Focke-Wulf Fw 190 D-9: Deutschlands beste "Notlösung"

Focke-Wulf Fw 190 D-9
Die „Notlösung“, die zum Mustang-Schreck wurde

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Veröffentlicht am 16.07.2024

Unstreitig war die Fw 190 D-9 einer der besten Jäger des Zweiten Weltkriegs. Selbst der P-51D Mustang war sie mindestens ebenbürtig. Trotzdem wurde sie von Kurt Tank, dem Technischen Leiter und Geschäftsführer von Focke-Wulf nur als eine Art Zwischenschritt auf dem Weg zum reinrassigen Höhenjäger Ta-152 gesehen. Bei einem Besuch der III/JG 54 in Oldenburg, die die "Dora" als Erste erhalten hatte, bezeichnete er den Jäger im Oktober 1944 als Notlösung, bis die Ta-152 verfügbar sei. Tank dürfte übertrieben haben. Immerhin wurde die "Notlösung" von August 1944 bis April 1945 in 1805 Exemplaren gebaut und überzeugte die Piloten durch ihre hervorragenden Leistungen.

Motor

Der Grund für die Entwicklung der Fw 190 D-9 war die in großen Höhen unzureichende Leistung der BMW-Sternmotoren der Fw-190-A-Serien. Da der bei den ersten Überlegungen zur neuen D-Version favorisierte Daimler-Benz DB 603 nicht verfügbar war, fiel die Wahl auf den Junkers Jumo 213 A. Anfängliche Skepsis, der Jumo basiere auf einem Bombermotor und könne im Jägereinsatz nicht ideal sein, zerstreuten schon die ersten guten Erfahrungen mit dieser Antriebsvariante bei den Prototypen. Der geistige Vater des Motors, Dr. Ing. August Lichte, lieferte mit seinem Team ein Spitzenprodukt ab. Laut dem Flughandbuch der Fw 190 D-9 bot der Jumo 213 A gute 1750 PS Startleistung in Meereshöhe. Bei Einsatz der optionalen Methanol-Wasser-Einspritzung MW-50 mobilisierte der Motor kurzzeitig sogar rund 2100 PS.

Dank seines einstufigen Zweigangladers konnte der Pilot auch noch in großen Höhen hohe Leistungen abrufen. Dabei regelte das von Junkers entwickelte Motorbediengerät (MBG) automatisch Gemischbildung, Drehzahl und Laderschaltung. Auch die Verstellhydraulik des Dreiblatt-Holzpropellers VS 111 wurde von dem MBG automatisch gesteuert. Der Pilot brauchte zur Motorbedienung lediglich über den Gashebel die gewünschte Drehzahl zu wählen.

Technische Details

Zellenseitig lehnte sich die Fw 190 D-9 eng an die Fw 190 A an. Das heißt, sie entstand aus Dural in Schalenbauweise. Der gesamte Vorderrumpf wurde an den längeren Jumo V-12 angepasst. Um die damit gegenüber der A-Version geänderten Hebelverhältnisse zu kompensieren und auch einen aerodynamischen Ausgleich für den verstärkten Torque zu schaffen, wurde das Rumpfheck kurz vor dem Leitwerk um ein 50 Zentimeter langes Einsatzstück gestreckt. Insgesamt war der Rumpf der "Dora" um knapp eineinhalb Meter länger als der der A-Serien-Flugzeuge.

Der Pilot saß praktisch über den beiden selbstdichtenden Rumpftanks, die die Ingenieure ganz nahe am Schwerpunkt gruppiert hatten, um Lastigkeitsproblemen bei unterschiedlichem Füllungszustand aus dem Weg zu gehen. Der vordere Tank fasste 232 Liter, der hintere 292 Liter. Hinter dem Cockpit befand sich noch ein 115 Liter fassender Zusatzbehälter, der wahlweise mit Flugbenzin oder dem Methanol-Wasser-Gemisch für die MW-50-Einspritzung gefüllt werden konnte.

Bei den Prototypen hatten die Ingenieure mit geänderten Flügelrandbögen experimentiert, die im Hinblick auf gute Höhenleistungen etwas mehr Spannweite boten. Doch nach den Flugerprobungen wurde der Flügel der A-Version auch für die "D" beibehalten. Dafür dürften auch produktionstechnische Gründe gesprochen haben. Der Flügel in Schalenbauweise ist einteilig mit einem durchgehenden Hauptholm konstruiert. Die Verbindung zum Rumpf erfolgte über Beschläge am Haupt- und Hinterholm. Spreizklappen reichten über 60 Prozent der Spannweite, um die Landegeschwindigkeit auf ein pilotenfreundliches Maß zu reduzieren.

Höhen- und Seitenruder waren mit Ausgleichshörnern versehen, um die Ruderdrücke aerodynamisch etwas zu reduzieren. Außerdem waren alle Ruder auch mit simplen Bügelkanten für eine Grundtrimmung am Boden ausgerüstet. Zur Höhentrimmung wurde die Dämpfungsflosse mit Hilfe eines kleinen Elektromotors verstellt.

Das Hauptfahrwerk wurde elektromechanisch betätigt. Gebremst wurde hydraulisch. Ein am rechten Fahrwerksbein angeschlossener Seilzug zog beim Einfahren des Fahrwerks das Spornrad mit in den Rumpf. Es ragte dann immer noch etwas aus der Rumpfkontur heraus und konnte so bei Bedarf als Notsporn dienen. Im ausgefahrenen Zustand war das Spornrad um 360 Grad drehbar, zum Start wurde es verriegelt.

Bewaffnung

Grundsätzlich war die Fw 190 D-9 mit zwei MG 131 im Rumpf und zwei MG 151 in den Flügeln bewaffnet. Zur Vergrößerung der Reichweite konnte sie im Jagdeinsatz an einer Aufhängung unter dem Rumpf, einem sogenannten ETC-504-Schloss, einen 300 Liter fassenden Zusatztank aufnehmen. Bei Jagdbombereinsätzen konnte sie bis zu 516 Kilogramm Bomben mitführen.

In der Flügelwurzel trug die D-9 noch eine sogenannte Bildkammer BSK 16 als Schusskamera, die bei Betätigung des Feuerknopfes aktiviert wurde. Auf diese Weise ließen sich maximal vier Angriffsaktionen von jeweils etwa 50 Sekunden Dauer dokumentieren.

Technische Daten

Focke-Wulf Fw 190 D-9

Verwendung: einsitziger Jäger/Jagdbomber
Motor: Junkers Jumo 213 A-1
Startleistung: 1750 PS/1286 kW
Spannweite: 10,50 m
Länge: 10,20 m
Höhe: 3,36 m
Flügelfläche: 18,3 m2
Leermasse: 3180 kg
Max. Flugmasse: 4663 kg
Höchstgeschwindigkeit in 6600 m Höhe: 686 km/h
Steigleistung: zirka 21 m/s
Dienstgipfelhöhe: 11 100 m