Pilotennachschub für die Royal Air Force - das Schulflugzeug Percival Provost:

Pilotennachschub für die Royal Air Force
Das Schulflugzeug Percival Provost

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Zuletzt aktualisiert am 13.02.2025

Nach dem Zweiten Weltkrieg bekam die Royal Air Force mit der Percival Prentice (Lehrling), die im März 1946 erstmals geflogen war, ein neues Schulflugzeug für die Grundausbildung ein. Schon bald nach der Truppeneinführung des Musters im November 1947 zeigte sich aber, dass die von einem de-Havilland-Gipsy-Queen-Motor mit maximal 250 PS angetriebene Maschine den Anforderungen nicht mehr gewachsen war. Das Air Ministry gab daher im September 1948 die Spezifikation T.16/48 heraus, in der unter anderem auch eine bessere Überwachung des Schülers und mithin eine Cockpitauslegung mit nebeneinander liegenden Sitzen gefordert wurde.

Mehrere Percival Provost T.1 der Royal Air Force in enger Formation während eines Fluges über die Landschaft
Percival

Auftrag für 200 Flugzeuge

Über 30 Angebote gingen ein, von denen die Handley Page H.P.R.2 und die von Henry Millicer entworfene Percival P.56 ausgewählt wurden. Letztere war eine konventionelle, einfach aufgebaute Metallkonstruktion. Beide Firmen erhielten einen Auftrag für den Bau von je zwei Versuchsmustern. Die beiden P.56 waren dabei mit einem Cheetah-Sternmotor von Armstrong Siddeley beziehungsweise einem stärkeren Alvis Leonides Mk.25 ausgerüstet. Der Erstflug der P.56 (WE522) mit Cheetah-Motor erfolgte am 24. Februar 1950. Nach Werksversuchen startete beim Aeroplane and Armament Experimental Establishment (A&AEE) in Boscombe Down ein Vergleichsfliegen, aus dem die P.56 als Sieger hervorging. Die Beurteilungen der Maschine waren durchweg positiv, und es mussten nur kleinere Änderungen vorgenommen werden. Insbesondere die Rollrate war fast so gut wie die von Kampfjets. Ebenso wurde die Steigrate gelobt. Das Überziehverhalten war relativ unkritisch, und auch das Abfangen aus dem Trudeln war kein Problem. Mit VHF-Funkgeräten war bei schlechtem Wetter ein Ground Controlled Approach möglich. Der Blindflug konnte dank ausklappbarer Sichtblenden und besonderen Brillen für den Schüler geübt werden. Die Instrumentierung war komplexer als bei sonstigen Anfangstrainern, um die Schüler an die Verhältnisse in Einsatzmustern zu gewöhnen. Für weitere Antriebstests baute Percival noch eine dritte Maschine (Alvis-Leonides-Motor mit 550 PS/410 kW und damit etwa doppelt so stark wie der Gipsy Queen in der Prentice). Am 19. Mai 1951 wurde dann ein erster Auftrag für 200 Flugzeuge erteilt, die bei der RAF den Namen "Provost" erhielten (Administrator an einem College oder einer Universität, der die Durchführung von Forschung und Lehre beaufsichtigt).

Ein Percival Provost Prototyp (WG503) mit Alvis-Motor während eines Testfluges
Archiv Jarrett

Indienststellung 1953

Die Indienststellung begann 1953, wobei die ersten Flugzeuge an die Central Flying School (CFS) auf der Basis South Cerney geliefert wurden. Die CFS führte im Mai und Juni 1953 intensive Flugversuche durch, bevor die Ausbildung der Fluglehrer begann. Am 1. Juli 1953 begann die 6 Flying Training School in Ternhill mit der Umrüstung auf die Provost. Der erste Lehrgang mit Flugschülern startete im Oktober. Die No. 22 Flying Training School in Syerston war die nächste Einheit, die umgerüstet wurde, gefolgt von der 2 FTS in RAF Cluntoe, Nordirland, der 3 FTS in RAF Feltwell und dann dem Royal Air Force College in RAF Cranwell. Bis September 1954 hatte die Provost alle noch verbliebenen Prentices bei der RAF ersetzt. Da sie deutlich leistungsfähiger war als ihr Vorgänger konnte der Zwischenschritt mit der Harvard entfallen, und die angehenden Piloten stiegen direkt auf die jetgetriebene de Havilland Vampire um. Ab 1956 wurde die Provost bei einigen Universitätsflugstaffeln eingeführt. Die Erste war die Queen’s University Air Squadron in Belfast im Januar 1956. Das letzte Serienflugzeug der RAF wurde im April 1956 an die 12 Maintenance Unit ausgeliefert. Der Trainer diente bei der RAF nur bis Anfang der 1960er-Jahre, als man eine durchgehende Ausbildung auf Jets einführte und dafür die Jet Provost erhielt. Die meisten Provosts gingen zum 27 Maintenance Unit, wo sie verschrottet wurden. Mehrere ausgemusterte Flugzeuge wurden mit neuen Wartungsnummern versehen und für die Ausbildung von Flugzeug- und Triebwerkstechnikern verwendet. Einige wenige Provosts blieben in den 1960er-Jahren bei der Central Navigation & Control School (später Central Air Traffic Control School) in RAF Shawbury im Einsatz, bis das letzte Exemplar 1968 ausgemustert wurde. Der letzte offizielle Provost-Flug bei der RAF war am 30. Oktober 1968 (Flugzeug WW397). Einige Flugzeuge wurden im Laufe der Jahre an zivile Eigner verkauft.

Zwei bewaffnete Percival Provost T.52 der Luftstreitkräfte Omans im Flug über einer bergigen Wüstenlandschaft
Archiv Jarrett

Exportverkäufe

Neben dem Bau von letztlich 361 Provosts (drei Aufträge) für die Royal Air Force gelang es Percival auch, einige Exportkunden zu gewinnen. Für sie wurden 70 Flugzeuge neu gebaut Der erste Exportauftrag wurde im Mai 1953 von Südrhodesien erteilt, und zwar für vier Flugzeuge entsprechend der T.1 der RAF, die allerdings als T.51 bezeichnet wurden. Später folgte die Royal Rhodesian Air Force mit einem Auftrag über zwölf bewaffnete Schulflugzeuge mit der Bezeichnung T.52, die 1955 ausgeliefert wurden. Die Provost konnte mit zwei MGs (7,7 mm), zwei 125 kg schweren Bomben oder bis zu sechs ungelenkten Raketen ausgerüstet werden. 1968 beschaffte sich Rhodesien weitere Flugzeuge, die zur Umgehung eines Waffenembargos auf verschlungenen Wegen importiert wurden. Im Januar 1954 bestellten die irischen Luftstreitkräfte vier T.51, die be- reits ab März ausgeliefert wurden. 1960 gaben sie dann eine weitere Bestellung über sechs bewaffnete T.53-Varianten auf. Geflogen wurden sie vom Advanced Flying Wing in Baldonnel. Die Luftstreitkräfte Burmas gaben ebenfalls 1954 zwölf bewaffnete T.53-Varianten in Auftrag. Sie setztenschließlich insgesamt 40 Flugzeuge ein. Im Mai 1957 bestellte die neu ge- gründete sudanesische Luftwaffe vier bewaffnete T.53; zwei gingen kurz nach der Auslieferung bei Unfällen verloren, drei weitere wurden 1959 gekauft, gefolgt von fünf ehemaligen RAF-Maschinen. Ehemalige RAF-Maschinen wurden auch als bewaffnete T.52-Varianten an die Royal Air Force of Oman geliefert, wo sie unter anderem für Grenzkontrollpatrouillen verwendet wurden. Im Jahr 1955 bestellte die Royal Iraqi Air Force 15 bewaffnete Provost T.53, von denen die Erste im Mai 1955 ausgeliefert wurde. Der letzte Exportkunde war die Royal Malaysian Air Force, die zwischen 1961 und 1968 insgesamt 24 T.51-Trainer erhielt.

Zeichnungen der Pervical Provost von vorne, seitlich und von oben
Michele Marsan

Technische Daten

Percival Provost

Hersteller: Percival Aircraft Ltd., Luton (Teil der Hunting Group)

Besatzung: 2

Antrieb: 1 x Alvis Leonides 126

Leistung: 1 x 550 PS (410 kW)

Länge: 8,73 m

Höhe: 3,70 m

Spannweite: 10,70 m

Flügelfläche: 19,9 m²

Leermasse: 1525 kg

Startmasse: 1995 kg

Höchstgeschwindigkeit: 320 km/h in Meereshöhe

Dienstgipfelhöhe: 7620 m

Steigrate: 11,2 m/s

Steigzeit auf 3300 m: 3,27 min

Reichweite: 1020 km

Flugdauer: 4 h

Bewaffnung (T.52 und T.53): 2 x 7,7 mm MG, 225 kg Außenlasten