Hawker Hurricane
Das Leben der Hurricane begann 1933, als Hawker Aircraft sich an der Ausschreibung F.7/30 des britischen Air Ministry für einen schnellen Jäger beteiligte. Doch Hawkers Konzept für den Tiefdecker, damals mit offenem Cockpit, festem Fahrwerk und 600-PS-Motor, unterlag, übrigens genauso wie der frühe Spitfire-Vorläufer Type 300, dem rustikalen Doppeldecker Gloster Gladiator. Doch Hawker-Chefkonstrukteur Sidney Camm gab sich nicht geschlagen und rüstete, mit Unterstützung des Air Ministry, ab 1934 seinen Entwurf als F.36/34 für den gerade in der Entwicklung befindlichen, wesentlich stärkeren Rolls-Royce Zwölfzylindermotor PV-12 um.
Die überarbeitete Hurricane verfügte nun über ein Einziehfahrwerk, ein geschlossenes Cockpit und einen vergrößerten, auf das 1000-PS-Triebwerk abgestimmten Bauchkühler. Am 6. November 1935 startete Flight Lieutenant Bulman mit Prototyp K5083 in Brooklands zum erfolgreichen Erstflug. Noch ohne festen Auftrag begann Hawker schon im März 1936 mit der Vorbereitung der Großserienproduktion. Erst im Juni 1936 bestellte das Air Ministry das erste Los von 600 Flugzeugen. Nun erhielt der Jäger auch seinen offiziellen Namen: Hurricane.
Die erste Serienversion Hurricane Mk I nutzte den verbesserten Merlin II und erhielt eine Bewaffnung mit acht Browning-MG. Schon im Dezember 1937 übernahm die 111 Squadron in Northolt die ersten vier Flugzeuge. Ende 1938 wurden monatlich bereits acht Flugzeuge produziert. Noch vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erhielten auch Jugoslawien, Südafrika und Rumänien die Hurricane. Aufträge aus Kanada, Persien, der Türkei, Polen und Belgien gingen ebenfalls ein. Teilweise wurden auch die Montage oder der Lizenzbau angestrebt.
Beim Kriegseintritt Großbritanniens am 3. September 1939 standen der RAF 497 Hurricanes zur Verfügung. Am 8. September verlegten die No. 1, No. 73, No. 85 und No. 87 Squadron nach Frankreich. Am 30. Oktober 1939 errang eine Hurricane der No. 1 Squadron gegen eine Dornier Do 17 den ersten RAF-Luftsieg im Zweiten Weltkrieg. 1940 kamen im finnisch-sowjetischen Winterkrieg zwölf finnische Hurricanes zum Einsatz. In Norwegen setzte die RAF bald auch eigene Hurricanes ein, die versuchsweise mit Zusatztanks und sogar Schwimmern ausgestattet wurden.
Es war eine Hurricane der No. 145 Squadron, die am 8. August 1940 die ersten Schüsse der Luftschlacht um England auf Junkers Ju 87 der St.G 3 abgab. Unterdessen lief die Produktion der Hurricane in Brooklands und in einem neuen Werk in Langley sowie in den Lizenzwerken in Kanada und bei Gloster hoch.Technisch wurde die Hurricane im Lauf des Krieges mit Verstellpropellern, neuen Motorversionen, verbesserten Flügeln und mit bis zu zwölf MGs oder vier Bordkanonen als Bewaffnung aufgewertet. Außerdem verzichtete man auf die stoffbespannten Teile der Verkleidung und ersetzte diese, trotz kriegsbedingter Materialknappheit, durch Aluminium, wo es möglich war.
Sea Hurricane flog auch als "Wegwerf"-Jäger

Zu den zahlreichen Varianten der Hurricane gehörten offene Trainer, die in Persien und in der Sowjetunion zum Einsatz kamen, und solche mit festem Skifahrwerk anstelle des Einzieh-Radfahrwerks. Es gab reine Konzeptstudien für Hurricanes mit Laminarflügel oder gar für Doppeldecker. Tatsächlich geflogen ist 1941 versuchsweise eine Hurricane mit deutschem DB-601A-Austauschmotor. Das jugoslawische Lizenzwerk Zenum erprobte diese Variante, die gegenüber der damaligen Serien-Hurricane überlegene Flugleistungen erzielt haben soll.
Den exotischsten Einsatzraum hatten aber die bordgestützten Sea Hurricanes der Royal Navy. Sie waren auf notdürftig umgebauten Handelsschiffen mit Katapult, den „Catapult Aircraft Merchantmen“ (CAM), stationiert. Diese „Wegwerf“-Bordflugzeuge sollten alliierte Geleitzüge vor deutschen Seefernaufklärern schützen und wurden unter älteren Hurricane-Versionen für den See-Einsatz ausgewählt. Anders als die seit März 1941 ausgelieferte reguläre Marine-Trägerversion der Sea Hurricane mit Fanghaken und Katapultbeschlägen musste die Version der Sea Hurricane Mk IA für ihre CAM-Einsätze nicht mehr landen können. Jeder Einsatz endete mit dem Verlust des Flugzeugs. Der verwegene Pilot sprang, laut Planung, nahe seines Startschiffes per Fallschirm ab und wurde von diesem aus dem Wasser gefischt. Immerhin gelang mit dieser Methode am 3. August 1941 einer Sea Hurricane Mk IA der No. 804 Squadron der erste Abschuss einer deutschen Focke-Wulf Fw 200 C.
Zwei Monate später gingen die Briten zur Nutzung etwas größerer Behelfs-Flugzeugträger für den Schutz von Geleitzügen, etwa nach Russland, über. Die sogenannten „Merchant Aircraft Carriers“ (MAC) verfügten über ein Katapult und ein sehr kurzes Behelfs-Landedeck, so dass ihre wenigen Bordflugzeuge nach einem Einsatz zurückkehren konnten. Allerdings gab es keinen Hangar. Die Flugzeuge mussten ständig unter Planen in der salzhaltigen Meeresluft parken. Deshalb waren viele Sea Hurricanes Mk IB nach nur dreißig Flugstunden wegen Korrosion verschlissen.
Bei der alliierten Landung in Nordafrika, 1942, und beim Schutz von Geleitzügen vor Malta bewährte sich die Sea Hurricane dennoch als Verteidiger größerer Schiffsverbände. Danach übernahmen zunehmend „richtige“ Flugzeugträger, und als Flugzeugmuster kamen nun leistungsfähigere Seafires und Hellcats zum Einsatz. Auf den verbliebenen Behelfsflugzeugträgern löste dagegen die Wildcat die Sea Hurricane ab.
Schon im September 1944 endete die Serienproduktion der Hurricane. Beeindruckende 14 533 Flugzeuge aller Versionen waren gebaut worden, 1451 davon in Kanada. Alleine die Sowjetunion hatte während des Krieges 2952 Flugzeuge als westliche Militärhilfe im Rahmen der Lend-Lease-Verträge erhalten.
Nach dem Krieg waren Hurricanes unter anderem noch in Irland, Portugal und Persien im Einsatz. In England kaufte Hawker die letzte Hurricane (PZ865) von der RAF zurück und ließ sie als G-AMAU zivil zu. Nach Unfällen und mehreren großen Reparaturen ist dieses Flugzeug als Mitglied des Traditionsverbands Battle of Britain Memorial Flight der RAF heute wieder flugfähig.
Technische Daten





Hawker Hurricane
Hersteller: Hawker Aircraft
Typ: einsitziges Jagdflugzeug und Jagdbomber
Triebwerk: Rolls-Royce Merlin XX
Leistung: 941 kW/1280 PS
Länge: 9,83 m
Höhe: 3,99 m
Spannweite: 12,20 m
Leermasse: 2563 kg
Startmasse: 3491 kg (maximal 3712 kg)
Höchstgeschwindigkeit: 537 km/h
Dienstgipfelhöhe: 10860 m
Reichweite: 736 km
Bewaffnung: vier 20-mm-MK mit 364 Schuss und maximal 453 kg Bomben
Klassiker der Luftfahrt Ausgabe 07/2013