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Überschalltrainer Mitsubishi T-2

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Mit ihrem ersten Überschallflugzeug wollten sich die Japaner wichtiges Know-how im Flugzeugbau aneignen. Mit Erfolg: Vor fast fünf Jahrzehnten Jahren startete die T-2 zu ihrem Erstflug. Allerdings stiegen die Kosten aufgrund der beschränkten Stückzahl enorm.

Überschalltrainer Mitsubishi T-2

Oft wird die Mitsubishi T-2 als „japanischer Jaguar“ bezeichnet, doch es handelt sich um zwei komplett unterschiedliche Flugzeuge. Allerdings kommt die Ähnlichkeit nicht von ungefähr. Anfang der 60er-Jahre sahen sich die japanischen Luftstreitkräfte mit dem Problem konfrontiert, dass ihre zur Fortgeschrittenenschulung genutzten North American F-86F Sabre zunehmend veralteten. Sie bildeten den Übergang von der T-33 zum F-104J Starfighter. Ein neues Muster sollte die betagte Sabre ersetzen und so die Gesamtausbildungszeit für einen Piloten von 530 auf 380 Flugstunden reduzieren. Als Kandidat für eine Lizenzfertigung galt der Sepecat Jaguar, doch man konnte sich wohl nicht über die Lizenzgebühren einigen. Die Japan Air Self-Defense Force (JASDF) bevorzugte daraufhin die Einführung der Northrop T-38. Aus politischen Gründen fiel aber die Entscheidung, ein eigenes Muster zu entwickeln, um Erfahrungen im Bereich von überschallschnellen Jets zu sammeln – auch wenn dies höhere Kosten bedeutete.

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Japanischer Wettbewerb

Anfang 1966 forderte die Defense Agency die drei großen Luftfahrtirmen in Japan – Fuji, Kawasaki und Mitsubishi – auf, entsprechende Entwürfe für das T-X-Programm abzugeben. Wenig später erweiterte sie die Spezifikation um die Rolle der Erdkampfunterstützung, da die F-86F auch in dieser Aufgabe zu ersetzen war. Die Trainerfunktion blieb aber vorrangig, da sie sich politisch besser vertreten ließ. Am 8. Februar 1967 präsentierten Fuji und Mitsubishi ihre Vorschläge, Kawasaki hatte sich mittlerweile zurückgezogen. Nach der Verkündung des Siegs von Mitsubishi am 5. September 1967 bildete die gesamte Industrie eine eigene Entwicklungsgruppe. Das Advanced Supersonic Trainer Engineering Team stand unter der Leitung von Dr. Kenji Ikeda, dem Chefkonstrukteur von Mitsubishi. Mitsubishi war für den Vorder- und Mittelrumpf sowie für die Endmontage verantwortlich, der Programmanteil lag bei 70 Prozent (ohne Triebwerk). Fuji oblag die Fertigung des hinteren Rumpfs sowie der Tragflächen. Nihon Hikoki steuerte die Außenlaststationen, Shin Meiwa die Zusatztanks bei.

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Sepecat Jaguar als Vorbild

Der Jaguar schien die Ingenieure beeindruckt zu haben, denn sie wählten eine ähnliche allgemeine Auslegung als Schulterdecker. Der in Halbschalenbauweise ausgeführte Rumpf war rund 25 Prozent leichter als der der F-104J und beinhaltete sieben Kraftstoffbehälter mit einer Gesamtkapazität von 3820 Litern. Die Tragfläche besaß eine negative V-Stellung von neun Grad und die damals typischen Sägezahn-Vorderkanten. Die Flügel hatten keine Querruder, sondern jeweils eine große Landeklappe mit zwei Spoilern davor.
Als Antrieb der nun als T-2 bezeichneten Maschine entschied sich die Gruppe am 15. Februar 1968 für das auch im Jaguar verwendete Adour von Rolls-Royce und Turbomeca. Das Triebwerk wurde nach den ersten zwölf in Europa gebauten Exemplaren in Lizenz bei Ishikawajima Harima Heavy Industries (IHI) gefertigt. Schon am 24. April 1968 zeigte Mitsubishi in Nagoya die erste Attrappe der T-2, deren Grundentwurf von der JASDF genehmigt wurde. Am 28. März bestellten die Militärs zwei XT-2-Prototypen sowie eine Zelle für Belastungsversuche.

Bereit zum Erstflug

Die Konstruktion schritt recht zügig voran, so dass am 20. Juli 1971 die beiden Mitsubishi-Testpiloten Kenshiro Endo und Mitsuo Sato in Nagoya-Komaki zum Erstflug starten konnten. Der Jet mit der Kennung 19-5101 erreichte während des 38-minütigen Flugs eine Höhe von 6000 Metern und eine Geschwindigkeit von 851 km/h.

Beim 30. Flug am 19. November 1971 stieß die XT-2 als erstes japanisches Flugzeug in Überschallregionen vor: Sie erzielte Mach 1.03 in 9100 Metern Höhe. Nach der Werkserprobung überführte Mitsubishi den ersten Prototyp am 15. Dezember 1971 zum Flugerprobungszentrum der JASDF nach Gifu. Knapp zwei Wochen zuvor, am 2. Dezember, war die zweite Maschine erstmals geflogen. Zwei weitere Prototypen folgten am 28. April 1972 und 20. Juli 1972.

Guter Entwurf, hohe Kosten

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Der Prototyp trug anfangs noch keine Markierungen. Die Auslegung der T-2 ähnelt der des SEPECAT Jaguar, aber es handelt sich um zwei komplett eigenständige Entwürfe. Foto und Copyright: KL-Dokumentation

Die Tests verliefen ohne größere Zwischenfälle. Allerdings mussten die Konstrukteure einige Kinderkrankheiten beheben. So erwiesen sich die Spoiler bei niedrigen Geschwindigkeiten als nicht so wirksam wie vorgesehen und mussten modifiziert werden. Außerdem mangelte es in manchen Flugbereichen an Längsstabilität, was eine Änderung der Flügelwurzelverkleidung nötig machte.
Schwerwiegender waren jedoch die Kostensteigerungen; schon vor dem Roll-out war der voraussichtliche Stückpreis von umgerechnet 3,5 auf fünf Millionen Dollar gestiegen. Aufgrund von Wirtschaftskrise und Inflation stand das Programm mehrfach vor der Stornierung. Außerdem verbreitete die damals drohende Pleite von Rolls-Royce Unsicherheit, da die Adour-Produktion in Japan noch nicht vollständig angelaufen war. Alternative Szenarien sahen eine Lizenzfertigung der Northrop F-5 oder gar die Ausstattung der T-2 mit einem J79 von General Electric vor.

Trotzdem bestellte die Defense Agency am 31. März 1973 insgesamt 20 Trainer, und am 21. Januar 1974 genehmigte das Parlament 22 weitere Flugzeuge, davon elf T-2A-Kampftrainer. Sie erhielten eine 20-mm-Vulcan-Kanone samt Zieleinrichtung und Feuerleitsystem und wurden intern als T-2 (K) „Koki“ bezeichnet. Die unbewaffneten Flugzeuge hießen T-2 (Z) „Zenki“. Gleichzeitig lief die Entwicklung der einsitzigen Kampfausführung F-1, damals noch unter der Bezeichnung FS-T2 kai. Die wesentlichen Unterschiede lagen in der Metallverkleidung des hinteren Cockpits, das nun zusätzliche Avionik enthielt.

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Mit der T-2 sammelte Japan wichtige Erfahrungen im Kampfflugzeugbau.

Formationskunstflug mit T-2

Derweil gründete die JASDF am 31. März 1975 beim 4. Geschwader (Kokudan) in Matsushima die Einsatzerprobungsstaffel „Rinji T-2 Kunrentai“. Am 1. Oktober 1976 erlangte die T-2 ihre Einsatzbereitschaft, und die Einheit wurde zu einer normalen Staffel, der 21. Hikotai. Die 22. Hikotai folgte am 5. April 1978. Im Jahr 1982 löste die T-2 die Sabre auch bei der in Matsushima stationierten Kunstflugstaffel „Blue Impulse“ ab. Allerdings stürzte eine Maschine am 14. November 1982 bei einer Vorführung in Hamamatsu ab, der Pilot kam ums Leben, zwölf Zuschauer wurden verletzt. Dennoch flog die T-2 noch bis 1995 bei der Staffel, bis die Kawasaki T-4 übernahm.

Die mit der F-1 ausgerüsteten Staffeln in Misawa und Tsuiki erhielten zudem einige Maschinen als Trainer. Von 1982 bis 1994 befanden sich auch mehrere T-2 im Einsatz bei der Aggressor-Staffel „Hiko Kyodotai“ in Nyutabaru. Nachdem drei Jets der Einheit bei Unfällen verloren gegangen waren, musste die JASDF zusammen mit Mitsubishi im Jahr 1989 eine Strukturuntersuchung durchführen, da die Jets höheren Belastungen ausgesetzt waren. Sie wurden später durch die F-15 Eagle ersetzt.

Nur 96 Flugzeuge

Mitsubishi lieferte das letzte von 96 Exemplaren der T-2 am 7. März 1988 aus. Insgesamt fertigte das Unternehmen vier Prototypen, 28 T-2, 62 T-2A sowie zwei T-2 als Prototypen für die F-1. Gleichzeitig begannen Studien für einen möglichen Ersatz, der schließlich viele Jahre später in Form der Mitsubishi F-2B kam. Hier gingen die Japaner den umgekehrten Weg: Sie leiteten von einem Kampfflugzeug den Trainer ab. Die F-2 dürfte auch von den Erkenntnissen profitiert haben, die mit einer besonderen T-2 gemacht worden waren: Zur Erprobung einer Fly-by-Wire-Flugsteuerung erhielt die T-2 CCV (Control Configured Vehicle) Entenflügel vor der Tragfläche sowie eine Flosse unter dem Rumpf und diente ab August 1983 verschiedenen Tests. Die normalen T-2 flogen derweil fleißig weiter. Erst am 31. März 2004 stellte das 4. Geschwader in Matsushima den Typ nach insgesamt 307000 Flugstunden außer Dienst. Insgesamt bildete die JASDF auf dem Trainer 1450 Piloten aus. Einige Jets flogen noch bis 2006 in Tsuiki und beim Flugerprobungszentrum in Gifu.

Technische Daten

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Die T-2 war nie außerhalb Japans zu sehen. Exportaufträge gab es nicht, so dass der Stückpreis erheblich stieg. Foto und Copyright: KL-Dokumentation

Mitsubishi T-2A

Hersteller: Mitsubishi Heavy Industries, Nagoya, Japan
Typ: Trainer
Antrieb: 2 IHI TF40-IHI-801A (Rolls-Royce Turbomeca Adour)
Leistung: 32,49 kN mit, 22,75 kN ohne Nachbrenner
Länge: 17,86 m
Spannweite: 7,88 m
Höhe: 4,39 m
Flügelfläche: 21,17 m²
Leermasse: 6307 kg
max. Startmasse: 12800 kg
Höchstgeschwindigkeit: 1700 km/h in 11000 m Höhe
Dienstgipfelhöhe: 15240 m
Überführungsreichweite: 2590 km
Bewaffnung: eine 20-mm-Kanone M61 Vulcan

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Erscheinungsdatum 26.08.2023