Atombombe von Hiroshima: Das vergessene Schicksal der 12 getöteten US-Soldaten

Vergessenes Schicksal bei Atombomben-Abwurf
Die toten US-Piloten von Hiroshima

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ArtikeldatumVeröffentlicht am 09.08.2025
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Als am 6. August 1945 die Atombombe über Hiroshima in Japan explodierte, waren die Einwohner im Zentrum der Stadt sofort tot. Bis Ende des Jahres waren 140 000 Menschen gestorben. Jahrzehntelang blieb unbekannt, dass sich unter diesen Toten auch zwölf amerikanische Soldaten in japanischer Kriegsgefangenschaft befunden hatten. Erst das Buch des Historikers Shigeaki Mori machte 2008 diese lang verheimlichte Tatsache bekannt. Heute befindet sich an der Stelle des ehemaligen Hauptquartiers der Militärpolizei in Hiroshima eine kleine Gedenktafel, die an das Schicksal der Männer erinnert.

Crew eines der US-Bomber, die beim Angriff auf Hiroshima getöten wurden
Sammlung Stumberger

Kriegsgefangenschaft in Hiroshima

Kure ist eine Hafenstadt gut 20 Kilometer südlich von Hiroshima, wo auch heute noch das Hauptquartier der japanischen Marine seinen Sitz hat. In den Werften von Kure wurden während des Zweiten Weltkrieges japanische Schlachtschiffe wie die riesige "Yamato" gebaut. Im Juli 1945 war der Hafen voll von Kriegsschiffen – diese waren das Ziel der amerikanischen Bomberflotte, die am 28. Juli 1945 von Okinawa aus startete. Mit dabei waren die beiden B-24-Bomber "Lonesome Lady" und "Taloa", deren Bomben dem japanischen Schlachtschiff "Haruna" galten. Als die 33 Liberator-Bomber der 494th Bombergruppe über dem Schiff auftauchten, erwartete sie heftiges Abwehrfeuer der Flak. Die "Lonesome Lady" mit Pilot Thomas Cartwright konnte ihre Bomben abwerfen, wurde aber vom Abwehrfeuer getroffen und ging in Flammen auf. Der Crew blieb nichts anderes übrig, als über die Bombenluken hintereinander aus dem brennenden Flugzeug auszusteigen. Nach der Landung mit den Fallschirmen wurden die Amerikaner von den Japanern gefangen genommen (bis auf den Navigator, dessen Skelett 1947 gefunden wurde). Weniger Glück hatte die Besatzung des Liberator-Bombers "Taloa", der nach seinem Abschuss eine Bruchlandung hinlegte. Fünf der Besatzungsmitglieder waren schon tot, als das Flugzeug am Boden aufprallte. Drei Soldaten starben beim Absprung mit dem Fallschirm. Überlebt hatten die Crewmitglieder Julius Molnar und Charles Baumgartner, die ebenfalls in japanische Gefangenschaft kamen. Das gleiche Schicksal ereilte Pilot Raymond Porter und Bordschütze Norman Brissette, die mit ihrer Curtiss SB2C "Helldiver" vom US-Flugzeugträger "Ticonderoga" aus gestartet waren. Ihr Auftrag lautete, den japanischen Kreuzer "Tone" anzugreifen. Sie wurden über der japanischen Inlandsee abgeschossen und von einheimischen Fischern aus dem Wasser gezogen. Drei Tage zuvor war dort auch Pilot John Hantschel mit seinem Grumman F6F Hellcat-Jäger abgeschossen worden. Das Schicksal dieser Männer entschied sich, als sie als Kriegsgefangene in das Hauptquartier der Militärpolizei von Chugoku nach Hiroshima gebracht wurden. Lediglich Crewkapitän Thomas Cartwright wurde nach seiner Gefangennahme zum Verhör nach Tokio gebracht – ein Umstand, der ihm kurze Zeit später das Leben retten sollte. Die anderen aber, darunter die Crewmitglieder der "Lonesome Lady" namens Durden Looper (Co-Pilot), James Ryan (Bombenschütze), John Long (Schütze), Buford Ellison (Flugingenieur), Hugh Atkinson (Funker) und Ralph Neal (Schütze) wurden in Hiroshima gefangen gehalten und verhört.

Von Atombombe vernichtete Fläche in Hiroshima
Sammlung Stumberger

Atombomben-Angriff

Am 6. August 1945 explodierte um 8.15 Uhr die Atombombe in 600 Metern Höhe über Hiroshima. Das Zentrum der Explosion lag in der Stadtmitte, direkt über einem Hospital. Das Hauptquartier der Militärpolizei lag nur wenige hundert Meter davon entfernt, auch hier überlebte niemand die Explosion. Schütze Ralph Neal und Navy-Angehöriger Norman Brissette waren an einem anderen Ort untergebracht und überlebten zunächst, starben aber schließlich auch. Die Leichen wurden in Massengräbern beigesetzt. Jahrzehntelang war das Schicksal dieser US-Soldaten ungeklärt, sie galten offiziell als vermisst. Die US-Regierung hatte wenig Interesse daran, der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass beim Abwurf der ersten Atombombe in der Geschichte der Menschheit auch eigene Leute getötet worden waren. Erst vor wenigen Jahren tauchte ein Dokument vom 20. Dezember 1948 auf, das Teil einer Untersuchung von japanischen Kriegsverbrechen war. Darin verneinte das US-Militär aber, dass die zwölf Soldaten Opfer von Gräueltaten geworden waren, es wurde keine Strafverfolgung eingeleitet. Im Umkehrschluss heißt das, dass sie Opfer der Bombe wurden. 1983 räumte das US-Militär in der Antwort auf die Anfrage eines Historikers zum ersten Mal ein, dass die zwölf Soldaten tot waren. Im Jahr 2008 erschien das Buch "Die geheime Geschichte der amerikanischen Kriegsgefangenen, die durch die Atombombe getötet wurden" des japanischen Historikers Mori. 2016 erwähnte der damalige US-Präsident Barack Obama bei seinem Besuch in Hiroshima in seiner Rede das Schicksal der "ein Dutzend gefangenen Amerikaner". Heute erinnern zwei Gedenktafeln in den USA und eine unscheinbare am ehemaligen Standort der Militärpolizei in Hiroshima an die Soldaten. Die Atombombe hatte alles Leben im Umkreis ihrer Detonation vernichtet – und eben auch zwölf Amerikaner.