North American F-100 Super Sabre
Triumph auf ganzer Linie: Nach der P-51 Mustang lieferte North American mit der F-86 Sabre wieder einen in enormen Stückzahlen gefertigten Standardjäger der US-Luftstreitkräfte. Diesen Erfolg wollte der Flugzeugbauer fortsetzen. Im Februar 1949 machte sich daher ein Team daran, die Leistungen der F-86 Sabre noch zu verbessern. Unter anderem sollte im Hori-zontalflug Überschallgeschwindigkeit erreicht werden. Im Mittelpunkt der Untersuchungen stand eine neue, um 45 Grad gepfeilte Tragfläche (zehn Grad mehr als bei der Sabre). Die intern als „Sabre 45“ bekannte Studie beinhaltete auch das bewährte J47-Triebwerk von General Electric, allerdings mit einem Nachbrenner ausgestattet. Zur Erprobung des Konzepts im Flug rüstete North American eine YF-86D mit einem entsprechenden Flügel aus.
Das Interesse der US Air Force hielt sich aber zunächst in Grenzen, da man mit der bisherigen Sabre zufrieden war. Dies än-derte sich erst mit dem Beginn des Koreakriegs, in dem die amerikanischen Jäger erstmals auf die Mikojan MiG-15 trafen. Am 14. Mai 1951 schlug North American das nun als NA-180 bezeichnete Projekt schließlich offiziell dem Militär vor, um Mittel für den Bau zweier Prototypen zu erhalten. Das Vorhaben hatte Erfolg: Am 1. November 1951 bestellte die Air Force die zwei Maschinen. Am 7. Dezember 1951 gab sie dem Muster die Bezeichnung F-100 und legte damit den Grundstein für die berühmte „Century Series“.
Als Antrieb war nun das stärkere und größere XJ57 von Pratt & Whitney vorgesehen. Daher mussten die Ingenieure den Rumpf vergrößern. Der ursprünglich geplante, runde Sabre-Lufteinlauf bekam im Lauf der Entwicklung die für die F-100 typische ovale Form. Die Bewaffnung bestand aus vier 20-mm-Kanonen. Erstmals kam von Anfang an das teure und schwer zu bearbeitende Titan im Heckbereich zur Anwendung. 1954 verbrauchte North American 80 Prozent der gesamten Titan-produktion der USA. Dementsprechend stiegen die Produktionskosten. Trotzdem erweiterte die USAF den Auftrag am 25. Januar 1952 um zunächst 23 Serienmaschinen.
Nach der Fertigstellung der ersten YF-100A (Kennung 52-5754) in Inglewood erfolgte der Straßentransport zur Edwards Air Force Base. Dort startete Testpilot Jack Welch am 25. Mai 1953 zum Jungfernflug, bei dem er direkt die Marke von Mach 1 knackte. Die anschließende Erprobung durch die Air Force zeigte die Leistungsfähigkeit des Jägers, offenbarte aber auch einige Schwächen. So bemängelten die Piloten eine zu geringe Längsstabilität. Am 14. Oktober 1953 hob die zweite YF-100A (52-5755) erstmals von der Piste ab. Sie steht heute mit anderen Vertretern der Century-Serie am Tor der Edwards Air Force Base.
Rekord und tödlicher Absturz in der Erprobung

Nur zwölf Tage später folgte die erste F-100A aus der Serienfertigung (Kennung 52-5756). Trotz der Kritik der Piloten bekam sie im Gegensatz zu den Prototypen ein kürzeres Seitenleitwerk, um das Gewicht und den aerodynamischen Widerstand zu reduzieren. Dies sollte sich später als fatal erweisen. Wie schnell der neue Jet war, zeigte Colonel Frank „Pete“ Everest am 29. Oktober 1953, als er mit 1215 km/h über einen 15-Kilometer-Kurs einen neuen Geschwindigkeitsweltrekord aufstellte.
Schon am 29. September 1954 stellte die Air Force den 479th Fighter Wing auf der George AFB in Kalifornien mit der F-100A auf. Ein schwerer Rückschlag war allerdings der tödliche Unfall von George Welch am 12. Oktober 1954. Bei einem Testflug mit der neunten F-100A war das Flugzeug bei hoher Geschwindigkeit ins Gieren geraten. Welch hatte mit dem zu kleinen Seitenruder nicht mehr korrigieren können; er verlor die Kontrolle, und das Flugzeug brach in der Luft auseinander. Darauf musste North American reagieren und modifizierte die inzwischen mehr als 70 gebauten F-100 mit einem um 27 Prozent vergrößerten Seitenleitwerk und einer um 66 Zentimeter vergrößerten Spannweite. Der Flugbetrieb ging zunächst weiter, bis sich die USAF schließlich nach insgesamt sechs Abstürzen mit zwei Todesfällen entschloss, die Super Sabre bis zum Ende der Überarbeitungsmaßnahmen im Februar 1955 auf dem Boden zu lassen.
Derweil hatte sich innerhalb der Air Force die Überzeugung durchgesetzt, dass sich die F-100 eher für den Einsatz als Jagdbomber eignete. Zahlreiche der 203 gefertigten F-100A wurden daraufhin an Taiwan abgegeben. Gleichzeitig gab man die F-100C in Auftrag, die als Nachfolger der F-84F für Bodenangriffe optimiert werden sollte. Sie erhielt neue Avionik, vier zusätzliche Außenlaststationen sowie Treibstofftanks in der Tragfläche und eine Luftbetankungssonde. Das Tempo blieb weiter hoch: Der Erstflug fand am 17. Januar 1954 statt, und die Fertigung von insgesamt 476 Jets war bereits im Juli 1956 abgeschlossen. Da folgte schon die nächste, wiederum verbesserte Version: Die F-100D zeichnete sich durch ein nochmals ver-längertes Seitenleitwerk aus. Eine erhöhte Startmasse machte Landeklappen notwendig. Auch kleine Grenzschichtzäune auf dem Flügel kamen zum Einsatz. Bisher hatten sich die Landungen aufgrund der hohen Anfluggeschwindigkeit als relativ anspruchsvoll erwiesen. Die F-100D (Erstflug am 24. Januar 1956) wurde mit 1274 Exemplaren zur meistgebauten Variante der Super Sabre.
Die anfänglich hohe Unfallrate ließ den Ruf nach einem Trainer immer lauter werden. Resultat war die zweisitzige F-100F, deren erste Serienmaschine am 7. März 1957 zum Jungfernflug startete. Insgesamt produzierte North American 2294 Exemplare der F-100, einen Teil davon neben Inglewood auf einer zweiten Produktionslinie in Columbus, Ohio.
Gefährliche Einsätze im Vietnamkrieg
Die Bewährungsprobe ließ nicht lange auf sich warten: Nach ersten Einsätzen in Laos dienten die F-100 im Vietnamkrieg ab 1965 zunächst noch als Eskorte für Angriffe in den Norden des Landes. Schon bald ersetzte die F-4 Phantom das Muster in dieser Rolle. Die Super Sabre wurde schließlich primär zu Angriffen im Tiefflug eingesetzt, und zwar zur Unterstützung der eigenen Truppen über Südvietnam. Die Jagdbomber flogen hauptsächlich von vier Basen aus: Biên Hòa, Phan Rang, Phu Cat und Tuy Hoa. In der Regel verlegten Staffeln aus den USA zeitweise für mehrere Monate nach Südostasien.
Der Doppelsitzer F-100F fand dabei gleich in zwei neuen Rollen Verwendung: als Forward Air Controller (FAC) in Gebieten hoher Bedrohung, die für langsamere Flugzeuge wie die OV-10 Bronco zu gefährlich waren, und als Wild-Weasel-Flugzeug zur Unterdrückung der gegnerischen Luftabwehr. Letztere Maschinen ließen sich an den kleinen Antennen der Radarwarn- und Verfolgungssensoren AN/APR-25 und -26 unter der Nase und am Leitwerk erkennen. Je eine „Hun“, wie die F-100 von ihren Besatzungen genannt wurde, flog von Korat in Thailand in einem sogenannten Hunter-Killer-Team mit drei F-105. Ab 1966 lösten speziell umgerüstete Thunderchiefs die Super Sabre in dieser Mission ab.
Insgesamt waren zeitweise bis zu 490 F-100 in Südvietnam stationiert. Bis Anfang 1971 flogen die Super Sabres 360283 Kampfeinsätze, mehr als jedes andere US-Flugzeug im Vietnamkrieg. Dabei gingen 186 Maschinen durch Bodenfeuer, sieben bei Angriffen des Vietcong auf die Basen und 45 bei Unfällen verloren. Nach dem Krieg flog die Super Sabre noch bis November 1979 bei verschiedenen Einheiten der US Air National Guard. Doch auch danach hatte sie nicht ausgedient: Ab 1982 rüsteten Sperry und später Tracor 299 Jets als Ersatz der Delta Dagger zu QF-100-Drohnen um.
Außerhalb der USA gab es nur vier Nutzer: Ab 1958 nahm Frankreich 88 F-100D und 14 F-100F entgegen; sie blieben bis Dezember 1978 im Dienst. Noch länger, nämlich bis September 1984, setzte Taiwan die Super Sabre ein (118 F-100A, vier RF-100A und 14 F-100F). Dänemark bezog 20 gebrauchte F-100D/F und 31 neue F-100D sowie 21 weitere F-100F. Der letzte Flug fand am 11. August 1982 statt. Am längsten diente das Muster in der Türkei, nämlich bis zum 1. November 1987. Mit 270 Exemplaren wurde das Land auch der größte internationale Nutzer (111 F-100C, 106 F-100D, 53 F-100F). In Deutschland war der Überschalljet sogar noch bis zum Jahr 2002 zu sehen: In Wittmund flogen einige Maschinen des Privatunternehmens Tracor als Zieldarsteller.
Versionen
YF-100A: zwei Prototypen
F-100A: erste Serienversion; 203 Exemplare gefertigt
RF-100A: auch „Slick Chick“ genannter Aufklärer mit fünf Kameras statt der Bordkanonen. Sechs F-100A wurden unter großer Geheimhaltung modifiziert und unter anderem in Europa eingesetzt. Vier gingen später an Taiwan.
F-100C: Jagdbomber (476 Stück)
TF-100C: Bezeichnung für eine zum Doppelsitzer umgerüstete F-100C (Prototyp der F-100F); Erstflug am 3. August 1956
F-100D: verbesserte F-100C; mit 1274 Einheiten meistgebaute Version der Super Sabre
F-100F: Trainer; 339 Jets gebaut
FLUG REVUE Ausgabe 05/2013