Mehrzweckflugzeug
Focke-Wulf Ta 154 „Moskito“

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Der schlanke Schulterdecker Ta 154 entstand als Reaktion auf die verheerenden britischen Bomberangriffe in Deutschland ab 1942, gegen die das Reichsluftfahrtministerium (RLM) nun mit Dringlichkeit hoch fliegende, schnelle Allwetter-Nachtjäger forderte.

Focke-Wulf Ta 154 „Moskito“

Der schlanke Schulterdecker Ta 154 entstand als Reaktion auf die verheerenden britischen Bomberangriffe in Deutschland ab 1942, gegen die das Reichsluftfahrtministerium (RLM) nun mit Dringlichkeit hoch fliegende, schnelle Allwetter-Nachtjäger forderte. Kurt Tank, Technischer Direktor bei Focke-Wulf, verwendete für den ursprünglich als Schnellbomber konzipierten und dann seit September 1942 auf RLM-Anforderung zum Jagdzerstörer umgeplanten Entwurf statt des kriegsbedingt knappen Aluminiums den Ersatzwerkstoff Holz. Für den Rumpf in Holzschalenbauweise wurde in einem damals neuen Verfahren der Spezialkleber Tegofilm-Leim, eine Art Epoxidharz, genutzt, um  eine höhere Festigkeit  zu erreichen. Dazu führte die Luftfahrt-Forschungsanstalt Graf Zeppelin am Alatsee bei Füssen eigens Wasserschleppversuche mit einem Rumpfvorderteil der Ta 154 durch. Das gesamte Flugzeug war mit Sperrholz beplankt. Nur Höhenleitwerk, Querruder und Landeklappen bestanden noch aus Leichtmetall.

Als erster Antrieb des Tandemsitzers dienten zwei flüssigkeitsgekühlte Jumo 211-Reihenmotoren, die schnell verfügbar waren.  Im November 1942 erging der amtliche Entwicklungsauftrag, den eine Mannschaft um Ernst Nipp, Ludwig Mittelhuber, Gotthold Mathias und Herbert Wolff in Bad Eilsen ausführte. Dabei veränderte sich die Flügelposition vom ursprünglich geplanten Mitteldecker zum Schulterdecker. Nur neun Monate nach der Auftragserteilung startete die erste Ta 154, TE+FE, am 1. Juli 1943 mit Hans Sander am Steuer in Evershorst (heute Langenhagen) zum Erstflug. Die unbewaffnete V1 erreichte ohne Waffen und Einbaugeräte Geschwindigkeiten von 575 km/h in Bodennähe und 635 km/h in 6000 m Höhe. Auch Kurt Tank persönlich flog die Ta 154 V1, der er später als Testpilot „jägerartigere“ Flugeigenschaften als der konkurrierenden  He 219 bescheinigte.

Die zweite Ta 154, V2, war bereits mit einem Lichtenstein-Bordradar ausgestattet. Ab der V3 wurde der Serienmotor Jumo 213A installiert. Trotz der stärkeren Motoren sank die Höchstgeschwindigkeit wegen der Radarantennen und Flammendämpfer um rund zwölf Prozent. Dennoch erging der erste Auftrag für die Serienversion Ta 154 A-1 für 250 Flugzeuge. Später, so die ursprünglichen Planungen, sollten 250 Flugzeuge im Monat produziert werden. Als Hauptproduktionsstandorte waren Kreising und das Messegelände in Posen vorgesehen, außerdem Werke in Erfurt und Breslau.

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Holzleimlieferant wurde ausgebombt

Wegen der Bombardierung und Zerstörung der Tegofilm-Leimfabrik Goldmann musste mit der Dynamit AG in Leverkusen ein neuer Lieferant gefunden werden. Nachdem deren neuer Leim aber zu einer Reihe ungeklärter Unfälle und Luftzerleger geführt hatte, ließ Kurt Tank im Frühjahr 1944 die gesamte Produktion der Ta 154 bis zur Klärung zeitweise stoppen. Nach einer Anzeige musste sich Tank, immerhin NSDAP-Mitglied seit 1932 und erst 1943 von Hitler persönlich zum Professor ernannt, in Nürnberg wegen „Sabotage“ vor einem Tribunal unter der Führung von Hermann Göring verantworten. Es endete allerdings mit einer Entschuldigung Görings an Tank. Nach Tanks Aussage hatte sich herausgestellt, dass der neue Leim trotz korrekter Mischung einen zu hohen Säuregehalt im Härter aufwies, nur 50 Prozent der geforderten Festigkeit erreichte und das Holz angriff. Das RLM stoppte daraufhin den Serienbau der Ta 154.

Nur sieben Serienflugzeuge wurden im Salzbergwerk Wremen vollendet, dann wurde die dortige Linie auf die als kriegswichtiger eingestufte Me 262 umgestellt. Das Entwurfsbüro von Focke-Wulf plante noch eine verbesserte Ta 154 C mit schräg nach oben feuernder Bewaffnung zur Bekämpfung von Bombern. Trotzdem erging am 14. August 1944 die Anweisung, das Programm Ta 154 abzubrechen.

Die schon begonnenen Rümpfe sollten nun als sogenannte Mistel-Flugzeuge verwendet werden. Dabei wäre eine bemannte Fw 190 auf einem Gestänge über dem Rumpf montiert worden, deren Pilot das Gespann an feindliche Bomberverbände geführt und sich ausgeklinkt hätte. Anschließend wäre eine Sprengung der unbemannten Ta 154 inmitten der Bomber per Funk erfolgt. Wegen des Kriegsendes konnten die erforderlichen Tests nicht mehr durchgeführt werden. Stattdessen wurden sechs Ta-154 zu Bombenträgern mit 2000 kg Sprengstoff und 1200 kg Treibstoff umgerüstet. Ihr Pilot sollte das Flugzeug nun direkt in feindliche Bomberverbände steuern und sich in letzter Sekunde per Schleudersitz und Fallschirm in Sicherheit bringen. Nur einzelne Ta 154 – angeblich überführte Kurt Tank davon mehrere persönlich – wurden ab November 1944 in Stade von Piloten des Nachtjagdgeschwaders 3 im Kampf eingesetzt. Dort wurde im Mai 1945 unter anderem auch die Ta 154 A-4, D5+HD, von der RAF erbeutet.

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Nur noch vereinzelte Kampfeinsätze

Unklar ist dagegen, ob es bei den Ta 154 des für die Einsatzerprobung vorgesehenen Nachtjagdgeschwaders 10 noch zu Kampfeinsätzen kam. Auch das süddeutsche Ergänzungs-Jagdgeschwader 2 soll einzelne Ta 154 im Bestand gehabt haben. Die Alliierten erbeuteten drei Ta 154.

Technische Daten

Focke-Wulf Ta 154 A-4

Einsatzgebiet:
Zweisitziger, zweimotoriger Schnellbomber und Nachtjäger mit Bordradar
Besatzung: ein Pilot, ein Radarbeobachter
Antrieb: zwei Junkers-Jumo-211N- Zwölfzylindermotoren mit 1460 PS, Dreiblattluftschrauben aus Holz
Tankvolumen: 1500 l
Länge: 12,45 m
Höhe: 3,40 m
Spannweite: 16 m
Leermasse (ohne Bewaffnung und Radar): 6320 kg
max. Startmasse: 8250 kg
Bewaffnung: zwei MG 151, Kal. 20 mm (200 Schuss), zwei MK 108, Kal. 30 mm (110 Schuss)

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