Messerschmitt Bf 109 "Gustav" und "Kurfürst": Die letzten Versionen an der Front

Messerschmitt Bf 109 „Gustav“ und „Kurfürst“
Die letzten Versionen der berühmten Jägers an der Front

Inhalt von
Veröffentlicht am 21.06.2025

Die deutsche Luftwaffe kämpfte 1943 im fünften Kriegsjahr gegen einen zunehmend überlegenen Feind. An allen Fronten befand sich die Wehrmacht auf dem Rückzug. Nach wie vor nutzte die Jagdwaffe neben der Focke-Wulf Fw 190 auch die Messerschmitt Bf 109 als Standard-Jagdeinsitzer. Rund acht Jahre waren seit dem Erstflug der 109 im Mai 1935 vergangen – eine besonders zu Kriegszeiten sehr lange Zeit für ein Frontmuster. Zwar bemühte sich Messerschmitt mit der Me 309 um einen modernen Nachfolger, doch entschied sich das Reichsluftfahrtministerium 1943 für die auf der Fw 190 A basierende Fw 190 D. Auch die auf der Bf 109 basierende Me 209 mit DB 603, überarbeiteten Flächen und neuem Seitenleitwerk brachte Messerschmitt nicht den erhofften Auftrag ein.

Eine Bf 109 G-6 des JG 3 mit neuer Kabinenhaube und 250-kg-Bombe am ETC 500
Sammlung Ringlstetter

Mehr Leistung

Währenddessen arbeitete man auch weiter an der alten 109 und lieferte ab Mitte 1944 die ersten Bf 109 G-14 aus, ausgerüstet mit einem DB 605 AM von Daimler-Benz. Praktisch handelte es sich bei dem Jäger um eine Bf 109 G-6 mit serienmäßig eingebauter Methanol-Wasser-Einspritzung (MW 50). Die Anlage generierte für maximal zehn Minuten am Stück bis etwa 8500 Meter Flughöhe 350 PS zusätzlich, die im Luftkampf nicht selten erfolgbringend wie auch lebensrettend sein konnten. Die folgende Bf 109 G-14/AS besaß den DB 605 ASM mit MW-50-Anlage und größerem Lader des DB 603 G, der eine auf 7800 Meter gesteigerte Volldruckhöhe aufwies. Für den Start gab der AS-Motor bis zu 1800 PS ab (Sondernotleistung) und in 6400 Metern Höhe noch bis zu 1500 PS. Die Bf 109 G-5 und G-6 mit DB 605 A rüstete man teils auf den AS-Motor um, zahlreiche G-6 erhielten das Aggregat ab Frühjahr 1944 auch serienmäßig (G-6/AS). Hinzu kamen weitere Varianten des DB 605 AS, unterschieden durch den zu verwendenden Sprit mit 87 (B4) oder 100 Oktan (C3) und nutzbaren Ladedruck, darunter der bis zu 2000 PS starke ASC (C3).

Bf-109-G-6/Trop-Erprobungsträger im April 1943 mit Fahrwerksrestabdeckung
Sammlung Ringlstetter

Neue Motorhaube

Um den größeren Lader des DB 605 AS und den erweiterten Lufteinlass optimal in die Bf 109 einzubauen, waren Änderungen am linken Motorträger notwendig und damit auch an der Motorverkleidung, die nun aerodynamisch sauber geformte, lang gestreckte Ausbuchtungen aufwies. Auch die beiden Maschinengewehre MG 131 samt Munitionszuführung fanden darunter Platz. Zudem stattete man viele der mit AS-Motoren ausgerüsteten 109 mit einem größeren Ölkühler aus. Auch erhielten mit DB 605 AS motorisierte G-6 und G-14 bereits serienmäßig das höhere in Metall- oder Holzbauweise gefertigte Seitenleitwerk mit integriertem Flettnerruder, das die Längsstabilität bei hohen Geschwindigkeiten und die Ruderwirkung deutlich verbesserte. Alte Seitenleitwerke stockte man bei Gelegenheit auf. Grundsätzlich plante man bei Messerschmitt, das komplette Leitwerk in Holzbauweise herzustellen. Waffentechnisch verfügte die G-14 wie die G-5/-6 über zwei 13-mm-MG-131 oberhalb des Motors sowie ein Maschinengewehr MG 151/20, das durch die hohle Luftschraubenwelle schoss. Die Variante G-14/U4 erhielt eine sehr effektive Maschinenkanone MK 108, Kaliber 30 Millimeter, als Motorwaffe. Jeweils mit Druckkabine waren die 109-Varianten G-7, G-11 und G-13 geplant, gingen jedoch nicht in Produktion. Der mit unterschiedlichen Kameras ausrüstbare Nahaufklärer Bf 109 G-8 wurde im Mai 1944 durch die G-8/R5 (Rüststand 5) mit verbesserter Funkausstattung ersetzt. Bei der G-9 handelte es sich womöglich ebenfalls um einen Aufklärer, der aus wenigen umgebauten G-8/R5 entstand.

Pilot im Cockpit einer Messerschmitt Bf 109 G mit Erla-Haube
Sammlung Ringlstetter

Erla-Haube und Galland-Panzer

Von Anfang an bemängelten Piloten die Sichtverhältnisse in der Bf 109 G. Besonders fiel dies beim Vergleich mit der Fw 190 auf, die in diesem Punkt wesentlich besser abschnitt. 1943 stand ein neuer Kopf- und Rückenpanzer zur Verfügung, nach seinem Fürsprecher auch Galland-Panzer genannt, dessen Mittelteil aus einer 65-mm-Panzerglasscheibe bestand und damit die Sicht nach hinten verbesserte. Alte Ausführungen wechselte man so bald wie möglich aus. Im Erla-Werk VII in Antwerpen-Mortsel, einem Frontreparaturbetrieb, entwickelte man zudem eine neue, sichtverbesserte Kabinenhaube, die wesentlich weniger verstrebt war. Erste Exemplare der Erla-Haube wurden im Herbst 1943 verbaut. In großem Umfang führte man sie 1944 ein, wobei es unterschiedliche, leicht voneinander abweichende Varianten der neuen Kabinenhaube gab. Bei Gelegenheit tauschte man alte Versionen gegen neue aus. Mit AS-Motor ausgestattete G-Modelle rüstete man durchweg mit der neuen Haube aus.

Zwei Piloten beim Einstieg in einen Messerschmitt Bf 109 G-12 Zweisitzer
Sammlung Ringlstetter

Ein Schritt weiter: G-10

Zwar numerisch vor der G-14 platziert, erarbeitete man bei Messerschmitt parallel die ab September/Oktober 1944 produzierte G-10. Als Antrieb nutzte die G-10 den neuen DB 605 D, ein verbesserter 605 AS mit etwas gesteigerter Leistung in der Volldruckhöhe von 7600 Metern und darüber hinaus. Er verfügte serienmäßig über den größeren Ölkühler und Ölbehälter sowie die MW-50-Einspritzung. Zum Einbau kamen unterschiedliche Versionen des DB 605 D (DB, DC) mit bis zu 2000 PS Sondernotleistung (C3 plus MW 50), zumindest im Austausch teils auch AS-Motoren. Generell erhielt die G-10-Reihe das hohe Seitenleitwerk in Holzbauweise. Viele G-10 wiesen Ausbuchtungen links und rechts an der unteren Motorverkleidung auf, die den vorderen Ölrückförderpumpen beziehungsweise den dort erhöhten Zylinderkopfdeckeln des DB 605 D geschuldet waren. Doch verwendete man diese Verkleidung auch bei späten G-14/AS. Ebenso kamen von Erla gefertigte Bf 109 G-10 ohne diese Beulen aus, da man eine verfeinerte Motorverkleidung verbaute, die zudem besser gestaltete MG-Mulden aufwies. Auch war der Übergang der großen Ausbuchtungen im Bereich der Kabine aerodynamisch sauberer gelöst. Waffentechnisch glich die G-10 der G-14 beziehungsweise G-14/U4. Als Heeresaufklärer flog die G-10/R2. Die G-10/R6, praktisch ein Schlechtwetterjäger, stattete man mit einer Jägerkurssteuerung aus, die dem Piloten exakte Zielanflüge ermöglichte. Abermals verstärkte man das Fahrwerk samt breiteren Rädern (660 x 190), die größere, lang gezogene Ausbuchtungen an den Flügeloberseiten nötig machten. Zahlreiche Bf 109 G-10 sowie etliche G-14 stattete man zudem mit einem erhöhten Sporn aus, der den Anstellwinkel von 14,5 Grad auf 13 Grad verringerte und dadurch Start und Landung erleichterte. Die Gesamtstückzahl der hauptsächlich bei Messerschmitt Regensburg, WNF und Erla gefertigten Bf-109-Gustav-Modelle beläuft sich auf wenigstens rund 23 300 Bf 109 G, darunter etwa 910 G-8/G-8/R5, 1690 G-10 und 5150 G-14.

Der Einbau des DB 605 D mit dem Lader des DB 603, hier in einer K-4
Sammlung Ringlstetter

Krönende "Kurfürst"

Anfang 1943 nahm das von Diplomingenieur Ludwig Bölkow geleitete "Entwicklungsbüro Me 109" in den Wiener Neustädter Flugzeugwerken (WNF) seine Arbeit auf. Hauptziel der kleinen Arbeitsgruppe war es, die alte Bf-109-Konstruktion komplett auszureizen und für die Produktion zu optimieren, wobei wenn möglich Leichtmetall eingespart und durch Holz und Stahlblech ersetzt werden sollte. Dabei merzte die Gruppe Tausende kleine Fehler aus, rechnete alles noch einmal durch und vereinfachte sowie verbesserte die 109 ein letztes Mal. Heraus kam die Bf 109 "Kurfürst", die wie die letzten Gustav-Varianten die neue Motorhaube und größeren Räder besaß, was der Bf 109 K den Spitznamen "Superbeule" einbrachte. Serienmäßig zur "Kurfürst" gehörten auch das Holzleitwerk, die Erla-Haube und der Galland-Panzer. Der Antennenmast entfiel (wie auch bei vielen G-10) und der hohe Sporn ließ sich bei der K-4 komplett einziehen. An Höchstgeschwindigkeit gewann die "Kurfürst" dadurch gegenüber der G-10 bis zu 17 km/h hinzu. Doch blieb in manchen K-4 das Spornrad ausgefahren und die Spornklappen blieben geschlossen. Weitere zwölf Stundenkilometer brachte die Restabdeckung der Hauptfahrwerksräder, die somit ebenfalls vollends verkleidet waren. Aber auch hier gab es Ausnahmen in der K-Serie. Zahlreiche kleine Details sowie Verbesserungen, die die Fertigung des Jägers betrafen, kamen obendrauf. Zunächst sollten der Höhenjäger Bf 109 K-1 mit Druckkabine, DB 605 D und GM-1-Anlage zur Leistungssteigerung oberhalb der Volldruckhöhe sowie die K-2 als Normaljäger in Produktion gehen. Beide entfielen mangels DB-605-D-Motoren, genau wie die wiederum mit Druckkabine ausgestattete K-3 mit GM 1 oder MW 50.

Messerschmitt Bf 109 Kurfürst 330136
Sammlung Ringlstetter

Standardjäger Bf 109 K-4

Im September 1944 ging die Bf 109 K-4 mit DB 605 DB (B4) oder DC (C3) sowie MW-50-Anlage in Serie. Das hochkarätige Jagdflugzeug stieg sehr gut, erreichte bis zu 710 km/h in 7500 Metern Höhe und war ausreichend wendig. Erprobungsflüge mit einer neuen Dünnblatt-Luftschraube ergaben sogar gute 720 km/h, doch floss diese nicht mehr in die Serie ein. Standardbewaffnung der Bf 109 K-4 waren eine MK 108 und zwei MG 131. Als Visiereinrichtung diente wieder das Revi 16 B, für später war das noch in der Entwicklung befindliche Kreiselvisier EZ 42 eingeplant, genau wie in der G-10. Die Funkausstattung der K-4 bestand aus einem FuG 25a und FuG 16 ZY, das Gerätebrett und die Träger waren neu und in Holzbauweise, die bereits im Laufe der G-6-Serie eingeführt worden war. Auch die "Kurfürst" ließ sich mit Rüstsätzen ausstatten, darunter der obligatorische Zusatztank und Bombenträger. Für später sah man das neue, für Tank oder Abwurflast verwendbare Einheitsschloss ETC 503 vor. Zwei in Gondeln unter den Flügeln installierte MG 151 standen ebenfalls weiterhin als Rüstsatz zur Wahl, auch wenn deutsche Jagdflieger die schweren Zusatzwaffen aufgrund der gravierenden Feindüberlegenheit kaum mehr nutzten. Für den Aufklärer-Einsatz war der Einbau unterschiedlicher Kameras vorgesehen. Eine BSK-16-Schießkamera ließ sich in die linke Fläche einbauen.

Bf 109 K-4 vom Stab der III./JG 6 bei Kriegsende
Sammlung Ringlstetter

K-6 bis K-14

Lediglich projektiert blieb die Bf 109 K-6, die zusätzlich über zwei MK 108 mit je 40 Schuss oder zwei MG 151/20 mit einem Munitionsvorrat von je 100 Schuss in den Flächen verfügen sollte. Der Serienstart des sogenannten Sturmjägers war für Anfang 1945 im Werk bei Wiener Neustadt geplant, wozu es aber wegen der desaströsen Kriegslage nicht mehr kam. Die Bf 109 K-8 hatte laut Zeichnungen zwei MG 151 in den Flächen und ein MK 108 als Motorkanone. Auch die Ausführung Bf 109 K-10 mit 30-mm-MK-103-Motorwaffe blieb in der Projektphase. Die K-12 stellte vermutlich eine zweisitzige Schulungsvariante dar. Für den Höhenjäger Bf 109 K-14 sah man den 1700 PS starken DB 605 L mit zweistufigem Lader für eine Volldruckhöhe von 9800 Metern vor. Auch waren eine MW-50-Anlage und eine Vierblatt-Luftschraube beabsichtigt. Waffentechnisch glich die Variante der K-6.

Ein britischer Soldat inspiziert ältere Bf 109 G in Wunstorf im April 1945
Sammlung Ringlstetter

Vorne mit dabei

So verfügte die deutsche Jagdwaffe ab Herbst 1944 mit Focke-Wulfs Fw 190 D, Ta 152 und Messerschmitts späten Bf 109 G und der K-4 über drei sehr leistungsstarke Kolbenmotorjäger, die den Vergleich mit den besten alliierten Kontrahenten standhielten. Dies waren die US-Jäger North American P-51D Mustang, Republic P-47D Thunderbolt, die stark verbesserte Lockheed P-38 Lightning der Versionen J-25 und L sowie Supermarines Spitfire Mk.XIV und Hawker Tempest V der britischen Royal Air Force, aber auch die Jakowlew Jak-3 der Rote-Armee-Luftsteitkräfte. Der Haken auf deutscher Seite: Es fehlten fähige Piloten, die das Potenzial der Hochleistungsjäger ausnutzen konnten. Die wenigen erfahrenen Jagdflieger schlugen sich wacker, aber wurden immer weniger. Zudem sollte nicht unberücksichtigt bleiben, dass auch die alliierten Flugzeugentwickler nicht schliefen und leistungsstärkere Versionen in den Startlöchern standen oder bereits in geringem Umfang im Einsatz flogen. Dazu gehörten die 760 km/h schnelle P-47M, P-51H (760 km/h), Spitfire Mk.21 (730 km/h) und Hawker Fury, die etwa 740 km/h erreichte. Die Ta 152 hätte hier noch die besten Karten gehabt, weiter dranzubleiben, doch wandte sich die Jägerentwicklung ohnehin zukunftsweisend Richtung Düsenantrieb, was Messerschmitt mit der Me 262 seit Mitte 1944 eindrucksvoll demonstrierte, während die Briten ihre Gloster Meteor nur mehr in sehr geringem Umfang in den Kampf schickten. Die Entwicklung der Bf 109 für die Luftwaffe und ihr Einsatz gingen 1945 mit der K-4, von der noch etwa 1600 Exemplare gebaut wurden, zu Ende. Ungefähr 33 000 bis 34 000 Bf 109 hatten bei Kriegsende die Werkshallen verlassen. Nach dem Krieg entstanden im Ausland rund 900 weitere Flugzeuge. Damit ist die Bf 109, vielfach auch als Me 109 bezeichnet, das meistgebaute Jagdflugzeug aller Zeiten.