Immer schwerere und voluminösere Panzer, Fahrzeuge und Geschütze aller Art machten der C-130 Hercules gegen Ende der 1960er Jahre erhebliche Probleme, den Transporterfordernissen der US Army zu entsprechen. Die Air Force als Betreiber der amerikanischen Transporterflotte musste sich daher Gedanken über ein neues Flugzeug machen. Es sollte mehr schleppen können und dazu noch kürzere Pisten benötigen. Die genauen Anforderungen definierte die Aeronautical Systems Division des Air Force Systems Command in einer Ausschreibung (Request for Proposal), die man am 24. Januar 1972 an die Industrie gab. Der "Advanced Medium STOL Transport" (AMST = fortschrittlicher mittlerer Transporter mit Kurzstarteigenschaften) sollte in einem 16,78 x 3,67 x 3,67 Meter großen Frachtraum eine Nutzlast von 13620 Kilogramm über eine Strecke von 925 Kilometer befördern können, und dies nach dem Start von einer 610 Meter langen Piste. Die Stückkosten ("Fly-away") sollten bei einer Produktion von 300 Maschinen auf fünf Millionen Dollar begrenzt bleiben.

Die Hauptmerkmale der YC-15 waren die weit vor der Tragfläche angebrachten Triebwerke und die großen Doppelspaltklappen.
Mehrer Vorschläge im Rennen
Fünf Firmen reichten bis zum 31. März 1972 ihre Vorschläge ein. Bell entwarf eine modifizierte C-130 mit Strahltriebwerken, die den Schub ablenken konnten. Querruder und Seitenruder hatten für erhöhte Wirksamkeit eine Grenzschichtbeeinflussung. Fairchilds Konstruktion war vierstrahlig mit Schubvektormöglichkeit. Lockheed legte gleich drei Entwürfe vor, die über superkritische Flügel- profile und ebenfalls Schubvektorsysteme verfügten. Von Boeing kam ein Modell mit großen Triebwerken vor den Tragflächen, das den Coanda-Effekt nutzte. Hierbei wird durch die beschleunigte Strömung bewirkt, dass diese an der Oberseite der Klappen auch bei großen Ausschlägen anliegt. Dieser Entwurf wurde schließlich als YC-14 gebaut. Als zweiter Sieger ging McDonnell Douglas aus dem AMST-Wettbewerb hervor und erhielt wie Boeing am 10. November 1972 den Auftrag für zwei YC-15. Genauer gesagt gab es erst einmal Geld für eine Studienphase, in der es für Boeing wie für McDonnell Douglas darum ging, Möglichkeiten für Kostensenkungen auszuloten. Die waren nur möglich, indem die Air Force ihre Anforderungen herabsetzte. Die Reichweite mit nun nur noch 12260 Kilogramm Zuladung wurde im STOL-Einsatz auf 740 Kilometer reduziert. Zudem wurde die gewünschte Frachtraumgröße auf 14,34 x 3,45 x 3,57 Meter verkleinert. Der Vertrag für Prototypen und Erprobung folgte schließlich am 10. Januar 1973, wobei McDonnell Douglas 86,1 Millionen Dollar erhielt. Weitere 33,3 Millionen wollte das Unternehmen selbst beisteuern. Dafür erhielt es das Recht, eines der Versuchsmuster für eigene Tests hinsichtlich der zivilen Verwendungsmöglichkeiten des Transporters zu nutzen.

Zur besseren Vermischung der Abgase mit der Außenluft dienten blütenförmige Düsen, die so die Temperaturbelastung der Klappen reduzieren sollten.
Angeblasene Klappen für STOL-Betrieb
Während Boeing bei der YC-14 das Konzept des "Upper Surface Blowing" (USB = Anblasen der Flügeloberseite durch die Triebwerke) verfolgte, setzte McDonnell Douglas auf "Externally Blown Flaps" (EBF). Dabei werden die großen Doppelspaltklappen (Länge an der YC-15: fast zehn Meter) für Start- und Landung direkt in den Abgasstrahl der vier Triebwerke abgesenkt und so von der beschleunigten Luft umstrichen. Dabei wird ein Teil des Strahls nach unten abgelenkt. Der "deflected thrust" trägt laut Hersteller 20 Prozent zum Auftrieb bei. Einen noch bedeutenderen Anteil von 26 Prozent liefert der Coanda-Effekt. Der relativ dicke Flügel mit superkritischem Profil und Vorflügeln im Außenbereich erzeugt im STOL-Betrieb die restlichen 54 Prozent Auftrieb. Das alles klingt recht einfach, hat im Detail aber seine Tücken. Um die Klappen optimal zu nutzen, müssen sie möglichst vollständig und gleichmäßig mit dem Abgasstrahl beaufschlagt werden. Das geht nur, wenn man die Triebwerke möglichst weit vor den Flügeln montiert, so dass sich der Strahl ausbreiten kann. Dies lässt sich noch durch eine gute Düsengestaltung unterstützen. Für die JT8D-17-Aggregate mit ihrem geringen Nebenstromverhältnis von 1 konstruierte McDonnell Douglas einen Ring mit zehn halbkreisförmigen Ausbuchtungen, was die Mischung des Abgasstrahls mit der Umgebungsluft verbesserte. Dennoch ging es für die Klappen heiß her. Einige Abschnitte wurden mit etwa 260 Grad Celsius beaufschlagt. Statt Aluminium musste man daher für die Beplankung und auch für die Unterstruktur Titanlegierungen und reines Titan verwenden. Mit ihren angeblasenen Klappen erreichte die YC-15 Anfluggeschwindigkeiten von nur etwa 160 km/h. Um die Maschine auch in dieser Flugphase sicher steuern zu können, waren vergleichsweise große Querruder und Leitwerke notwendig.

Um Kosten zu sparen, verwendete man die Cockpitsektion der DC-10.
Flugsteuerung verlangt komplexe Systeme
Das Seitenruder zum Beispiel war viergeteilt, und bei höheren Geschwindigkeiten konnte man den Ausschlag der oberen Segmente deutlich verringern. Die Steuerung um die Längsachse wurde durch drei Spoiler pro Seite unterstützt, die zudem dem "Feintuning" des Auftriebs im Langsamflug dienten. Die Landerollstrecken wurden mit Hilfe der Schub-umkehr verkürzt. Um die Arbeitsbelastung der beiden Piloten zu verringern, verwendete McDonnell Douglas ein analoges Stabilisierungs-Kontrollsystem von Sperry Rand. Die Zelle der YC-15 war recht konventionell aufgebaut. Aus Kostengründen verwendete man sogar die Cockpitsektion der DC-10. Gebaut wurde der neue Frachter im eigens eingerichteten "X-Shop" im Douglas-Werk Long Beach. Ende 1973 waren 1170 Personen mit dem Programm beschäftigt; die Mitarbeiterzahl fiel allerdings Anfang 1974 auf 500, als der US-Kongress benötigte Gelder nicht rechtzeitig freigab. Später stieg sie wieder auf knapp 800 an. Durch die Unsicherheiten bei der Finanzierung, die auch Boeing betrafen, kam es zu Verzögerungen. Dennoch hatte McDonnell Douglas das erste Flugzeug im Februar 1975 so weit fertig, dass mit Bodenversuchen begonnen werden konnte. Am 5. August wurde dann zur Musik einer Dudelsackband die "01875" aus der Halle gezogen. Die Prominenz, unter ihnen John L. McLucas, Air Force Secretary im Pentagon, durfte nach den feierlichen Reden auch Frachtraum und Cockpit besichtigen.
Erstflüge der zwei Prototypen
Drei Wochen später, am 26. August 1975, machten sich Douglas-Testpilot Kenneth K. Lewis, Major John A. Harris von der USAF und Flugversuchsingenieur Leslie L. Spengler an die Vorbereitung für den Jungfernflug. Nach den üblichen Checks rollte die grau und weiß mit blauem Längsstreifen lackierte Maschine zum Start. 14 Grad Klappenstellung (statt 24 Grad maximal) genügten, um bei einer Masse von 76205 Kilogramm nach 915 Metern Rollstrecke abzuheben. Die Strecke führte hinaus auf den Pazifik. In der Nähe von Catalina Island begann in 3050 Metern Höhe die erste Testreihe zur Handhabung. Es folgten Ein- und Ausfahren des Fahrwerks, der Klappen und der Vorflügel sowie Systemchecks. Anschließend drehte Lewis nach Nordosten ab, überflog die Küste in Höhe von Point Mugu und stieg auf 6095 Meter. Die maximale Geschwindigkeit betrug 737 km/h, bevor dann der Sinkflug Richtung Edwards AFB eingeleitet wurde. Dort setzte die YF-15 nach zwei Stunden und 26 Minuten sicher auf. Ab dem 12. September wurden die Flugversuche dann in Yuma, Arizona, fortgesetzt. Dort erreichte die "01875" Mitte Oktober bereits die 50-Stunden-Marke. Am 5. Dezember hob auch die zweite YC-15 (USAF-Seriennummer 72-1876) in Long Beach zum Jungfernflug ab. Am Steuer der in Tarnfarben lackierten Maschine saß wieder Kenneth K. Lewis. Diesmal wurde Yuma direkt angesteuert, wo die Landung mit voll auf 46 Grad ausgefahrenen Klappen nach zwei Stunden und zehn Minuten erfolgte.

Auch Luftbetankungsversuche standen auf dem Programm. Der KC-135-Tanker liefert einen guten Größenvergleich zur YC-15, die eine maximale Startmasse von mehr als 98 Tonnen aufwies.
Landerollstrecken von nur 215 Metern erreicht
Am 19. Dezember 1975 verlegten dann beide YC-15 nach Edwards, wo sie bis März 1976 die Gesamtflugzeit auf über 200 Stunden steigerten. Landerollstrecken von nur 215 Metern wurden realisiert. Auch Luftbetankungsversuche standen ab Mitte 1976 auf dem Plan. Neben Piloten der Air Force und von McDonnell Douglas durften auch vier NASA-Piloten die YC-15 fliegen. Zusätzlich zu den Flugversuchen fanden auch Beladungstests mit Lasten wie einer 155-mm-Haubitze, den gerade in Entwicklung befindlichen UTTAS-Hubschraubern (UH-60 und YUH-61) und Schützenpanzern statt. Die erste Testflugphase war am 18. August 1976 offiziell abgeschlossen. Bei 226 Flügen waren die beiden Prototypen 473 Stunden in der Luft und hatten eine bemerkenswerte Zuverlässigkeit gezeigt. Über 200 STOL-Landungen mit voller 45-Grad-Klappenstellung, 72 Landungen mit nur drei Triebwerken und 350 Überziehversuche standen in den Testprotokollen.
Phase II der Erprobung
Da die konkurrierende Boeing YC-14 zu diesem Zeitpunkt gerade erst mit ihren Flugversuchen begonnen hatte, blieb McDonnell Douglas viel Spielraum für zusätzliche Erprobungen. Der zweite Prototyp zum Beispiel ging am 31. August 1976 mit einem Nonstopflug von Long Beach nach Mildenhall in England auf Europa-Tour. Dabei trat er auch auf der Luftfahrtschau in Farnborough auf. Die erste Maschine wiederum erhielt in Long Beach über den Herbst und Winter 1976/77 neue Tragflächen mit einer auf 40,41 Meter vergrößerten Spannweite sowie ein digitales Flugregelsystem von Sperry. Gleichzeitig montierte man an der linken äußeren Position ein CFM56-Triebwerk von General Electric/Snecma. Der später an Airbus A320 und Boeing 737 überaus erfolgreiche Turbofan absolvierte seinen ersten Flug an der YC-15 am 16. Februar 1977. Die Flugeigenschaften waren laut Hersteller ähnlich wie mit dem ursprünglichen Flügel, mit sogar reduzierten Minimalgeschwindigkeiten und Startstrecken deutlich unter den geforderten 600 Metern. Auch die Reichweitensteigerung entsprach den Erwartungen. Ab dem 4. März 1977 stieg auch die zweite YC-15 in die Phase II des Testprogramms ein. Bei ihr hatte man ein JT8D-17 gegen ein JT8D-209 mit deutlich höherem Nebenstromverhältnis und einem Schub von 80 Kilonewton ausgetauscht. Beide Maschinen flogen bis Anfang Mai noch einmal 125 Stunden.

Nach vielen Jahren im Pima Air Museum reaktivierte McDonnell Douglas den ersten Prottypen und flog ihn mit der Kennung N15YC von Long Beach aus.
1978 wurde das Programm eingestellt
Im Juni wurde die Nummer eins mit dem CFM56-Triebwerk auf dem Aérosalon in Paris vorgeführt. Danach hieß es Warten auf die Entscheidung im AMST-Wettbewerb, die jedoch nie kam – das Programm wurde 1978 endgültig eingestellt und die beiden YC-15 auf der Davis-Monthan Air Force Base in Arizona eingelagert. Statt für einen taktischen Transporter interessierte sich die Air Force nämlich zunehmend für ein erheblich größeres Muster mit strategischer Reichweite. Die C-X- Ausschreibung wurde im August 1981 von McDonnell Douglas mit einem Entwurf gewonnen, der große Ähnlichkeit mit der YC-15 hat und auch das Prinzip der angeblasenen Klappen verwendet, dessen Abflugmasse aber dreimal so groß ist. Die C-17 flog schließlich 1991 zum ersten Mal und ging 1993 in Dienst. 1997 wurde dann die erste YC-15 noch einmal reaktiviert und nach Long Beach geflogen. Geplante Testprogramme kamen dann aber doch nicht zustande.

Beim zweiten, heute auf der Davis-Monthan AFB eingelagerte Exemplar, hatte man 1977 ein JT8D-17 gegen ein JT8D-209 mit deutlich höherem Nebenstromverhältnis und einem Schub von 80 Kilonewton ausgetauscht.
Technische Daten
McDonnell Douglas YC-15
Muster: Militärtransporter mit Kurzstartfähigkeiten
Hersteller: McDonnell Douglas, Long Beach, USA
Besatzung: 2 plus Lademeister
Soldaten: 150
Antrieb: 4 x Pratt & Whitney JT8D-17
Schub: 4 x 71,2 kN
Länge: 37,87 m
Höhe: 13,21 m
Spannweite: 33,63 m
Flügelfläche: 161,6 m2
Rumpfdurchmesser: 5,49 m
Frachtraumlänge: 14,32 m
Frachtraumbreite: 3,56 m
Max. Frachtraumhöhe: 3,45 m
max. Startmasse: 98 285 kg
max. Nutzlast: 28 120 kg
Höchstgeschwindigkeit: 805 km/h
STOL-Startstrecke: 610 m
Landestrecke: 610 m
Überführungsreichweite: 4820 km