Hangar 10 am Flugplatz Heringsdorf
Warbirds auf Usedom

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Der Hangar 10 ist ein überraschender Mix von Luftfahrtmuseum und Erlebniszentrum. In kurzer Zeit hat ein Enthusiast hier seinen Traum eines Ortes für Fans der historischen Luftfahrt verwirklicht.

Warbirds auf Usedom

Zum ersten Mal trafen wir uns vor über zweieinhalb Jahren. Mitte Juni 2010 stellten mir Volker Schülke und seine Frau Arite vor, was sie mit dem großen Hangar am Flughafen Heringsdorf vorhatten, in dem wir zusammensaßen. Ihre Vision: Sie wollten ihre Begeisterung für historische Warbirds und andere Oldtimer in einem Museum der besonderen Art umsetzen, schwärmten von einem Ort, der Fans und Piloten mit Begeisterung für die Luftfahrtgeschichte und Piloten genauso ansprechen sollte wie ganze Familien. Eine Kombination aus fliegendem Museum und Erlebniswelt sollte in und um den Hangar aus den 30er Jahren entstehen.

Das Unternehmer-Ehepaar aus Mecklenburg-Vorpommern, das seine Brötchen mit eben solchen verdient, hat seine Idee in die Tat umgesetzt – genauso zielstrebig, wie es seit Anfang der 90er Jahre einen Zweimannbetrieb zur Lila-Heimatbäcker-Kette mit rund 350 Filialen im Nordosten Deutschlands ausgebaut hat.

Unter dem Dach ihrer Air Fighter Academy GmbH, die die Flugzeuge betreibt, zeigt die Ausstellung im Hangar 10 inzwischen ein gutes Dutzend wertvoller Klassiker der Luftfahrt. Von der Bü 131 Jungmann über Boeing Stearman und Tiger Moth bis hin zu PS-Boliden wie dem spanischen Bf-109-Lizenzbau Buchon, der Jak-9 und einer TF-51 Mustang reicht die Palette. „Wir möchten mit der Sammlung die parallele Entwicklung in den verschiedenen Ländern zeigen“, erklärt Volker Schülke das Ziel des Museums.

Sämtliche Flugzeuge sind flugfähig und haben eine deutsche Zulassung erhalten. In vielen Ländern suchte Schülke in den vergangenen Jahren nach geeigneten Oldtimern. Im Laufe der Zeit wurde die Air Fighter Academy zu einem wichtigen Kunden von MeierMotors in Bremgarten, die unter anderem auch die aufwändige Restaurierung der doppelsitzigen TF-51 Mustang (D-FUNN) übernommen hatte. Die „Little-Ite“ ist fliegerisch inzwischen Schülkes Favorit. „Es ist einfach ein Genuss, zu erleben, wie sich die Mustang in der Luft bewegen lässt“, erklärt er begeistert. Eine doppelsitzige Spitfire T-9 wurde von MeierMotors ebenfalls fit für die deutsche Zulassung gemacht. Kurz vor der Überführung nach Heringsdorf legte ein Pilot jedoch eine Bauchlandung infolge einer Fehlbedienung des Fahrwerks hin. Das hieß erneut viel Arbeit für die Spezialisten aus Bremgarten. Sie sorgten durch eine Modifikation auch noch dafür, dass ein solcher Fehler nicht mehr passieren kann. Bei Erscheinen dieses Heftes dürfte der englische Jäger im Hangar 10 angekommen sein. Ein herber Rückschlag für die Air Fighter Academy war auch der Verlust der P-51 Mustang „Big Beautiful Doll“, die während der Flying Legends Airshow 2011 in Duxford von einer Skyraider gerammt worden war. Glücklicherweise konnte sich ihr Pilot und Vorbesitzer Rob Davis mit dem Fallschirm retten.

Unter anderem diese Erfahrungen veranlasste die Air Fighter Academy, sich vom ursprünglichen Plan zu verabschieden, in Heringsdorf auch Ratings auf den Warbirds anzubieten. Trotzdem können Besucher, entsprechendes Kleingeld vorausgesetzt in die Luft gehen.

Der Hangar 10 ist einer der wenigen Orte in Europa, an denen man nach Absprache in einem der Oldtimer aus der Sammlung mitfliegen kann. Regelmäßig werden die Flugzeuge „gelüftet“. Einen festen Plan für Flugvorführungen gibt es nicht. Doch mit etwas Glück können die Besucher den einen oder anderen Warbird auch am Himmel erleben.

Wer einmal im Cockpit einer Bf 109 Platz nehmen möchte, hat dazu im Hangar 10 ebenfalls Gelegenheit. Hierfür steht eine Bf 109 G-14 bereit, die von Wolfgang Walch mit seiner Sandy Air unter Nutzung einiger Originalteile als Ausstellungsstück neu aufgebaut wurde. Das Wrack des Jägers mit der Werknummer 462707 war 1997 geborgen worden. Er flog einst bei der 14./JG 300.

Die Ausstellung selbst ist gut gemacht. Wer sich die Zeit nimmt, kann hier tief in die Geschichte der Luftfahrt eintauchen. Neben den Flugzeugen gibt es Informationsinseln zu verschiedenen Themen der Luftfahrtgeschichte. Interviews mit Zeitzeugen, Infos zu historischen Ereignissen und zu den einzelnen Flugzeugen kann jeder Besucher über ein kleines Gerät abrufen, das er am Eingang erhält. Manchmal erscheint einem die Informationsfülle fast zu groß.

Von Beginn an gehörte eine Spielewelt mit zum Konzept. Kletterwand, Autos für Kleinkinder, sogar Simulatoren und anderes bieten Unterhaltung auch für große und kleine Familienmitglieder, die sich für Flugzeuge weniger interessieren. Zum Museum gehört auch ein Restaurant. Mit Blick auf die Ausstellung oder in der gemütlichen Pilotenlounge wartet es mit einer überdurchschnittlich guten Küche zu überraschend moderaten Preisen auf.

Besuchern, die über ein Wochenende oder länger in die Welt der Warbirds eintauchen wollen, bietet die Air Fighter Academy direkt im Hangar neun komfortable Appartements für jeweils bis zu vier Personen an. Stilecht ist die Ausstattung jeder Suite einem der Museumsflugzeuge gewidmet. Ideal für einen Kurzurlaub oder mehr auf der Ferieninsel.

Der Hangar 10 ist kein statisches Museum. Hier wird sich auch künftig einiges bewegen. Die Sammlung, das steht zu vermuten, wird noch für einige Überraschungen gut sein. Für ein Fly-out ist der Hangar 10 mit seinem in Deutschland einmaligen Konzept ein tolles Ziel. Wer genug Faszination Luftfahrt getankt hat, kommt in wenigen Minuten vom Flugplatz zu den weiten Stränden der Usedomer Kaiserbäder.

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