Lokomotiven und Lastwagen waren in den 1920er-Jahren das Kerngeschäft des Kasseler Konzerns Henschel & Sohn. Anfang der 1930er-Jahre strebte Oscar Henschel eine Diversifizierung im Verkehrssektor "zu Lande, zu Wasser und in der Luft" an. Nachdem ein Einstieg bei etablierten Flugzeugherstellern scheiterte, wurde am 30. März 1933 die Henschel Flugzeug-Werke AG gegründet, die zunächst Räumlichkeiten am Flugplatz Berlin-Johannisthal anmietete. Personal wie Chefkonstrukteur Dipl.-Ing. Friedrich Nicolaus und Hans Regelin als Leiter der Projektabteilung wurde vom Waffenamt beziehungsweise von Heinkel angeworben.
Entwicklung eines Heeresaufklärers
Zu deren ersten Aufgaben gehörte ab August 1933 die Entwicklung eines Heeresaufklärers in Konkurrenz zur Heinkel He 48. Die Hs 122 flog am 30. Oktober 1934 zum ersten Mal, und mit dem Bau einer Nullserie wurde am 5. Mai 1935 begonnen. Ein Jahr später stoppte das RLM (Reichsluftfahrtministerium) das Programm jedoch nach 22 Flugzeugen. Grund waren vermutlich die schwachen Leistungen, die nur geringfügig über denen des Vorgängers Heinkel He 46 lagen. Auch der Bau war wohl zu teuer.

Ausschreibung für einen Nahaufklärer
Henschel blieb aber im Geschäft, denn im Dezember 1935 gab das Technische Amt des RLM eine neue Ausschreibung für einen Nahaufklärer heraus. Chefkonstrukteur Nicolaus und seine Ingenieure gingen daraufhin an eine gründliche Überarbeitung der Hs 122, wobei die Grundkonzeption mit leicht gepfeilten Flügeln in Hochdecker-Anordnung erhalten blieb. Schon im März 1936 konnte daher eine Attrappenbesichtigung durchgeführt werden. Ein Problem war lange die Frage der Motorisierung. Zunächst wurde der Zwölfzylinder-V-Motor DB 600 C mit 850 PS (625 kW) Leistung vorgesehen, doch bei dessen Produktion hatten wichtigere Flugzeugmuster Priorität. Die Alternative Jumo 211 wurde ebenfalls verworfen, sodass schließlich der beim Start 900 PS leistende Neunzylinder-Sternmotor Bramo 323 Fafnir zum Zuge kam.
Vier Versuchsmuster
Die Hs 126 V1 wurde allerdings noch mit dem DB 600 C fertiggestellt. Sie startete am 13. Dezember 1936 zum Jungfernflug. Das Flugzeug erlitt am 30. März 1937 in 2400 Metern Höhe einen Schwingungsbruch und stürzte ab, wobei sich Chefpilot Hans-Wilhelm Kaempf und Werkspilot König mit dem Fallschirm retten konnten.

Ausgedehntes Erprobungsprogramm
Im April 1937 kam die Hs 126 V2 (D-UJER) in die Luft, zunächst ebenfalls noch mit DB-600-Motor. Im November folgte die V3 (D-OECY) und im April 1938 die V4 (D-OAAV), beides aus der Vorserie entnommene Maschinen, die schon mit dem Bramo 323 A ausgestattet waren. Mit diesen Versuchsmustern wurde ein ausgedehntes Erprobungsprogramm durchgeführt, das naturgemäß auch zu einigen Änderungen an der Zelle führte. So erhielt zum Beispiel die V2 ein zusätzliches Strebenpaar von der Höhenflosse zum Rumpf. Sie wurde auch für Versuche mit Vorflügeln verwendet, die aber nicht in der Serie übernommen wurden. Ab der V3 wurden die verkleideten Federbeine des Fahrwerks in einem rechten Winkel zum Rumpf angeschlossen.
Sturzflüge und Schießtests
Die gesamte Erprobung mit den V-Mustern der Hs 126 erstreckte sich bis in den Sommer des Jahres 1939. Geflogen wurde in Johannisthal und Schönefeld, wo Henschel inzwischen ein großes Werk gebaut hatte, aber auch in Rechlin, wo zum Beispiel Sturzflüge und Schießtests stattfanden. Ein Problem war die Motorkühlung; doch dieses wurde durch neue interne Leitbleche gelöst. Insgesamt erfüllte die Maschine alle an sie gestellten Erwartungen.

Zusätzliche Produktionsvorrichtungen
Noch während der Erprobung begann bei Henschel die Fertigung von zehn Vorserienflugzeugen Hs 126 A-0. Sie waren mit dem Bramo 323 ausgerüstet und konnten nach Verzögerungen wegen der Motorverfügbarkeit ab März 1938 ausgeliefert werden. Einige von ihnen gingen zur Truppenerprobung an die neu aufgestellten Aufklärungsgruppen (H) der Luftwaffe. Im April 1938 flog auch die erste Hs 126 A-1. Es waren nun 418 Serienflugzeuge geplant, was den Bau zusätzlicher Produktionsvorrichtungen erforderte. Zudem war bereits 1937 das AGO-Werk in Oschersleben für den Lizenzbau ausgewählt worden.
Aufklärungsgruppe der Luftwaffe
Im September 1938 verfügten die Aufklärungsgruppen (H) der Luftwaffe über 42 Hs 126 der Baureihen A-0 und A-1. Von ihnen waren 35 Maschinen flugklar. Um mit diesem Typ militärische Erfahrungen sammeln zu können, wurden im Spätherbst 1938 sechs Flugzeuge nach Spanien gebracht. Hier lösten sie die veralteten He-45-Doppeldecker ab, die bis dahin bei der Aufklärungsgruppe A/88 der Legion Condor im Einsatz standen. Die Hs 126 wurden hauptsächlich für die taktische Aufklärung, aber auch für Störangriffe in der letzten Phase des Spanischen Bürgerkrieges verwendet und bewährten sich sehr gut. Während der Kämpfe ging eine Maschine verloren, die restlichen fünf wurden der spanischen Ejército del Aire überlassen.

Im April 1939 ging bei Henschel noch ein Auftrag der griechischen Regierung über 16 Hs 126 K-6 ein. Diese Maschinen erhielt die 3. Heeresflieger-Verbindungsstaffel der Königlich Griechischen Luftwaffe, wobei die stark vom Winterwetter behinderten Überführungsflüge im Dezember 1939 und im Januar/Februar 1940 erfolgten. Im Mai 1940 wurden schließlich noch fünf Hs 126 K-7 an die estnischen Luftstreitkräfte abgeliefert, bevor der Rest der Bestellung durch das RLM requiriert wurde.
Erste Einsätze im Polenfeldzug
Obwohl inzwischen auch die Lieferung der als Nachfolger vorgesehenen zweimotorigen Focke-Wulf Fw 189 (Erstflug 23. Juli 1938) begonnen hatte, lief die Fertigung der Hs 126 bei Henschel und AGO 1939 und 1940 noch auf vollen Touren, darunter auch die der Hs 126 B-1. Serienmäßig kamen bei der B-1 die Baureihen A-1, A-2, 0-1 oder 0-2 des BMW Bramo 323 Fafnir zum Einbau. Es wurde eine dreiblättrige Verstellluftschraube von VDM mit einem Durchmesser von 3,60 m verwendet. Außerdem wurde eine verbesserte Funkausrüstung eingebaut, zu der auch standardmäßig ein UKW-Sprechgerät FuG 17 von Lorenz gehörte. Das letzte Flugzeug verließ dann am 28. November 1940 die Taktstraße in Johannisthal, AGO lieferte seine letzte Maschine wohl im Mai 1941 aus. Insgesamt wurden inklusive der Versuchsmuster 884 Maschinen gebaut.

Ausbruch des Zweiten Weltkrieges
Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im September 1939 verfügte die Luftwaffe über 275 Henschel Hs 126. Sie ersetzten die veralteten He 45 und He 46 als Nahaufklärer, die bis dahin von den Aufklärungsgruppen der vier Luftflotten geflogen wurden. Nur 13 von insgesamt 36 Staffeln verwendeten weiterhin die älteren Maschinen. Für den Feldzug in Polen standen der Luftflotte 1 neun Aufklärungsstaffeln zur Verfügung. Es waren dies die 1. und 2. Staffel der Aufklärungsgruppe 10, die 1. Staffel der Aufklärungsgruppe 11, die 1., 2. und 3. Staffel der Aufklärungsgruppe 21 sowie die 1., 2. und 3. Staffel der Aufklärungsgruppe 41. Einige von ihnen setzten neben der Hs 126 auch noch die He 46 ein.
Die Luftflotte 4, die sich ebenfalls am Polenfeldzug beteiligte, verfügte über vier mit Hs 126 ausgerüstete Staffeln: 1., 2. und 3. Staffel der Aufklärungsgruppe 14 sowie die 1.(H)/31. Während des Polenfeldzuges versahen alle diese Maschinen ihren Dienst fast ausschließlich als Nahaufklärer, wurden allerdings auch zur Artilleriebeobachtung und für Verbindungszwecke eingesetzt. Gelegentlich flogen sie sogar mit ihren 10-kg-Bomben Tiefangriffe. Durch das Fehlen einer wirksamen polnischen Luftabwehr konnten die Hs-126-Aufklärer nahezu ungestört operieren und dementsprechend hielten sich auch ihre Verluste im Rahmen.

Russlandfeldzug
Weitere mit Hs 126 ausgerüstete Einheiten waren die 1., 2. und 3.(H)/12 der Luftflotte 2 in Norddeutschland sowie die 1., 2., 3., 4. und 5.(H)/13, die 4.(H)/22 und 1.(H)/23 der Luftflotte 3 in Süddeutschland. Auch bei ihnen wurde als Nahaufklärer zum Teil noch der veraltete Typ He 46 verwendet. Einige der erwähnten Einheiten flogen in den ersten Monaten des Zweiten Weltkriegs taktische Aufklärung über dem Gebiet der französischen Maginot-Linie. Dabei kam es zu den ersten Luftkämpfen mit gegnerischen Jägern, und trotz der schwachen Abwehrbewaffnung der Hs 126 erlitten diese Einheiten nur leichte Verluste. Doch das änderte sich bald, denn in den ersten Monaten des Jahres 1940 stiegen die Verluste unter den deutschen Nahaufklärern erschreckend an. Dies wurde noch schlimmer, als im Juni 1941 der Russlandfeldzug begann. Dafür wurden alle Aufklärungsstaffeln (H) mit etwa 340 Hs 126 an die Ostfront verlegt. Lediglich die 2. Staffel der Aufklärungsgruppe 14 flog ihre Einsätze über dem nordafrikanischen Kriegsschauplatz. Sie erhielt Hs 126 B-1 mit vergrößerten Kühlern und Staubabdeckungen.
Partisanenbekämpfung auf dem Balkan
Ab Frühjahr 1942 wurden nahezu alle Hs 126 aus der vorderen Reihe der Frontflugzeuge abgezogen und nur noch für untergeordnete Aufgaben verwendet, zum Beispiel von der II. und III. Gruppe des Luftlandegeschwaders 1 als Schleppflugzeuge für Lastensegler des Typs DFS 230. Im Jahre 1943 kamen einige Maschinen nochmals zum Einsatz, und zwar als Nachtschlachtflugzeuge in Nachtschlachtgruppen an der Ostfront und zur Partisanenbekämpfung auf dem Balkan.

Durch die Verluste schrumpfte die Zahl der verfügbaren Hs 126 rapide. Schon bis August 1941 waren rund 310 Maschinen verloren gegangen. Bis Ende 1942 kamen noch einmal etwa 400 Verluste hinzu, und bis zum 31. März 1943 sank der Bestand auf nur noch 119 Flugzeuge. Die letzten knapp zwei Dutzend Hs 126 flogen im Herbst 1944 noch als Schleppflugzeuge bei der Schleppgruppe 1 und der III./Luftlandegeschwader 1. Danach gab es 1945 noch Berichte von Flügen in Kärnten beim Rückzug in die "Alpenfestung".

Technische Daten
Henschel Hs 126 B-1
Hersteller: Henschel Flugzeug-Werke AG
Typ: Nahaufklärer
Besatzung: 2 (Pilot und Beobachter)
Antrieb: Bramo-323-Sternmotor
Leistung: 660 kW (900 PS)
Länge: 10,85 m
Höhe: 4,38 m
Spannweite: 14,50 m
Flügelfläche: 31,6 m2
Leermasse: 2090 kg
max. Startmasse: 3270 kg
Höchstgeschwindigkeit: 355 km/h
Steigzeit auf 6000 m: 15,5 min
Dienstgipfelhöhe: 8900 m
Reichweite: 1000 km
Bewaffnung: MG 17 im Bug, bewegliches MG 15, Bomben (10 x 10 kg, 50 kg)