Fouga Magister
Der Europäische Lehrmeister

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Viele Piloten der neuen deutschen Luftwaffe sammelten ihre ersten Jet-Stunden auf der Fouga Magister. Fast alle behielten die Französin in guter Erinnerung. Der "Mäusetöter" – zur Erklärung des Namens kommen wir später – feiert in diesem Jahr seinen 70. Geburtstag.

Der Europäische Lehrmeister
Foto: KL-Dokumentation

Nicht nur für die ersten Bundeswehr-Luftwaffenpiloten stellte die Fouga Magister in den 1950er-Jahren den ersten Schritt in ihrer Laufbahn dar, sondern auch für die Luftfahrtindustrie in Deutschland bedeutete der französische Trainer einen Neustart. Denn auch Deutschland gehörte zu jenen Ländern, in denen der Trainer in Lizenz gebaut wurde. Hier spielte die Fouga eine wichtige Rolle beim Neustart der Luftfahrtindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg. Nachdem die Möglichkeiten zur Lizenzfertigung schon ab 1954 ausgelotet worden waren, betraute das Verteidigungsministerium im August 1956 die Messerschmitt AG in Augsburg und Heinkel in Speyer mit dieser Aufgabe. Die beiden Firmen gründeten dazu als Arbeitsgemeinschaft die Flugzeug-Union Süd. Im Dezember des folgenden Jahres begann die Produktion zunächst noch mit dem Zusammenbau von Rümpfen aus in Frankreich gefertigten Komponenten. Doch schon zwei Monate später startete die Eigenfertigung aller Einzelteile. Heinkel übernahm den Bau der Flügel, des Leitwerks, der Fahrwerke und der Rumpfspitze. Bei Messerschmitt in Augsburg entstanden der Rumpf und die sonstige Ausrüstung, während die Endmontage in München-Riem erfolgte. Bis 1961 baute die Flugzeug-Union Süd insgesamt 194 CM 170 Magister.

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Die Produktion wurde ab 1956 auch bei der Messerschmitt AG in Augsburg und bei Heinkel in Speyer aufgenommen.

Vom Segelflug zum Jettrainer

Die Herkunft und die Anforderung als Trainer kann der Mitteldecker in Metall-Halbschalenbauweise mit dem charakteristischen V-Leitwerk kaum verleugnen. Das NACA-Profil der 64er-Serie in Verbindung mit dem schlanken Flügel versprach gute Langsamflugeigenschaften mit unkritischem Abreißverhalten am unteren Ende des Fahrtmessers. Der leicht gepfeilte Flügel besaß ein Streckungsverhältnis von 7,42, seine relative Dicke nahm von 19 Prozent an den Flügelwurzeln auf 12 Prozent an den Flächenenden ab. Essenziell für einen Trainer sind auch problemlose Eigenschaften im Einmotorenflug. Hier hatten die Konstrukteure bestens vorgesorgt. Nicht nur, dass die Triebwerke nahe der Rumpfmittelachse angeordnet sind, ihre Schubachsen zeigen zusätzlich leicht nach außen. So wird beim Ausfall eines der beiden Triebwerke für den Piloten kaum eine Asymmetrie im Schub spürbar. Die Turboméca-Marboré-Triebwerke gaben der Fouga auch einen besonderen Beinamen. Der helle Ton während des Anlassvorgangs und Hochfahrens ist so ohrenbetäubend, dass sie fortan als Mäusetöter bekannt war.

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Dass es gerade ein kleineres Unternehmen war, das Anfang der 50er-Jahre den ersten reinen Strahltrainer der Welt, die CM 170R Magister, baute, die zudem mit über 900 Exemplaren zu einem echten Bestseller werden sollte, ist wohl nur mit der Aufbruchstimmung zu erklären, die in der französischen Luftfahrtindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg einsetzte. Etablissements Fouga et Cie gehörte zu den Unternehmen, die in dieser Zeit mit massiver staatlicher Unterstützung in die Luftfahrt drängten. Seit 1946 befasste sich die Firma mit Sitz in Béziers zunächst mit der Entwicklung und dem Bau von Segelflugzeugen. Doch die beiden führenden Köpfe des Unternehmens, Robert Castelo und Pierre Mauboussin, wollten mehr. Die aufkommende Jetflugzeuggeneration brauchte einen Trainer, der die Lücke zwischen dem Anfängertraining auf Propellerflugzeugen und den Ansprüchen der modernen Kampfjets schloss. In diese Lücke sollte die Fouga Magister stoßen. Erste Erfahrungen mit einem strahlgetriebenen Flugzeug hatte Fouga bereits 1949 gesammelt, als sie einen Segler mit einem Turbomeéca-Pimine-Triebwerk auf dem Rumpfrücken ausrüsteten, das 1,076 Kilonewton Schub lieferte. Von diesem Experimentalmuster wurden noch einige andere Versuchstypen abgeleitet, die praktisch als die Urväter der CM 170R Magister gelten dürfen.

Der erste Jungfernflug

Bereits 1948 hatten Castelo und Mauboussin einen zweistrahligen Trainer aufs Reißbrett gebracht. Doch ergaben schon die ersten Berechnungen, dass die damals vorgesehenen Turboméca Palas mit jeweils nur 1,47 kN Schub zu schwach waren. So wurde der Entwurf, in dem sich schon die Grundzüge des später gebauten Trainers fanden, vollständig überarbeitet. Heraus kam die CM 170R, die von zwei Turboméca Marboré II mit je 3,91 kN Schub angetrieben wurde.

Im Dezember 1950 orderte das französische Luftfahrtministerium zunächst drei Prototypen. Gut eineinhalb Jahre später, am 23. Juli 1952 startete die erste Magister zum Jungfernflug. Schon in der Flugerprobung zeigte der neue Trainer hervorragende Eigenschaften. Man rüstete den zweiten Prototypen zeitweise mit einem konventionellen Kreuzleitwerk aus, kehrte aber, nachdem sich keine Vorteile zeigten, zu dem in einem 110-Grad-Winkel stehenden V-Leitwerk zurück. Nach den guten Ergebnissen der Tests erhielt Fouga 1953 zunächst den Auftrag zum Bau von zehn Vorserienflugzeugen, ein Jahr später orderte die französische Regierung dann ein erstes Fertigungslos von 95 Flugzeugen. Der endgültige Durchbruch für die Magister.

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Besonders auffälliges Merkmal: das in einem 110-Grad-Winkel stehenden V-Leitwerk.

Version für Flugzeugträger

Im Februar 1956 kam das erste Serienflugzeug in die Luft. Es sprach für die Qualitäten der Magister, dass ihr Design bis zur Einstellung der Produktion 1970 praktisch unverändert blieb. Lediglich zwei neue Versionen kamen heraus, darunter die CM 173 Super Magister, die am 28. August 1962 zum ersten Mal flog und von der zwischen 1963 und 1968 exakt 137 an französische Verbände, nach Irland und in den Libanon geliefert wurden. Sie erhielt stärkere Turboméca-Marboré-VI-Turbinen mit jeweils 4,7 kN Schub. Ihr Rumpf war überarbeitet, und sie besaß Schleudersitze, auf die die frühen Serienflugzeuge der Magister noch verzichtet hatten.

Die zweite Version war 1959 die CM 175 Zephyr, die als Trainer für den Flugzeugträgereinsatz diente. Die CM 175 Zephyr, von der nur 32 Exemplare für die französischen Marineflieger gebaut wurden, war für den Trägereinsatz optimiert. Hauptsächlich unterschied sie sich von der Urversion durch ihr verstärktes Fahrwerk mit einer Einrichtung für den Katapultstart, ihren ausfahrbaren Fanghaken und eine Schiebehaube, die die sonst übliche, nach oben klappende Konstruktion ersetzte. Für das Waffentraining konnte die Magister mit leichten Waffen bestückt werden. Standard waren zwei 7,5-mm-MGs in der Rumpfnase. Zudem konnten Stationen für vier ungelenkte Luft-Boden-Raketen, zwei 50-kg-Bomben oder je eine gelenkte Nord-S.S.11- Rakete unter den Flügeln montiert werden.

Obwohl als Trainer konzipiert, besetzte der Zweisitzer in einigen Ländern auch die Rolle als leichtes Kampfflugzeug. So flog beispielsweise die israelische Luftwaffe mit ihrer Magister während des Sechstagekriegs im Juni 1967 Angriffe auf Bodenziele in Ägypten und Jordanien. Sogar der Verlust einer MiG-21 ging auf das Konto einer Magister, als eine ägyptische MiG eine israelische Fouga verfolgte, doch in den engen Tälern des Gebirges zerschellte der Verfolger an den Felsen, da er nicht so eng kurven konnte wie die kleine und wendige Magister.

Europaweit verbreitet

Bis 1970 wurden insgesamt 929 Magister gebaut, und allein 250 Exemplare gingen an die Luftwaffe in Deutschland. Dort wurden die ersten Maschinen am 28. Mai 1957 an die Flugzeugführerschule A auf dem Fliegerhorst Landsberg übergeben. Bei der Luftwaffe ersetzte sie die in die Jahre gekommenen Harvard Anfängertrainer. Doch das schlechte Wetter und die benötigten Flugstunden sorgten dafür, dass die fliegerische Grundausbildung bald in die USA verlegt wurde und die Trainer in Deutschland nicht mehr in der hohen Stückzahl benötigt wurden. An der Flugzeugführerschule A wurden Ende der 1950er-Jahre sogar zwei Kunstflugteams aufgestellt, die Formationskunstflug bis zu dessen Verbot mit der Fouga Magister vorführten.

Auch in anderen europäischen Staaten kam die Magister zum Einsatz, so auch in Belgien, wo sie auch für das Kunstflugteam der Red Devils genutzt wurde. Heute fliegen in Europa noch eine Handvoll Magister bei Privatpersonen, darunter eine in Deutschland, die am Flughafen Paderborn beheimatet ist.

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Die Magister im Formationskunstflug, ausgeführt von der Flugzeugführerschule A, welche Ende 1959 ein Kunstflugteam aufstellten.

Technische Daten

Fouga Magister

Hersteller: Potez Air-Fouga/ Aerospatiale (Fouga)
Verwendung: Strahltrainer
Besatzung: 2 (Pilot und Copilot)
Triebwerk: 2 Strahltriebwerke Turboméca Marboré mit je 3,92 kN Standschub
Länge: 10,06 m
Höhe: 2,8 m
Spannweite: 12,15 m
Flügelfläche: 17,3 m²
Leermasse: 2150 kg
Zuladung: 1150 kg
max. Startmasse: 3300 kg
max. Geschwindigkeit: 715 km/h
Dienstgipfelhöhe: 12 200 m
Reichweite: 1180 km
Bewaffnung: 2 MG 7,5 mm oder 7,62 mm mit je 200 Schuss im Bug; 2 Unterflügelstationen für Raketen, Bomben oder drahtgelenkte SS.11-Lenkwaffen

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