Zu den erfolgreichsten Jagdflugzeugen des Zweiten Weltkriegs gehörte die von North American entwickelte P-51 Mustang, von der mehr als 15 000 gebaut wurden. Auch ihre Reichweitenleistungen waren beeindruckend, doch bei den extremen Distanzen bei den Bombenangriffen auf Japan mit Flugzeiten von über acht Stunden stießen die Piloten an ihre physischen Grenzen. Die US Army Air Forces erwogen deshalb den Einsatz von Doppelsitzern. Diese mussten es aber mit den japanischen Abfangjägern aufnehmen können.
Doppelrumpf-Jäger
Ende 1943 befasste sich auch North American mit dem Thema, und bei einem Besuch von General Hap Arnold in Inglewood (Los Angeles) präsentierte Chefdesigner Edgar Schmued dem Oberbefehlshaber der USAAF das Konzept eines Doppelrumpf-Jägers auf Basis der P-51H. Arnold war sehr interessiert, sodass nach ersten Windkanalversuchen und dem Bau eines Mock-ups am 8. Februar 1944 der Auftrag für den Bau von vier Prototypen des als XP-82 bezeichneten Musters (firmenintern NA-120) erteilt wurde.
Zur Entlastung und für den Notfall
Auf den ersten Blick war der Ansatz bestechend einfach und ohne großen Zeitaufwand umzusetzen, doch außer der generellen Form der Mustang-Rümpfe und Außenflügel hatte die XP-82 am Ende mit der P-51H nicht viel gemein. Zum einen musste die Zelle für die höhere Abflugmasse neu durchgerechnet werden, zum anderen verlängerte man den Rumpf hinter dem Cockpit um 1,45 Meter. Neu war sowieso das rechteckige Flügelmittelstück zwischen den beiden Rümpfen, in dem die sechs MGs untergebracht wurden, und das Höhenleitwerk. Auch das Hauptfahrwerk musste neu konstruiert werden. Im linken, voIl ausgerüsteten Cockpit saß der Pilot, während der rechts sitzende Copilot nur zur Entlastung und für den Notfall vorgesehen war.

Unangenehme Überraschung
Die Detailkonstruktion und der Prototypenbau der Twin Mustang nahmen etwa 16 Monate in Anspruch. Als die erste Maschine mit der USAAF-Nummer 44-83886 ihre Rolltests aufnahm und zum Erstflug abheben sollte, gab es jedoch eine unangenehme Überraschung. Die beiden Packard-Merlin-V-1650-23/25-Motoren waren so eingebaut, dass sich die beiden gegenläufig drehenden Aeroproducts-Propeller in der Mitte bei der Aufwärtsbewegung trafen. Dies führte zu Verwirbelungen und einem starken Auftriebsverlust über dem Flügelmittelstück, sodass die XP-82 nicht vom Boden wegkam.
Jungfernflug
Erst nachdem man die Motoren getauscht hatte und die Propeller sich nun in der Abwärtsbewegung trafen, war wieder alles in Ordnung, und die Testpiloten Joe Barton und Edward M. Virgin starteten am 15. Juni 1944 in Inglewood (heute Los Angeles International Airport) zum Jungfernflug. Die zweite XP-82 folgte am 30. August, nur drei Tage bevor Japan die Kapitulationserklärung unterschrieb und damit der Zweite Weltkrieg auch im Pazifik beendet war.
Modifiziert zum Nachtjäger
Obwohl die Twin Mustang bei den Flugversuchen ausgezeichnete Geschwindigkeiten (775 km/h), eine sehr gute Manövrierfähigkeit und eine Reichweite mit Zusatztanks von 5630 km (doppelt so viel wie die P-51H) erreichte, war ein bereits Mitte 1944 erteilter erster Auftrag für 500 Flugzeuge damit hinfällig. Auch der dritte und vierte Prototyp, die Allison-V-1710-Motoren erhalten sollten, wurden nicht mehr fertiggestellt.

HVAR-Raketen
Die USAAF nahmen zunächst nur die 20 Maschinen der ersten Serienversion P-82B ab, die sich bereits im Bau befanden (Erstflug am 31. Oktober 1945). Sie wurden zwischen Januar und März 1946 ausgeliefert, gingen allerdings nicht an einen Einsatzverband, sondern wurden für verschiedene Versuche verwendet. Unter anderem testete man einen zentral montierten Behälter, der acht weitere 12,7-mm-MGs aufnehmen konnte. Auch ein Aufklärungsbehälter wurde erprobt. An bis zu sechs Aufhängungen konnte die P-82B auch 225 kg schwere Bomben oder HVAR-Raketen (Kaliber 12,7 cm) mitführen.
Radarbeobachter
Unterdessen sollte die Eignung der Twin Mustang als Nachtjäger untersucht werden. North American modifizierte entsprechend zwei P-82B als P-82C (USAAF-Kennung 44-65169) und P-82D (44-65170). Sie starteten am 27. beziehungsweise 29. März 1946 zum Erstflug. In einer großen, weit nach vorn reichenden Gondel unter dem Flügelmittelstück waren das SCR-720-Radar aus der P-61 Black Widow beziehungsweise das etwas kleinere APS-4 (Wellenlänge 3 cm) untergebracht. Hinzu kamen bei beiden Maschinen noch je ein Radarhöhenmesser (APN-1) und ein Rückwärtswarngerät (APS-13). Ferner wurde das rechte Cockpit mit der entsprechenden Instrumentierung und Ausrüstung für einen Radarbeobachter versehen.
Hohe Geschwindigkeiten
Auch was die Begleitjägerrolle betrifft, zeigten die USAAF wieder Interesse. Die neuen Muster mit Strahlantrieb boten nämlich hohe Geschwindigkeiten, hatten aber wegen ihrer durstigen Triebwerke nur mäßige Reichweiten, die in keiner Weise ausreichend waren, um B-50 Superfortress oder B-29 bei möglichen Missionen gegen den neuen Feind Sowjetunion zu schützen. Im Oktober 1946 erhielt North American daher einen Vertrag für bis zu 250 P-82E im Wert von 35 Millionen Dollar.

Lizenzgebühren
Diese entsprachen weitgehend der P-82B, wurden aber statt mit Merlins mit Allison-V-1710-143/145-Motoren versehen, um die heimische Industrie zu stützen (General Electric war Anteilseigner sowohl bei Allison als auch bei NAA) – dies zumal Rolls-Royce die Lizenzgebühren nach dem Krieg deutlich erhöhte. Der Wechsel brachte nicht nur weniger Pferdestärken und damit geringere Geschwindigkeiten (748 km/h) und Steigleistungen, sondern auch einigen Ärger wegen der nicht besonders guten Zuverlässigkeit der Allisons. Diese neigten unter anderem dazu, die Zündkerzen schnell zu verrußen.
Motorenprobleme
Die erste P-82E flog am 17. April 1947 mit George Welch im Cockpit, doch die Motorenprobleme und die dadurch notwendigen zusätzlichen Versuche führten zu Verzögerungen und erheblichen Kostensteigerungen. North American musste fertige Flugzeuge bei Convair in Downey (Kalifornien) einlagern, bis genügend brauchbare V-1710 verfügbar waren. Die Lieferungen an die auf der Robins AFB in Georgia stationierte 27th Fighter-Escort Group (522nd, 523rd, 524th Fighter-Interceptor Squadron) begannen daher erst im Mai 1948. Inzwischen waren die USAAF zur eigenständigen US Air Force geworden. Sie stellte im Juni 1948 ihre Typenbezeichnungen um: Aus der P-82E wurde die F-82E (F für Fighter, P für Pursuit).
Übergangsmuster
Insgesamt übernahm die USAF bis Dezember 1948 letztlich 100 F-82E, die sich aber schnell als Übergangsmuster erwiesen und deren Ausmusterung schon im Herbst 1950 abgeschlossen war. Die Motoren und sonstige brauchbare Ersatzteile nutzte man anschließend für die Nachtjägerversionen der Twin Mustang, zu deren Beschaffung sich die amerikanischen Luftstreitkräfte ebenfalls im Herbst 1946 entschlossen hatten.

Abschuss über Korea
Trotz der Tests mit der P-82C und P-82D dauerte deren Entwicklung etwas länger. Die P-82F mit dem APG-28-Radar (verbessertes APG-4) flog im März 1948, während das G-Modell mit dem SCR-720C18-Radar bereits im Februar seinen Jungfernflug absolviert hatte. Bestellt wurden 100 F-Modelle und 50 der G-Version, wobei allerdings insgesamt 14 der Flugzeuge noch vor der Auslieferung zum H-Modell für den Einsatz in Alaska modifiziert wurden. Sie erhielten spezielle Enteisungsanlagen für Flügel und Leitwerk sowie eine Propellerenteisung. Die Lieferungen des letzten Propellerjägers der USAF endeten im März 1949.
Invasion Südkoreas
Fighter All Weather Groups wurden unter anderem in McChord AFB (Washington), Mitchel AFB (New York) oder Hamilton Field (Kalifornien) mit F-82F und G ausgerüstet. Die H-Modelle gingen zur 449th F(AW)S auf der Ladd AFB in Alaska. Außerdem waren Twin Mustangs in Japan stationiert. Als am 25. Juni 1950 die Invasion Südkoreas durch die Kommunisten begann, waren drei mit F-82G ausgerüstete Squadrons der 347th Fighter (AW) Group einsatzbereit: die 4th in Naha AB, Okinawa, die 68th in Itazuke AB, Kyushu, und die 339th in Yokota AB bei Tokio. Ihre jeweilige Stärke lag bei zwölf bis vierzehn Flugzeugen. Hauptaufgabe der 68th und 339th Squadrons war während der ersten Tage des Koreakrieges der Luftraumschutz über dem Flugplatz Kimpo bei Seoul und dem Hafen von Incheon, wo zahlreiche Zivilisten auf dem Luft- und Seeweg schnell evakuiert wurden.
Nordkoreanischen Kolbenmotorjäger
In den Nachmittagsstunden des 27. Juni 1950 konnte eine F-82G (FQ-383) der 68th Fighter Squadron einen nordkoreanischen Kolbenmotorjäger des Typs Yak-11 abschießen. Die aus dem Piloten Lt. William G. Hudson und seinem Radarbeobachter Lt. Carl Fraser bestehende Besatzung errang damit den ersten von insgesamt 853 amerikanischen Luftsiegen während des Koreakrieges. Am selben Nachmittag schossen eine F-82G der 68th FS unter Lt. Charles B. Moran eine Jak-7 sowie eine F-82G der 339th FS unter Major James W. Little eine Jak-7 ab. Obwohl beide Staffeln weiterhin zum Einsatz kamen, wurden die Twin Mustangs in zunehmendem Maße von der F-80 Shooting Star und der F-86 Sabre abgelöst. Nur bei der NACA dienten einige F-82 noch als Versuchsträger.

Verschrottungsaktionen
Lediglich drei Twin Mustangs haben die Verschrottungsaktionen überlebt. Eine XP-82 (44-83887) wurde jüngst flugfähig gemacht. Eine andere, als "Betty Joe" benannte P-82B (44-65168) steht heute im Museum der US Air Force in Dayton. Diese wurde durch ihren Langstreckenrekordflug am 27./28. Februar 1947 bekannt. Lieutenant Colonel Robert E. Thacker und Lt. John M. Ard als Copilot flogen die 8088 km von Hickam AFB auf Hawaii nach LaGuardia Field in New York in 14 Stunden und 31 Minuten. Dies war die größte Entfernung, die ein Kolbenmotorjäger im Nonstop-Flug je hinter sich gebracht hat.
Technische Daten
North American P-82E Twin Mustang
Verwendung: Jagdflugzeug
Motoren: 2 x Allison V-1710-143/145
Leistung: 2 x 1600 PS
Besatzung: 2
Spannweite: 15,62 m
Länge: 12,16 m
Höhe: 4,21 m
Flügelfläche: 37,9 m2
Leermasse: 6765 kg
max. Startmasse: 11 280 kg
Höchstgeschwindigkeit: 748 km/h
Steigrate: 20,4 m/s
Dienstgipfelhöhe: 11 705 m
Reichweite mit Zusatztanks: 3500 km
Bewaffnung: 6 x 12,7 mm MG mit je 400 Schuss
Außenlast: 4 x 450-kg-Bomben oder 25 HVAR-Raketen