Bemannte Parasit-Jäger, so dachten die US-Luftstreitkräfte gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, würden ein geeignetes Mittel sein, ihre Bomber auf Ultralangstreckenmissionen zu schützen. Sie sollten im Bomber selbst, wie in der gerade in Entwicklung befindlichen Convair B-36, untergebracht und dann über dem Zielgebiet ausgesetzt und wieder eingeholt werden, um gegnerische Fighter zu bekämpfen. Für diese "unkonventionelle Methode" wurde Ende 1944 eine Ausschreibung herausgegeben, die jedoch auf wenig Interesse der Industrie stieß. Nur McDonnell Aircraft reichte Vorschläge ein.
Erst im Oktober 1945 wurde daraufhin ein Vertrag für die Entwicklung des Model 27D erteilt – eines Mini-Flugzeugs, das in den Bombenschacht der B-36 passen musste, um während eines mehrere tausend Kilometer langen Einsatzes nicht den Widerstand zu erhöhen. Damit hatten Herman D. Barkey und sein Team eine schwierige Aufgabe: Wie lässt sich ein einigermaßen leistungsfähiges und wendiges Flugzeug bauen, dessen Maße eine Länge von 4,5 Metern und eine Breite (mit beigeklappten Flügeln) von 1,7 Metern nicht übersteigen durften?
Herauskam die XP-85 Goblin (Kobold), ein kleines "Ei" mit einer weit vorn im Rumpf montierten Westinghouse XJ-34-W-22-Turbine als Antrieb. Aus Platzmangel war das Cockpit nur etwa halb so groß wie normal, und der Pilot saß auf einem 33 Grad nach hinten geneigten Schleudersitz. Auch die Instrumentierung war auf ein Minimum reduziert. Für die Stabilisierung wurden angesichts des geringen Hebelarms am Heck nicht weniger als vier (später sechs) Finnen installiert, wobei Höhen- und Seitenruder wie bei einem V-Leitwerk funktionierten. Die beiklappbaren Tragflächen waren leicht gepfeilt. Sie verfügten über konventionelle Querruder und im Außenbereich über automatische Vorflügel.

Ed Schoch war der einzige Pilot der XF-85, von der zwei Versuchsmuster gebaut wurden.
Flieger am Haken
Die Besonderheit war ein ausfahrbarer Haken vor dem Cockpit, mit dem sich die Goblin für Start und "Landung" an ein im Bomber installiertes, ebenfalls ausfahrbares Trapez hängen konnte. Er lag exakt im Schwerpunkt der XP-85 (ab 1947 dann XF-85). Der Pilot kletterte im Bombenschacht in den Jäger, klinkte sich dann für höchstens 20 Minuten Flugzeit bei Kampfleistung aus und koppelte wieder an den Bomber an, wo das Flugzeug an Bord gezogen werden sollte. So weit, so gut – aber wie das in feindlicher Umgebung möglich sein sollte, war von Anfang an nicht so ganz klar.
Jedenfalls hatte McDonnell im Juni 1946 ein Mock-up inklusive des Trapezes fertig. Ende 1947 standen dann auch die beiden Versuchsmuster bereit. Erster Schritt war eine Überprüfung des Entwurfs im großen Windkanal der Ames Aeronautical Laboratories (Moffett Field, Kalifornien). Es zeigte sich, dass die Verwirbelungen des Trapezes die Längsstabilität deutlich reduzierten, sodass einige Modifikationen notwendig wurden.
Derweil wurde bei McDonnell in St. Louis als "Mutterschiff" eine Boeing EB-29 vorbereitet, denn eine B-36 war nicht verfügbar. Die "Monstro" (44-8411) erhielt das mit einem "Pferdegeschirr" für die Stabilisierung der XF-85 versehene, hydraulisch betätigte Trapez im hinteren, um etwa 75 Zentimeter verlängerten Bombenschacht. Im ausgefahrenen Zustand ragte es etwa 3,2 Meter unter dem Rumpf heraus. Zudem gab es eine kleine Verkleidung, sodass kein Fahrtwind ins Triebwerk des im Schacht hängenden Flugzeugs blasen konnte.

Als Mutterschiff kam eine modifizierte Boeing EB-29 Superfortress zum Einsatz, die ein spezielles Trapez zum Einfangen des Jägers besaß.
Einhaken klappt nicht
Die EB-29 traf Ende Mai 1948 auf der Basis Muroc in Kalifornien (heute Edwards AFB) ein. Dort hatte man eine 5,3 Meter tiefe Grube ausgehoben, sodass die Goblin einfach von unten an Bord gehievt werden konnte. Mit dem Parasit-Jäger, 17 000 Litern Kraftstoff und einer achtköpfigen Besatzung betrug die Abflugmasse 51 075 kg.
McDonnell hatte Ed Schoch, der im Krieg für die US Navy geflogen war, als Goblin-Testpiloten bestimmt. Er testete die Annäherung an die EB-29 zunächst mit einer F-80 Shooting Star. Währenddessen wurde die mit einem C-82 Packet-Transporter am 5. Juni nach Edwards gebrachte zweite XF-85 (Kennung 46-524) vorbereitet. Nach Ladeversuchen am 15. Juli und einem Test- flug ohne Pilot am 22. Juli kletterte Schoch dann am 2. August erstmals in die Goblin, die anschließend ausgefahren und am Trapez hängen gelassen wurde.
Am 23. August 1948 folgte dann die Stunde der Wahrheit. Ed Schoch klinkte die Goblin bei etwa 320 km/h aus. Zehn Minuten lang flog er verschiedene Manöver bis zu einer Geschwindigkeit von 400 km/h, wobei er eine gute Stabilität um die Längs- und Hochachse konstatierte, während das Verhalten um die Querachse als gerade einmal zufriedenstellend bewertet wurde. Nach diesen ersten Eindrücken flog Schoch zurück zum Bomber, um sich wieder ans Trapez zu hängen. Das erwies sich aber als unmöglich, zumal die Maschine nur mit gezogenem Stick gerade gehalten werden konnte. Im Ergebnis wurde die Cockpithaube getroffen und Schochs Helm abgerissen. Er war etwas benommen, bekam die XF-85 aber ein paar Hundert Meter tiefer wieder unter Kontrolle. Einziger Ausweg war nun die Landung auf dem Salzsee, die bei etwa 225 km/h auch gelang.
Dank einer Kufe unter dem Rumpf blieben Schäden am Flugzeug gering. Allerdings wurde der zweite Freiflug erst am 14. Oktober in Angriff ge- nommen. Diesmal gelang es Schoch, die Goblin ins Trapez einzuhaken. Nach einigen Minuten, um das Triebwerk abkühlen zu lassen, wurde der Jet in den Bombenschacht eingefahren. Zwei weitere Flüge mit gelungenem Kontakt mit dem Trapez folgten am nächsten Tag, doch am 22. Oktober war die nächste Landung auf dem Salzsee fällig.
Nur zwei Stunden Flugzeit
Nun wurden die Tests erst einmal für Modifikationen wie einer Verkleidung seitlich des Hakens und zusätzlichen Finnen an den Flügelspitzen unterbrochen. Weiter gehen konnte es erst im Frühjahr 1949, nachdem der Salzsee nach der winterlichen Regenperiode wieder ausgetrocknet war. Am 14. März wurde erstmals die 46-523 an der EB-29 geflogen. Am 8. April folgte dann mit der 46-523 auch schon der letzte Flug, der wieder mit einer Landung am Boden endete.
Die Gesamtflugzeit des Programms belief sich auf etwa 2 Stunden und 20 Minuten, und damit hatte die in großen Teilen von Anfang an skeptische US Air Force auch genug gesehen. Obwohl das Flugzeug an sich durchaus brauchbar war, wurde das Verfahren mit dem Trapez als zu schwierig verworfen – jedenfalls für normale Piloten unter Einsatzbedingungen. Nach der Investition von 3,2 Millionen Dollar wurde das Programm gestoppt. Die Goblins immerhin haben überlebt: eine steht im Museum der USAF, die andere im Strategic Air Command & Aerospace Museum.