Jäger und Jagdbomber Dassault Mystere

Jäger und Jagdbomber
Dassault Mystère

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Zuletzt aktualisiert am 11.05.2018

Der wendige und robuste, einstrahlige Tagjäger entstand als Weiterentwicklung seines direkten, wesentlich konventionelleren Vorläufers Dassault Ouragan („Wirbelsturm“), mit einem um 30 Grad gepfeilten Flügel und verbessertem Leitwerk. Den ersten Mystère-Prototyp baute Dassault, noch bevor die erste Ouragan an die französische Luftwaffe ausgeliefert worden war, aus einer vorhandenen Ouragan-Zelle um, wobei sogar deren ursprüngliches Hispano-Nene-Triebwerk übernommen wurde. Diese sogenannte Mystère I startete mit Constantin Rozanoff am Steuer am 23. Februar 1951 zum Erstflug. Zwei weitere Prototypen folgten, und schon im April 1951 erging der erste Auftrag des französischen Verteidigungsministeriums für eine Vorserie von 17 Flugzeugen, die aber vom stärkeren Hispano-Lizenzbau des Tay-Triebwerks (28 kN Trockenschub) angetrieben werden sollten. Deren elf letzte Flugzeuge wurden für das noch stärkere Atar-Triebwerk mit Axialverdichter und 37,3 Kilonewton Nachbrennerschub modifiziert. Auch mit der Bewaffnung experimentierte Dassault. Während die ersten beiden Mystère II A vier Hispano-20-mm-Bordkanonen hatten, waren vier Mystère IIB mit 30-mm-DEFA-Revolverkanonen bewaffnet. Die französische Luftwaffe bestellte schließlich 150 Mystère IIC mit doppelten DEFA-Bordkanonen und Atar-101D-Turbojet (Trockenschub: 29,4 kN), die bis 1957 ausgeliefert wurden.

Dassault entwickelte ständig weiter

Doch noch während die IIC einsatztauglich gemacht wurde, reifte mit der Mystère IV – der zwischenzeitlich entworfene Nachtjäger Mystere III war ein Einzelstück geblieben –, ein deutlich besserer Nachfolger heran. Dieser völlig neu konstruierte Entwurf optimierte das Konzept der Mystère II. Die stärker an die amerikanische Sabre angelehnte Form hatte einen noch stärker gepfeilten Flügel, die beiden DEFA-Bordkanonen und das Triebwerk Rolls-Royce Tay 250. Letzteres wurde in der Serie abgelöst von der bei Hispano gebauten, stärkeren Tay-Lizenzversion Verdon 350 mit 34,3 Kilonewton Schubleistung. Schon nach einem Prototyp wurden 225 Serienflugzeuge der Mystère IV A bestellt. Diese erhielt Frankreich im Rahmen der damaligen NATO-Hilfe auf amerikanische Kosten. 100 weitere Flugzeuge orderte die Grande Nation aber auch noch auf eigene Rechnung.

An ihren vier Unterflügelstationen für 900 Kilogramm Lasten beförderte die Mystère IV typischerweise zwei Zusatztanks, um ihre zu geringe Reichweite zu verbessern, sowie Bomben oder ungelenkte Raketen. Der Jagdbomber kam früh zu Kriegseinsätzen: So wurde ein Los von 24 Mystère IV A schon kurz nach der Lieferung nach Israel im April 1956 ab Oktober 1956 im Sinai-Krieg zum Kampf. Auch französische Mystère IV A kamen in diesem Konflikt zum Einsatz, nach dessen Ende Frankreich noch weitere 32 Flugzeuge an Israel lieferte. Dort flogen die Mystères auch noch einmal im Sechstagekrieg 1967. Als weiterer Kunde erhielt seit 1957 Indien 110 Mystère IV A mit Verdon-Triebwerk. Diese Flugzeuge wurden 1965 im Indisch-Pakistanischen Konflikt eingesetzt.

Radar in der "Oberlippe"

Unterdessen folgte bei Dassault die verbesserte Mystère IV B mit Nachbrenner-Triebwerk. Wieder wurde der Entwurf grundsätzlich überarbeitet. So wurden Rumpf und Leitwerk umkonstruiert, und der Lufteinlauf erhielt nach dem Muster der F-86 eine verdickte „Oberlippe“ für das Feuerleitradar. Die erste Mystère IV B flog im Dezember 1953. Ihr Triebwerk Rolls-Royce Avon RA.7R mit Axialverdichter kam auf satte 42,5 Kilonewton Nachbrennerschub. Prototypen wurden auch mit dem Atar 101F erprobt. Die ersten beiden Vorserienflugzeuge testete Dassault mit einem zusätzlichen Raketenhilfsantrieb, der sich aber nicht bewährte. 

Währenddessen arbeitete der Flugzeughersteller mit der Super Mystère an einer nochmals besseren Nachfolgeversion. Die dadurch schon wieder überholte Mystère IV B kam deshalb nicht mehr in die Serienfertigung. Nur eine doppelsitzige Nachtjägervariante wurde als Mystère IV N 1954 erprobt. Doch die geringe Reichweite und Probleme mit dem Radar führten zur Stornierung der Version. Stattdessen übernahm die Sud-Ouest Vautour II N deren Aufgaben in der Nachtjägerrolle. Der technische Höhepunkt der Mystère-Familie war die Super Mystère. Die entfernt an die Super Sabre erinnernde, aber deutlich kleinere Kon-struktion flog im März 1955 erstmals mit einem Avon-RA.7R-Triebwerk. Die Flügel waren nun um 45 Grad gepfeilt, und schon der Prototyp durchbrach einen Tag nach dem Jungfernflug im Geradeausflug die Schallmauer. Nach fünf Vorserienflugzeugen (Super Mystère B2) mit dem Snecma Atar 101G erhielten die Serienflugzeuge ab Februar 1957 verbesserte Atar 101G-2 oder G-3 mit 33,1 Kilonewton Trockenschub und 43,75 Kilonewton Nachbrennerschub. Für die Bewaffnung blieb Dassault bei den bewährten DEFA-30-mm-Bordkanonen. Die Mitnahme von bis zu 35 ungelenkten Matra-Raketen gab man bald auf. Stattdessen wurden, neben den weiterhin üblichen Zusatztanks, funkgesteuerte AS-30-Raketen oder Luft-Luft-Raketen vom Typ Sidewinder installiert. 

Bis Ende 1959 wurden 180 Super Mystère B2 an die französischen Luftstreitkräfte geliefert. 36 Flugzeuge aus diesem Beschaffungsauftrag wurden an Israel abgegeben. Hier verballhornte man die Kurzform der französischen Typenbezeichnung „SMB deux“ zum lautmalerisch ausgesprochenen Kunstwort „Sambad“. Israel setzte seine Sambad 1967 im Sechstagekrieg und 1973 im Yom-Kippur-Krieg ein. Ein Teil des Bestandes wurde sogar auf die Pratt & Whitney-J52-P8A-Triebwerke der Skyhawk umgerüstet, wofür der Rumpf verlängert werden musste. Außerdem baute Israel eine moderne Avionik und stärkere Bombenträger ein. Ein Dutzend dieser umgebauten Super Mystères verkauften die Israelis noch 1977 nach Honduras weiter. Dort flogen sie, als weltweit letzte Mitglieder der Mystère-Familie, immerhin noch bis zum Jahr 1989. In Frankreich hatte die allwettertaugliche Dassault Mirage die Mystère schon längst abgelöst. In der französischen Luftwaffe drängte die Mirage die Mystère zunehmend in Unterstützungsrollen als Erdkämpfer und Fortgeschrittenentrainer. 1982 schieden in Frankreich die letzten Flugzeuge aus dem Bestand aus.

Technische Daten

Dassault Mystère IV A
Einstrahliger Jäger und Jagdbomber

Besatzung: ein Pilot
Antrieb: ein Strahltriebwerk Hispano-Suiza Verdon 350 mit 34,3 kN Schub
Länge: 12,85 m
Spannweite: 11,12  m
Flügelfläche: 32 m²
Leermasse: 5870 kg
max. Startmasse: 9500 kg
Höchstgeschwindigkeit: 1120 km/h
Dienstgipfelhöhe: 15 000 m
Reichweite: 915 km (mit Zusatztanks: 1320 km)
Bewaffnung: zwei Bordkanonen DEFA, Kal. 30 mm, außerdem Bomben oder ungelenkte Raketen unter den Flügeln

Klassiker der Luftfahrt Ausgabe 01/2016