei der damaligen Zeit, als man oft auch auf kleinen Seen landete, ein gravierender Nachteil. Dennoch gingen erste Aufträge ein und der Serienbau lief an, während das Ingenieurteam an einer stärker motorisierten Variante arbeitete. Doch dazu kam es nicht mehr.

MAM

Bewährt im Einsatz

Leider hatte sich Fairchild Aircraft nach dem Krieg unter anderem mit der Produktion von Fertighäusern verspekuliert. Auch der Verkauf der Husky lief schleppender an als erhofft. Der Großauftrag aus Ontario ging letztlich an die Beaver und die rund 50 Interessenbekundungen reduzierten sich weiter, da sich viele kleine Fluglinien für gebrauchte Noorduyn-Norseman-Maschinen entschieden, die nach Ende des Krieges von der kanadischen und der US-Luftwaffe zu niedrigen Preisen auf den Markt geworfen wurden. Als schließlich noch ein anderes Flugzeugprojekt scheiterte, geriet Fairchild Canada vollends in finanzielle Schieflage und musste Insolvenz anmelden, was das Aus für die Husky bedeutete. Letztendlich verließen nur zwölf Maschinen die Werkshallen, bevor der Erstkunde Nickel Belt Airlines das verbleibende Inventar, die Produktionsrechte und Maschinen aufkaufte und noch einige Ersatzteile produzierte, um die Maschinen möglichst lange in der Luft halten zu können. Im Einsatz bewährte sich die Husky dennoch und stellte sich als recht langlebiges Muster heraus. Immerhin sieben Maschinen flogen bis in die siebziger Jahre, eine einzelne sogar noch ein Jahrzehnt länger.

Weiterhin Motorprobleme

1956 wurde schließlich auch das Projekt, einen stärkeren Motor zu installieren, vom damaligen Inhaber der Produktionsrechte, Husky Aircraft Ltd., umgesetzt. Die als F-11-2 Super Husky bezeichnete Maschine beeindruckte durch sehr gute Flugeigenschaften, so dass fünf weitere Exemplare umgerüstet wurden. Doch wiederum erwies sich die Motorenwahl als problematisch, denn man hatte sich für den britischen Alvis-Leonides-Motor entschieden. Dessen 550 PS bescherten der Husky zwar endlich die nötige Leistung, um ihr Potenzial voll ausspielen zu können, doch war es ein britischer Motor, der in Nordamerika kaum eingesetzt wurde. Dementsprechend schwierig war er instand zu halten: Es fehlte an Ersatzteilen sowie an mit dem Motor vertrauten Mechanikern. Eine angedachte neue Serienproduktion der Husky kam nicht zustande. Auch wiederholt aufkommende Projekte, die immer weniger werdenden verbleibenden Maschinen auf PT-6-Propellerturbinen umzurüsten, verliefen allesamt im Sande.

MAM

Alleskönner

Von ihren Betreibern in Kanada wurde die Husky erfolgreich für alles eingesetzt, was ein Buschflugzeug können musste. Die Aufgaben reichten dabei von Transportflügen, um Geologen, Jäger, Angler und Goldsucher im unzugänglichen Hinterland abzusetzen, über Krankentransporte bis hin zur Waldbrandbekämpfung, für die ein Tank in der Kabine installiert wurde, der beim Taxiing in einem Gewässer innerhalb von 22 Sekunden gefüllt und dann über die großen Heckklappen über einem Feuer geleert werden konnte. Immer wieder gelobt wurde die große Transportkapazität der Husky, die auch ganze Rotorblätter für in der Wildnis beschädigte Hubschrauber laden konnte. Da sie solche Lasten aerodynamisch günstig im Rumpf transportieren konnte, waren ihre Flugeigenschaften denen der Beaver, die sie nur als sperrige Außenlasten mitschleppen konnte, sogar mindestens ebenbürtig, erinnern sich ehemalige Husky-Piloten. Einer der letzten Betreiber, North Coast Air Services aus British Columbia, rechnete sogar vor, dass die Husky viele Aufträge pro transportierter Tonne um rund 25 Prozent günstiger ausführen konnte als ihr Hauptkonkurrent, die Beaver.

Zwei Drittel gingen verloren

Über die Jahre gingen jedoch neun der zwölf gebauten Maschinen bei Unfällen oder in Unwettern verloren – ein hoher Tribut, der die oft haarsträubenden Bedingungen belegt, die in der Buschfliegerei herrschten. Bis in unsere Tage haben neben diversen Komponenten nur zwei vollständig restaurierte Exemplare überlebt und zeugen in kanadischen Museen von diesem vielversprechenden Muster, das aufgrund unglücklicher Entscheidungen nie ganz die Rolle einnehmen konnte, die ihm zugedacht war.

CAVM

Technische Daten

Hersteller: Fairchild Aircraft Ltd. (Kanada)
Verwendung: STOL-Buschflugzeug
Besatzung: 2 (Pilot, Copilot)
Triebwerk: Pratt & Whitney R-985 mit 340 kW (450 PS)
Länge: 11,40 m
Höhe: 5,41 m
Spannweite: 16,69 m
Flügelfläche: 33 m²
Leermasse: 2059 kg
Zuladung: 800 kg
max. Startmasse: 2858 kg
max. Geschwindigkeit: 222 km/h
Dienstgipfelhöhe: 4700 m
Reichweite: 1100 km
Stückzahl: 12
Bewaffnung: keine