Seit jeher gibt es in der Luftfahrt nicht nur Erfolge und Rekorde. Einige Flugzeuge versprachen herausragende Leistungen, die sie aber nie erreichen konnten. Entweder waren die Projekte zu ambitioniert, die Auftraggeber überlegten es sich anders, oder den Firmen ging schlicht das Geld aus. Wir haben zehn Flugzeuge aus dem Archiv geholt, die sicher der Star jeder Flugschau gewesen wären, wenn Sie denn jemals geflogen wären. Die Rangfolge ist allerdings subjektiv. Sicher gibt es noch viele andere interessante Kandidaten, die es trotz vieler Bemühungen nie in die Luft geschafft haben.
Boeing XCH-62A: Das Schwergewicht

Im Auftrag der US Army entwickelte Boeing Vertol diesen Schwerlasthubschrauber, der als Kranhubschrauber gedacht war. Der Antrieb bestand aus drei Allison T701-Triebwerken. Probleme gab es allerdings mit dem Getriebe. Als sie schließlich gelöst werden konnten strich der US-Kongress im August 1975 die Geldmittel. Obwohl der Prototyp fast fertig war wurde er nicht mehr erprobt. In den 80er Jahren wollte die NASA ihn für Flugversuche nutzen, aber aufgrund gestrichener Geldmittel kam es nicht dazu. Nach einigen Jahren im US Army Aviation Museum in Fort Rucker wurde er schließlich 2005 verschrottet.

North American XF-108 Rapier: Stumpfer Degen
Nicht alle Mitglieder der berühmten "Century"-Serie waren erfolgreich. Die XF-108 Rapier ("Degen") sollte als Mach-3-schneller Jäger der ebenfalls von North American entwickelten B-70 Valkyrie Begleitschutz geben. Als Antrieb waren zwei J93-Triebwerke von General Electric vorgesehen, wie sie auch in der XB-70A zum Einsatz kamen. Obwohl die Entwicklungsarbeiten relativ weit fortgeschritten waren stellte die US Air Force das Programm am 23.September 1959 ein.
Fairchild Dornier 728: Made in Germany

Vielversprechende Leistungen, solide Technik und eine Großbestellung der Lufthansa. Eigentlich sollte in so einem Fall das Produkt zu einem großen Erfolg werden. Nicht so die Fairchild Dornier 728. Beim feierlichen Roll-out in Oberpfaffenhofen am 21. März 2002 war die Stimmung noch gut, das Flugzeug schien bereit für den Erstflug. Doch dazu kam es nicht mehr, da Fairchild Dornier noch im selben Jahr Insolvenz anmelden musste. Auch die Pläne für einen Neustart des Programms mit einem chinesischen Investor verliefen im Sande. Den ersten Prototyp der 728 kaufte schließlich das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) aus der Insolvenzmasse, um ihn für Kabinentests zu verwenden.
Jakowlew Jak-1000: zu gefährlich

Zur Hochgeschwindigkeitsforschung entwickelte Jakowlew die Jak-1000, die mehr wie ein bemannter Flugkörper als wie ein Flugzeug aussah. Als Antrieb sollte ein AL-5-Turbojet zum Einsatz zum Einsatz kommen, der aber aufgrund von Verspätungen durch ein RD-500 ersetzt werden musste. Die Maschine verfügte über einen kleinen Delta-Flügel und wurde im Februar 1957 fertiggestellt. Die anschließenden Rollversuche zeigten aber, dass die Steuerflächen viel zu klein waren. Bei einem Test kam die Jak-1000 sogar von der Startbahn ab. Aus Sicherheitsgründen verzichtete man schließlich auf eine Flugerprobung. Noch im Jahr 1957 wurde das Projekt eingestellt.
Air Metal AM-C 111: David ohne Glück

Landshut in Bayern gilt nicht gerade als Metropole für den Flugzeugbau in Deutschland. Dies wollte das Unternehmen Air Metal Flugzeugentwicklungsgesellschaft GmbH ändern und begann Ende der 60er Jahre mit der Entwicklung eines zweimotorigen Turboprops. Die AM-C 111 ähnelte in ihrer Auslegung der Let L-410 und konnte 20 Passagiere befördern. Das Unternehmen wollte allerdings keine kompletten Flugzeuge, sondern eine Lizenz und die nötigen Bauteile an Kunden verkaufen, die selber für den Zusammenbau verantwortlich waren und die Flugzeuge dann weiter verkaufen sollten. Jeder Teilesatz einschließlich Triebwerke sollte 1,14 Millionen Mark kosten. Da jedoch nicht genügend Investoren gefunden werden konnten ging Air Metal in die Insolvenz. Der nicht mehr fertiggestellte Prototyp der C 111 befindet sich heute im Bestand des Deutschen Technikmuseums in Berlin, wie übrigens auch die Bruchzelle der Fairchild Dornier 728.
Republic XF-103: Science Fiction

Der Abfangjäger entstand in den 50er Jahren aufgrund der Spezifikation MX-1554 und sollte eine Geschwindigkeit von Mach 3 erreichen. Die XF-103 besaß einen Deltaflügel mit einer Pfeilung von 60 Grad und wirkte eher wie ein Gefährt aus den damaligen Science-Fiction-Geschichten. Als Antrieb sollte ein Turbojet Wright Aeronautical Corporation XJ-67-W-1 zum Einsatz kommen, dessen Nachbrenner ab mach 2 als Staustrahl-Brennkammer diente. Die Raketen- und Flugkörperbewaffnung fand in einem Waffenschacht Platz. Die US Air Force beendete das Projekt aber am 21. August 1957 zugunsten der weniger komplexen Convair F-102 Delta Dagger. Von der XF-103 wurde nur ein Mock-up fertig gestellt.
Boeing 2707 SST: Als die USA sich übernahmen

Schneller und größer als die europäischen und sowjetischen Projekte sollte Amerikas Überschall-Verkehrsflugzeug werden. Einige US-Firmen hatten schon in den 50er Jahren mit Untersuchungen für einen Supersonic Transport (SST) begonnen, doch eine endgültige Entscheidung fiel später als bei der Konkurrenz auf der anderen Seite des Atlantiks. Erst im August 1963 wies US-Präsident John F. Kennedy die Federal Aviation Agency (FAA) an, mit entsprechenden Studien für das nationale Programm zu beginnen. Boeing setzte sich schließlich mit dem Modell 2707 gegen den Entwurf von Lockheed durch, doch Änderungen ließen die Kosten explodieren. Nach 700 Millionen ausgegebenen Dollar zog der US-Senat 1971 die Notbremse und stoppte das Programm. Teile der Attrappe der 2707-300 sind heute im Hiller Aviation Museum in Nordkalifornien zu sehen.. Außerdem befindet sich noch ein GE4-Triebwerk im Bestand des Smithsonian.
A-12 Avenger II Zahnloser Rächer

Als Nachfolger der Grumman A-6 Intruder wurde in den 80er Jahren die Avenger II entwickelt. Das Stealth-Angriffsflugzeug war als Nurflügler ausgelegt. Doch die Technik forderte ihren Tribut: Das Gewicht stieg erheblich über das Entwurfslimit; Schwierigkeiten mit dem Radar und anderen Systemen sorgten für Verzögerungen und Kostensteigerungen. Nach Ausgaben von zwei Milliarden Dollar stornierte Verteidigungsminister Dich Cheney das Programm und forderte das Geld von McDonnell Douglas (später Boeing) und General Dynamics zurück. Der anschließende Rechtsstreit zog sich bis 2014 hin. Im Endeffekt mussten die beiden Unternehmen jeweils 200 Millionen Dollar zurückzahlen. Das Mock-up der A-12 steht heute im Fort Worth Aviation Museum.
Vought XF5U: Der Hopser

Allein der Spitzname "Der fliegende Pfannkuchen" verrät einiges über den Erfolg der XF5U. Anfang der 40er Jahre suchte die US Navy nach einem Jagdflugzeug, das auf extrem kurzen Pisten starten und landen konnte. Vought antwortete mit einem Entwurf, der sich durch eine fast kreisförmige Tragfläche auszeichnete. Zu Versuchszwecken baute die Firma die V-173, die auch im Flug erprobt wurde. Guter Dinge machte man sich an den Bau der größeren und schwereren XF5U. Verspätungen und Kostenüberschreitungen trübten aber die Laune der US Navy, die nach Kriegende eher auf Jets setzte. Die Erprobung der XF5U konnte die Stimmung nicht verbessern, denn die Bodenläufe waren von Vibrations- und Getriebeproblemen gekennzeichnet. Während der Rollversuche machte der kuriose Jäger zwar einige kleine Hopser, wirklich geflogen ist er aber nicht. Daher stellte die US Navy das Programm im März 1947 ein. Der Prototyp wurde später mit Hilfe einer Abrissbirne zerstört.
Rockwell XFV-12A: Versagen trotz Computer

Die Rockwell XFV-12A sollte in der Lage sein, senkrecht auf Schiffen starten und landen zu können sowie gleichzeitig im Reiseflug Überschallgeschwindigkeit zu erreichen. Ermöglichen sollte dies eine so genannte "Schub-verstärkte Tragfläche". Ein komplexes Leitungssystem führte die Triebwerksabgase in drehbare Segmente von Tragfläche und Entenflügel. Die Abgase strömten aus einem Schlitz aus diesem jeweils dreiteiliges Klappensystem (als "Augmentors" bezeichnet) und sorgten hier für einen Unterdruck, der zu einem zusätzlichen Luftfluss über den Auftriebsflächen und damit zu einer erhofften Schubsteigerung von mehr als 50 Prozent führen sollte. Anfang 1978 begannen bei der NASA in Langley die Test an einem riesigen Gestell, das ursprünglich für die Mondladefähre gebaut worden war. Die Ergebnisse waren ernüchternd: Trotz vollem Schub wollte sich der Jet einfach nicht in die Luft erheben. Trotz aller Berechnungen und Versuche schienen sich die Konstrukteure einfach beim Verhältnis von Auftrieb und Gewicht vertan zu haben. Nachdem die Navy 80 Millionen Dollar investiert hatte, 24 Millionen mehr als geplant, war Schluss. Zu den ab 1978 vorgesehenen konventionellen Flügen von der Rickenbacker AFB bei Columbus kam es nicht mehr. Viele Jahre fand man zufällig den vorderen Rumpf der ersten XFV-12A auf einem Feld beim Glenn Research Center der NASA in Ohio wieder.