Die kanadische Avro-Tochter arbeitete in den 50er Jahren an einem besonderen Überschalljäger, der senkrecht starten und landen konnte. Um dies zu erreichen, sollte der Abgasstrahl der verwendeten Turbojets in einen ringförmigen "Turbo-Rotor" abgelenkt werden, der ein Luftkissen erzeugt und so das Schweben des Gefährts ermöglicht. Die Umsetzung dieses Konzepts erwies sich aber für die kanadischen Behörden als zu kostspielig.
Stattdessen fragte Avro Canada beim großen Nachbarn an, und tatsächlich zeigten sowohl US Army als auch US Air Force Interesse an einem solchen Ringflügler. Allerdings suchte das Heer eher einen Transporter, während die Luftwaffe weiterhin eine Überschallversion präferierte. Obwohl diese Anforderungen wohl kaum unter einen Hit zu bekommen waren, gingen die Arbeiten weiter, und die Kanadier bauten zwei Testvehikel mit der Bezeichnung VZ-9AV, die aufgrund ihrer Scheibenform eher wie UFOs als wie Flugzeuge aussahen.

Drei Triebwerke trieben den Bläser in der Mitte an.
Jets sorgen für Auftrieb
Jeweils drei J69-Triebwerke, wie sie auch im Jettrainer Cessna T-37 zum Einsatz kamen, sollten den nötigen Schub für den in der Mitte liegenden Bläser erzeugen. Die beiden Besatzungsmitglieder saßen unter seitlichen Plexiglashauben. Avro stellte das erste Exemplar im Mai 1959 im Werk in Malton bei Toronto fertig und schickte es nach ersten, noch gefesselten Schwebeversuchen zum NASA-Windkanal nach Moffett Field in Kalifornien. Hier zeigte sich schnell, dass das Gefährt kaum zu steuern war.
Kaum zu kontrollieren
Auch bei den freien Flugversuchen mit der zweiten Maschine gab es dasselbe Bild: Kaum in der Luft bewegte sich das "Avrocar" so unkontrolliert als ob es an einem Rodeo teilnähme. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von gerade einmal 56 km/h blieb ein wirkliches Fliegen ganz zu schweigen vom Erreichen der Überschallgeschwindigkeit reine Utopie, und so beendeten die USA das Projekt schon im Jahr 1961.

Dieses Exemplar steht heute im Museum in Dayton.
Technische Daten
Typ: Senkrechtstart-Versuchsfluggerät
Erstflug: 12. November 1959 (Freiflug)
Produktion: zwei Exemplare
Verbleib: National Museum of the United States Air Force, Dayton, und US Army Transportation Museum, Fort Eustis
Besatzung: 2
Antrieb: drei Continental J69-T9 mit je 4,12 kN Schub
Durchmesser: 5,49 m
Höhe: 1,47 m
Leermasse: 2093 kg
Höchstgeschwindigkeit: 56 km/h

Der Beitrag stammt aus dem Buch "Die skurrilsten Flugzeuge der Welt", erschienen im Motorbuch Verlag.
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