Messerschmitt Bf 109: Seltene Sondervarianten des legendären Weltkriegsjägers

Seltene Sondervarianten des legendären Weltkriegsjägers
Extreme Exoten: Die etwas anderen Messerschmitt Bf 109

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ArtikeldatumVeröffentlicht am 10.08.2025
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Im Laufe der Bf-109-Fertigung arbeitete die Messerschmitt-Mannschaft stetig daran, den Jäger weiterzuentwickeln. Dazu gehörten auch ein paar spezielle Umbauten, die nicht in Serie gingen oder in nur geringer Stückzahl gebaut wurden. Der hierfür betriebene Aufwand gestaltete sich aber mitunter beträchtlich und erforderte zahlreiche Neuteile.

Messerschmitt Bf 109 V21
Sammlung Ringlstetter

Die 109 mit Sternmotor

Von Entwicklungsbeginn an war die Bf 109 mit einem schmal bauenden V12-Zylindermotor ausgestattet, der die Stirnfläche gering hielt und eine schlanke Rumpfauslegung ermöglichte. Andererseits galten luftgekühlte Sternmotoren als günstiger in der Herstellung und einfacher in der Wartung. Außerdem waren sie deutlich weniger beschussempfindlich als flüssigkeitsgekühlte Reihenmotoren mit ihrem empfindlichen Kühlsystem. Mitte 1938 beauftragte das Reichsluftfahrtministerium (RLM) daher Messerschmitt damit, eine Bf 109 auf einen Sternmotor umzurüsten. Ziel war es, die Auswirkungen des breiteren Sternmotors hinsichtlich Aerodynamik sowie Flugeigenschaften zu untersuchen. Außerdem interessierte die RLM-Vertreter der direkte Vergleich mit der Focke-Wulf Fw 190, die sich seit Mitte 1937 in der Entwicklung befand. So erhielt das aus der E-Serie stammende Versuchsflugzeug Bf 109 V21, Werknummer 1770, einen 1200 PS starken US-amerikanischen Pratt & Whitney SC-G Twin Wasp. Der 14-Zylinder-Doppelsternmotor BMW 801 befand sich 1938 noch in der Erprobung. Der wesentlich breitere Sternmotor verlangte die Anpassung des Rumpfes, was zu einem stark veränderten Erscheinungsbild der V21 führte, zumal man die Gelegenheit nutzte und den Rumpfrücken absenkte. Der neue Kabinenaufbau sorgte für gute Sichtverhältnisse und erhielt eine nach hinten aufschiebbare Haube. Die Flüssigkeitskühler unter den Flächen konnten dank luftgekühltem Sternmotor entfallen. Werkspilot Dr. Wurster brachte die Sternmotor-109 am 18. August 1939 erstmals in die Luft und stellte bezüglich der Stabilitäts- und Kunstflugeigenschaften im Vergleich zur Bf 109 mit V-Motor keine Unterschiede fest. Die Steuerkräfte blieben gleich und das Abkippverhalten beurteilte er sogar als besser.

Das zweite Bf-109-Muster mit Sternmotor trug die Projektbezeichnung Bf 109 X und basierte bereits auf der Bf 109 F, hatte aber eine auf 9,33 Meter verkürzte Tragfläche mit kurzen Randkappen der E-Serie. Ein 14-Zylinder-Doppelsternmotor BMW 801 A-0 aus der Vorserie trieb die am 2. September 1940 erstmals von Fritz Wendel geflogene Bf 109 X an. Fliegerisch stuften die Werkspiloten Wendel und Wurster das Flugzeug als mit der Bf 109 E vergleichbar ein, bei wiederum besserem Abkippverhalten. Die Stabilität um die Hochachse war allerdings bei der Bf 109 E besser. Erprobungspiloten in Rechlin beurteilten die Bf 109 X schlechter als die Fw 190, zudem brachte der BMW 801 keine Leistungsvorteile. Eine Serienfertigung der Bf 109 mit Sternmotor war damit vom Tisch, sodass Messerschmitt die Arbeiten an der Sternmotor-109 Mitte 1941 einstellte. Im Juni 1941 begann die Truppenerprobung der Fw 190 A, wobei die "190" rasch ihr beeindruckendes Potenzial offenbarte.

Bf 109 T der Jagdgruppe Drontheim in Norwegen
Sammlung Ringlstetter

Träger-"Toni" und Me 155

Für den in Bau befindlichen Flugzeugträger Graf Zeppelin (siehe Kasten) begann man bei Messerschmitt schon mit Flugzeugen der B- und D-Serie, um den kleinen Jäger trägertauglich zu verändern. Die praktischen Versuche liefen bei der Erprobungsstelle See in Travemünde. Auf Basis der Bf 109 E-7 erarbeitete man anschließend eine Serienversion der Träger-109. Ein besonderes Augenmerk lag auf den Kurzstart- und Langsamflugeigenschaften des Jägers. So wuchs die Spannweite der als Bf 109 T ("Toni") bezeichneten Trägervariante um über einen Meter auf 11,08 Meter. Mittels kleiner Störklappen auf den Flächen ließ sich ein Strömungsabriss kurz vor der Decklandung provozieren. Die strukturell verstärkten Flächen plante man zur platzsparenden Unterbringung an Bord des Trägers teils beiklappbar auszulegen, setzte dies jedoch in der Serie nicht um. Ein Fanghaken, vier Katapultbeschläge und ein zusätzliches Kopfpolster stellten weitere Ausrüstungsmerkmale der Bf 109 T dar. Wenigen aus Bf 109 E bei Fieseler umgebauten Vorserien-Maschinen Bf 109 T-0 folgten sieben neue als Bf 109 T-1 bezeichnete, voll ausgestattete Trägerflugzeuge mit DB 601 N (100-Oktan-Benzin) als Antrieb. Da der Bau der "Graf Zeppelin" inzwischen vorerst gestoppt worden war, verließen die restlichen 63 bestellten Maschinen ohne Trägerausstattung als Bf 109 T-2 bis Ende Juni 1941 das Werk. Die meisten Bf 109 T flogen bis Ende 1941 ohne Trägerausrüstung bei der in Norwegen stationierten I./JG 77 sowie der Jagdgruppe Drontheim (heute Trondheim), wo sie sich im Küsten- und Konvoischutz gut bewährten. Für den bevorstehenden Einsatz von der Graf Zeppelin wurden die Jäger 1942 zu T-1 aufgerüstet und eingelagert. Im selben Jahr befasste man sich bei Messerschmitt mit einer neuen Träger-109, der Me 155. Praktisch handelte es sich dabei um eine Bf 109 G mit vergrößerten Flächen und spezieller Ausrüstung für den Einsatz auf der Graf Zeppelin. Der endgültige Baustopp für den projektierten Flugzeugträger im Februar 1943 bedeutete auch das Ende des Spezial-Trägerjagdflugzeugs Me 155. Viele der eingelagerten Bf 109 T kamen von April 1943 bis Spätsommer 1944 erneut in verschiedenen Einheiten zum Einsatz, darunter die Jagdstaffel Helgoland und das Jagdgeschwader 11. Teilweise waren die wieder auf T-2-Standard gebrachten Jäger inzwischen mit einer GM-1-Anlage (T-2/Z) zur kurzzeitigen Leistungssteigerung in großen Höhen ausgerüstet.

Messerschmitt Me 209 V5
Sammlung Ringlstetter

Neue Me 209

Zwar arbeitete die Messerschmitt-Mannschaft bereits seit 1940 am Bf-109-Nachfolgemuster Me 309, doch war deren Entwicklung von zahlreichen Rückschlägen geprägt. So stellte man 1942 auch Überlegungen an, die alte 109 mit teils neuen Bauteilen deutlich zu verbessern. Als im Januar 1943 das RLM den Entwicklungsstopp für die Me 309 verhängte, bot Messerschmitt unter der alten Bezeichnung Me 209 ein Jagdflugzeug auf Basis der Bf 109 an. Mit der Rekordmaschine von 1939 hatte die neue 209 nichts zu tun, doch sollte man im RLM nicht denken, dass es sich um eine Neuentwicklung handelte. Was überwiegend auch stimmte, denn man verwendete immerhin 65 Prozent an Bf-109-G-5-Bauteilen für die Me 209. Neu waren das vergrößerte Seitenleitwerk und die veränderten Tragflächen mit breit stehendem Fahrwerk. Als Motor diente ein DB 603 A. An Schusswaffen sah man je nach Einsatzgebiet fünf bis neun Maschinengewehre beziehungsweise Kanonen vor. Messerschmitts Jäger konkurrierte mit der Focke-Wulf Fw 190 D mit Jumo-213-V12-Motor, die vergleichbare Flugleistungen bot – zumindest erwartungsgemäß, da die Me 209 noch nicht geflogen war. Mit der ebenfalls aus der Fw 190 abgeleiteten Ta 152 setzte Focke-Wulf 1944 die Leistungslatte allerdings noch einmal höher und bot zudem einen starken Höhenjäger an. Messerschmitt hatte auch mit der Me 209 kein Glück, da sich Generalluftzeugmeister Erhard Milch am 25. Mai 1943 auch gegen die Me 209 und für die Fw 190 D aussprach. Allerdings erreichte Willy Messerschmitt den Aufschub der Entscheidung. Fritz Wendel startete am 3. November 1943 mit dem ersten Versuchsmuster Me 209 V5 (SP+LJ) zum Jungfernflug und attestierte dem Jäger brauchbare Flugeigenschaften und gegenüber der Bf 109 G überlegene Flugleistungen. Doch strich das RLM am 24. November 1943 die Me 209 endgültig. Messerschmitt sollte sich auf die Fertigung des Strahljägers Me 262 konzentrieren. Dennoch flog am 22. Dezember 1943 die Me 209 V6 mit Jumo 213, während die V5 nach Änderungen am Leitwerk und dem Einbau eines DB 605 G am 19. Februar 1944 erneut abhob, kurz darauf aber bei einem Luftangriff beschädigt wurde.

Zeichnung Höhenjäger Stufe I vom 22. Juli 1943
Sammlung Ringlstetter

Höhenjäger

Sehr hoch und schnell operierende britische Aufklärer de Havilland Mosquito brachten die Luftwaffenführung 1942 schier zum Verzweifeln, da praktisch kein zu dieser Zeit eingesetztes deutsches Jagdflugzeug in der Lage war, die Eindringlinge abzufangen. Zudem erwartete die Luftwaffenführung in absehbarer Zeit den Einsatz von neuen, in großen Flughöhen operierenden US-Langstreckenbombern (Boeing B-29). Unter der Leitung von Woldemar Voigt begannen bei Messerschmitt im Auftrag des RLM noch 1942 die Arbeiten an einem leistungsfähigen Höhenjäger. Zu diesem Zeitpunkt lief bereits die Entwicklung der Me 155 für den Einsatz auf dem Flugzeugträger Graf Zeppelin. Als der Bau des Trägers, wie zuvor bereits erwähnt, 1943 eingestellt wurde, bot sich das Spezial-Trägerjagdflugzeug Me 155 mit vergrößerter Spannweite als schnelle Lösung für das Höhenjäger-Projekt an. Denn die Entwicklung eines reinen Höhenjagdflugzeugs hätte längere Zeit in Anspruch genommen, weshalb man im RLM Mitte 1943 dessen Umsetzung in drei Stufen plante.

Die in drei Stufen geplante Umsetzung des Bf 109 Höhenjägers
Sammlung Ringlstetter

Stufe 1: Bf 109 H

In Stufe 1 vergrößerten die Messerschmitt-Ingenieure die Tragflächen der Bf 109 G-3/V49 sowie von mindestens zwei Bf 109 G-5 (V50 und V54). Dies geschah relativ simpel, indem man Zwischenstücke einsetzte und die Spannweite so auf 13,26 Meter erweiterte, womit die Flügelfläche auf 21,9 Quadratmeter anwuchs. Das etwas erhöhte Fahrgestell wanderte entsprechend nach außen, was Start und Landung erleichterte. Das Seitenleitwerk stammte von der Me 209 und wurde in verschiedenen Größen erprobt. Der Erstflug mit der V49 (Bf 109 H/V1) fand am 23. April 1943 statt. Die vergrößerten Flächen verhalfen dem Jäger in zunehmender Höhe bei abnehmender Luftdichte zu deutlich mehr Auftrieb, verschlechterten jedoch andererseits seine Handhabung und Wendigkeit. Gegenüber der Bf 109 G blieb der als Bf 109 H bezeichnete Höhenjäger bis gut 9000 Meter zurück und war erst darüber zunehmend im Vorteil. Auch überstieg die Bf 109 H die "Gustav" mit bis zu 14 000 Metern Höhe bei weitem. Beim Antrieb plante man für die Serie einen auf Höhenleistung getrimmten Daimler-Benz DB 628 mit Doppellader, der zumindest in der V49 erprobt wurde. Doch überzeugten die erzielten Leistungen mit DB 628 nicht, sodass man wieder auf den DB 605 mit Lader des größeren DB 603 zurückgriff. Nur wenige Bf 109 H sollen letztlich entstanden sein, gebaut 1944 in der Messerschmitt-Zweigstelle bei der französischen Firma SNCAN in Guyancourt. Zumindest eine Bf 109 H gelangte Mitte 1944 in Frankreich als Fotoaufklärer zum Einsatz, nicht jedoch als Jäger. Mit dem Höhenmotor DB 605 L und in großen Höhen leistungsfördernder GM-1-Anlage plante Messerschmitt die Bf 109 H-2, für die man in 11 000 Metern Höhe mit Notleistung eine Höchstgeschwindigkeit von 725 km/h errechnete.

BV 155 bei Blohm & Voss in einer Werkshalle
Sammlung Ringlstetter

Radikal: Me 155/BV 155

Der Höhenjäger Stufe II führte zum Projekt P 1091, das einen deutlich verlängerten Rumpf und wiederum die Verwendung von Me-209-Teilen vorsah. Die Spannweite wuchs auf stattliche 21 Meter. In Stufe III baute man das Projekt P 1091, auch Me 155 B genannt, weiter aus. Der Extrem-Höhenjäger sollte einen mit Turbolader TKL 15 der Firma Hirth ausgestatteten Höhenmotor DB 628 oder DB 603 als Antrieb bekommen und bis zu 17 500 Meter Flughöhe erreichen. Da Messerschmitt völlig ausgelastet war, wies das RLM im August 1943 an, die konstruktive Ausführung der Me 155 B an die Firma Blohm & Voss Flugzeugbau zu übergeben, die eine Ingenieurs-Gruppe zu Messerschmitt abstellte. Nach wiederholten Reibereien wanderte das Extrem-Höhenjäger-Projekt im Frühjahr 1944 komplett zu Blohm & Voss und wurde als BV 155 B/V1 fertiggestellt. Zum Erstflug hob die Maschine am 8. Februar 1945 ab.

Messerschmitt Bf 109F im Mistelgespann mit einer Ju 88
Sammlung Ringlstetter

Zwilling und Mistelgespann

Eine durchaus sinnvolle Idee verfolgte Messerschmitt Ende 1942 mit dem Zerstörer und Jagdbomber Bf 109 Z (Zerstörer) für die Schnellbomber-Ausschreibung des RLM. Der Entwurf sah zwei miteinander verbundene, von DB-605-Motoren angetriebene Bf 109 vor. Das Zwillingsgespann mit 13,27 Metern Spannweite ließ rechnerisch eine Höchstgeschwindigkeit von 710 Kilometern pro Stunde erwarten. Auch erwog man den Einbau von zwei Junkers Jumo 213, die etwa 760 km/h ermöglichen sollten. Als Starrbewaffnung für die Zerstörer-Ausführung Bf 109 Z-1 plante man, fünf Maschinenkanonen MK 108 oder vier MK 108 und eine MK 103 einzubauen. Ihre Bombenlast sollte bei maximal 500 Kilogramm liegen. Dagegen kam die Jagdbomber-Variante Z-2 auf eine Abwurflast von bis zu 2000 Kilogramm, während man die Starrbewaffnung auf zwei MK 108 reduzierte. Der vielversprechende 109-Zwilling ging nicht in Serie, denn das RLM favorisierte Dorniers Do 335. North American bewies mit der 1945 erstmals geflogenen, sehr erfolgreich operierenden Doppelrumpf-P-51, P-82 Twin Mustang, im Koreakrieg das enorme Potenzial dieses Konzeptes. Ein seltener, aber sehr spezieller Nutzungszweck für den Messerschmitt-Jäger ergab sich ab 1944 beim Test und Einsatz sogenannter Mistelgespanne. Dabei handelte es sich um eine zweimotorige Junkers Ju 88 mit 2000-Kilogramm-Sprengkopf anstelle des Vorderrumpfes, die über eine aufgesetzte Bf 109 oder Fw 190 gesteuert wurde. Es gelangten jedoch nur wenige Maschinen zum Kampfeinsatz.