Mit Mach 3 aufs Abstellgleis: Unrühmliches Ende für Superjäger XF-108

North American XF-108 Rapier
Der beste Mach-3-Jäger, der nie flog?

Veröffentlicht am 07.01.2024

North American hat mit der P-51 Mustang und F-86 Sabre zwei der berühmtesten Jagdflugzeuge aller Zeiten geschaffen. Diese Erfolgsgeschichte wollte das Unternehmen mit zwei Mustern fortsetzen. Während es die F-107 wenigstens in die Flugerprobung geschafft hat, blieb die Mach 3 schnelle F-108 Rapier im Attrappen-Stadium.

Partner der XB-70

Mit dreifacher Überschallgeschwindigkeit schießt die sechsstrahlige B-70 Valkyrie auf das Einsatzgebiet zu. An ihren Flanken halten die zwei F-108-Begleitjäger mühelos mit. Doch zu diesem Szenario sollte es nie kommen. Die XB-70 gilt als eines der spektakulärsten Flugzeuge aller Zeiten und hat bis heute nichts von ihrer Faszination verloren. Welchen Eindruck hätte wohl die XF-108 gemacht, wenn sie in die Luft gekommen wäre?

XF-108 Rapier Farbzeichnung
North American/US Air Force

Raketen mit Atomsprengkopf

Um die nötige Geschwindigkeit zu erreichen, setzten die Ingenieure auch beim Fighter auf den Antrieb der XB-70. Allerdings kamen nur zwei der bis zu 130 Kilonewton starken YJ93-Triebwerke von General Electric zum Einsatz. Die Bewaffnung bestand aus drei Infrarot-gelenkten Flugkörpern, die im internen Waffenschacht Platz fanden. Sie konnten auch nukleare Sprengköpfe tragen. Die zweiköpfige Besatzung saß in Rettungskapseln, die nahezu identisch mit denen der Valkyrie waren.

XF-108 Schnittzeichnung Seite
North American/US Air Force

Höchstgeschwindigkeit Mach 3.07

Die Flügelspitzen des Jägers waren nach unten geneigt, vier Flossen unter Rumpf und Tragfläche sollten für Seitenstabilität sorgen. Die Struktur bestand größtenteils aus einer Stahl-Waben-Sandwich-Konstruktion statt Aluminium. Angesichts der geplanten Höchstgeschwindigkeit von Mach 3.07 sicherlich keine schlechte Idee. Die Dienstgipfelhöhe der F-108 lag bei 28956 Metern. All das passierte wohlgemerkt in den 50er Jahren!

XF-108 Rapier Zeichnung Draufsicht
North American/US Air Force

Sieg für North American

Die Geschichte begann am 6. Oktober 1955, als die US Air Force den Anforderungskatalog GOR 114 für einen neuen Jäger ausschrieb (General Operational Requirement). Das neue Muster sollte allwetterfähig sein, über eine reine Flugkörper-Bewaffnung verfügen und eine große Reichweite besitzen. Knapp einen Monat später bekamen Lockheed, North American und Northrop Aufträge zur Erstellung entsprechender Studien. Im Juni 1957 trudelte schließlich bei North American der Vertrag zur Entwicklung und zum Bau von zwei Prototypen des Waffensystems mit der Bezeichnung WS-202A ein. Die Modellnummer des Herstellers lautete NA-257.

XF-108 Rapier Modell in Originalgröße im Hangar
North American/US Air Force

Feuerleitsystem von Hughes

Am 10. Mai 1958 erhielt das Projekt die offizielle Bezeichnung F-108. Im selben Monat gab die Air Force die Verwendung des Hughes-Radars AN/ASG-18 und des Flugkörpers AIM-47A Falcon bekannt. Unterdessen arbeite General Electric fleißig am J93, das in Form des YJ93-GE-3 am 26. September 1958 in Peebles, Ohio, seinen Erstlauf absolvierte.

XF-108 Rapier Modell in Originalgröße im Hangar
North American/US Air Force

Attrappe in Originalgröße

In Kalifornien entstand derweil bei North American ein Modell der F-108 in Originalgröße. Im Januar 1959 erfolgte die erste Inspektion des Mock-ups seitens der USAF. Zunächst sah noch alles gut aus: Im Mai 1959 taufte die Air Force ihr künftiges Prunkstück nach einem landesweiten Wettbewerb auf den Namen "Rapier" (Degen). Der Erstflug war für März 1961 vorgesehen. Die Entwicklung des Jägers war eng an die Konstruktion der B-70 gekoppelt. Obwohl die F-108 zeitlich früher angesiedelt war, konnte North American einige Komponenten des 141 Millionen teuren Rapier-Programms für den Bomber übernehmen.

Plötzliches Ende

Dann kam der Schock für alle beteiligten: Am 23. September 1959 verkündeten die Luftstreitkräfte das Ende der F-108. Als Grund nannten man einen "Mangel an Geldmitteln und andere Prioritäten in den Programmen". Technische Probleme hätte es keine gegeben, und alle Programmziele seien erreicht worden. Die Generäle wollten sich wohl nur auf einen Mach-3-Jäger konzentrieren – und das war die Lockheed YF-12A. Das Feierleitsystem der F-108 kam später auch bei dieser Blackbird-Variante zum Einsatz.

Nicht alles umsonst

Insgesamt war die Rapier ihrer Zeit weit voraus. Die zahlreichen neuen Systeme hätten allerdings einiges an weiterer Entwicklungsarbeit erfordert, um einen reibungslosen Einsatz zu gewährleisten. Leider ist auf einige Fotos kaum noch etwas von der F-108 erhalten geblieben. Das ehrgeizige Projekt führte aber dennoch zu wichtigen Weiterentwicklungen, etwa im späteren Radar der F-14 Tomcat und dem Flugkörper AIM-54 Phoenix, oder dem F101-Triebwerk von General Electric.