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Nachtjäger de Havilland D.H.98 N.F. Mosquito - Schrecken deutscher Angreifer

Schrecken deutscher Angreifer
Nachtjäger de Havilland D.H.98 N.F. Mosquito

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Die deutschen Angreifer während der Luftschlacht um England abzuwehren war anfangs mehr Glückssache, aber der Einbau von Radaranlagen sollte das bald ändern. Als dank ständiger Verbesserungen die Antennen auch in die schlanken Rümpfe der de Havilland D.H.98 Mosquito passten, schlug deren Stunde als Nachtjäger.

Nachtjäger de Havilland D.H.98 N.F. Mosquito

Nachtjäger de Havilland D.H.98 N.F. Mosquito

Gegen den Widerstand der britischen Ministerialbürokratie hatte Geoffrey de Havilland Ende der 1930er Jahre seinen Schnellbomber D.H.98 Mosquito gebaut, der erst nach einigen Aufsehen erregenden Demonstrationen die Genehmigung zum Serienbau erhielt. Zu sehr waren die Beamten und Militärs des Luftfahrtministeriums von Vorbehalten gegen die Holzbauweise erfüllt, obwohl de Havillands Schnellverkehrsflugzeug D.H.91 Albatross deren Vorteile mehr als eindrucksvoll nachgewiesen hatte. Auch die Hauptargumente des Firmengründers, die Einsparung kriegswichtiger Metalle und die sehr glatte Oberfläche eines solchen Flugzeuges, fanden anfangs kein Gehör. Das Ministerium wünschte sich vor allem viermotorige, stark bewaffnete Bomber mit großer Besatzungsstärke, weil man sich einfach nicht vorstellen konnte, dass zwei Mann in einem unbewaffneten Bombenflugzeug feindlichen Jägern davonfliegen und dabei noch erfolgreiche Angriffe führen könnten.

Als nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Paris die Bedrohung für Großbritannien immer absehbarer wurde, sollte das Mosquito-Programm sogar zugunsten der Serienproduktion vorhandener Typen gestoppt werden, darunter der Ausstattung Hunderter Schuldoppeldecker Tiger Moth mit Bombenaufhängungen! Erst als de Havilland zusagte, bis zum Sommer 1941 immerhin 50 Exemplare des Schnellbombers zu liefern, ohne die übrigen Produktionsaufträge zu vernachlässigen, erhielt er die Genehmigung dafür. Am 25. November 1940 erhob sich der erste Prototyp EO 234 (später W 4050) unter Geoffrey de Havilland jr. und John Walker zum Jungfernflug, und bereits am 29. Dezember jenes Jahres erfolgte die erste öffentliche Vorführung vor hohen Regierungsund Royal-Air-Force-Vertretern. Sie war so erfolgreich, dass das Ministerium bereits am nächsten Tag 150 Exemplare in Auftrag gab, die aber zuerst in der Aufklärer- und Jägerversion gebaut werden sollten.

Für all diese Verwendungen war das Flugzeug bestens geeignet, hatte es doch nicht nur einen großen Bombenschacht zur Aufnahme von Abwurfwaffen oder Luftbildkameras, sondern auch, dank der optimalen, aerodynamischen Spindelform des Rumpfes, viel Platz in der Rumpfnase für die Aufnahme von Kanonen und MGs. Der Prototyp der Jägerversion (W 4052) wurde am 5. September 1941 vorgestellt, und am 16. September folgte der erste Höhenjäger, während die Bombervariante ohne Bordwaffen blieb. Ein Test, bei dem man hier die Öffnungen für die Maschinengewehre überklebte, ergab sogar einen Geschwindigkeitszuwachs von sechs Stundenkilometern. Beim Bomber setzte man also nach wie vor auf seine hohe Geschwindigkeit.

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Feuertaufe bei der „Luftschlacht um England“

Der Prototyp der ersten Mosquito-Nachtjägerversion vor dem Jungfernflug. Die Maschinen konnten in Luftkämpfen erstaunliche Schäden überstehen und kamen auch mit nur einem Motor fast immer sicher nach Hause. Foto und Copyright: KL-Dokumentation

Die Jägerkarriere der Mosquito begann, als die ersten von insgesamt 466 gebauten Nachtjägern N.F. Mk. II im Mai 1942 bei der No. 23 Squadron in Ford in Dienst gestellt wurden, gefolgt von der 157. in Castle Camps im August 1942. Auch die 151. In Wittering trainierte für die Nachtjagd, weil man endlich die deutschen Bomber bekämpfen wollte, die bis dahin nachts fast ungestört ihre Bombenlast über englischen Städten ausklinkten. Die Piloten waren fast jede Nacht in der Luft, spielten abwechselnd Angreifer und Jäger und testeten dabei die umfangreiche Geräteausstattung ihrer Flugzeuge. Dabei notierten sie jedes auch noch so kleine Problem und leiteten Änderungswünsche an die Konstrukteure weiter. Im gleichen Jahr wurde auch ein Tagjäger F. Mk. II nach Australien überführt, wo er als Muster für die dort anlaufende Produktion diente. Dort entstanden jedoch fast ausschließlich Jagdbomber F.B. Mk. VI und Nachtjäger.

Die meistgebauten Nachtjagdversionen waren die Mk. XII, zu der 97 Exemplare der Mk. II umgerüstet wurden, und 270 neue Mk. XIII, beide ausgestattet mit der Radaranlage A.I. Mk. VIII. Weitere 100 Mk. II erhielten nach der Ausrüstung mit dem Radar A.I. Mk. X die Bezeichnung N.F. Mk. XVII. Diese Flugzeuge waren, ebenso wie die Weiterentwicklung N.F. Mk. XIX, an der bulligen Nase zu erkennen, welche die tellerförmige Radarantenne verdeckte. Die Version Mk. XV, fünf umgerüstete Mk. IV, sollte der Bekämpfung deutscher Höhenaufklärer Ju 86P dienen, doch kamen die Maschinen nicht mehr zum Einsatz. In Kanada entstanden drei Maschinen der Baureihe Mk.21, zwei Mk. 24 und 338 Exemplare der Mk. 26, welche sich nur in der Motorisierung unterschieden. Bis 1945 schließlich wurden im Werk Leavesden noch 266 Mk. 36 und 81 Mk. 38 gebaut, bei denen das amerikanische Radar A.I. Mk. X gegen das A.I. Mk. IX aus heimischer Produktion ersetzt worden war. Bis zur Einführung der Gloster Meteor waren die Maschinen der 36er Baureihe die einzigen Allwetterjäger der RAF.

Allerdings waren die ersten Einsätze lange nicht so erfolgreich, wie man sich das erhofft hatte, und anfangs kehrten die Nachtjäger häufig genug ohne Ergebnis wieder auf ihre Heimatbasen zurück. Die Besatzungen lernten dabei immer mehr, mit der neuen Radartechnik umzugehen, und je besser ihnen das gelang, desto gefürchteter wurden sie bei den deutschen Eindringlingen. Ihre Feuertaufe erhielten die Mosquito-Nachtjäger in der Nacht des 31. Mai 1942, als sie beim Großangriff auf Köln, an dem 1000 britische Bomber beteiligt waren, Begleitschutz flogen. Bis zum September jenes Jahres waren vier Nachtjagdverbände mit den neuen Maschinen ausgerüstet worden und hatten schon mehrere Tausend Stunden in Einsätzen gegen deutsche Bomber absolviert.

Zur Technik der Nachtangriffe gehörte unter anderem das Einatmen von Sauerstoff kurz nach dem Start. Das sollte den Besatzungen helfen, munter zu bleiben und die Sehfähigkeit im Dunkeln zu verbessern.

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Sieger war, wer das schnellere Auge hatte

Per Funk wurden die Flugzeuge dann an die Räume herangeführt, in denen die Radarposten einfliegende Feindmaschinen gemeldet hatten. Position und Kurs der Deutschen waren also bekannt, doch ihr Auffinden blieb schwierig, und eine Bekämpfung war nur nach Sichtkontakt möglich. Dabei spielte naturgemäß das Wetter eine entscheidende Rolle. Während man in hellen Nächten den Gegner bereits aus einer Entfernung von rund einem Kilometer ausmachen konnte, war es bei starker Bewölkung oft erst aus einer Entfernung von 300 bis nur 100 Metern möglich, die Maschinen eindeutig zu identifizieren.

Viele Piloten behaupteten, sie könnten den Feind am besten mit einem flüchtigen Blick aus den Augenwinkeln erkennen. Welche Methode sie auch anwendeten – sie mussten sicher sein, dass es sich auch tatsächlich um deutsche Flugzeuge handelte, die sie da bekämpften. Weil aber für die Zielauffassung oft nur Bruchteile von Sekunden zur Verfügug standen, blieb zum genaueren Hinsehen keine Zeit mehr. So wurden oft genug eigene Flugzeuge abgeschossen. Auch ergab sich, dass man die Silhouette des Gegners sehr gut beim Auftreten von Nordlichtern erkennen konnte, aber das galt natürlich ebenso für deutsche Piloten. Hier wurde Sieger, wer das schnellere Auge hatte.

Die Mosquitos flogen auch Einsätze, um ihre unmittelbaren Konkurrenten vom Himmel zu holen. Die Deutschen, zunehmend erbost über das schnelle britische Holzflugzeug, hatten nämlich eine ähnliche Maschine in ihrem Arsenal: die Messerschmitt Me 410. Sie war fast ebenso schnell und schlank wie ihr britisches Gegenstück und wurde seit Juni 1942 gegen Ziele in England eingesetzt. Sie erreichte rund 600 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit, hatte eine praktische Gipfelhöhe von 10 000 Metern und war mit vier Kanonen und vier MGs bewaffnet. Unglücklicherweise erschwerte die große Ähnlichkeit der Silhouetten von Mosquito und Me 410 jedoch den Nachtjägern die eindeutige Identifizierung, und auch in den Gefechtsständen war oftmals nicht eindeutig klar, wer nun Freund oder Feind war.

Mit der Erlangung der Luftherrschaft über den Kriegsschauplätzen des Zweiten Weltkrieges verloren die Jagd- und Nachtjagdversionen der Mosquito zunehmend an Bedeutung, und zum Schluss des Krieges wurden sie fast nur noch als Aufklärer oder Jagdbomber eingesetzt.

Technische Daten

D.H.98 N.F. Mk. II

Verwendung:
Nachtjäger
Besatzung: 2
Antrieb: 2 Reihenmotoren Rolls-Royce Merlin 21 (je 1073 kW/1459 PS)
Länge: 12,37 m
Spannweite: 16,52 m
Höhe: 3,81 m
Flügelfläche: 42,18 m2
Leermasse: 6090 kg
maximale Startmasse: 8410 kg
Höchstgeschwindigkeit: 685 km/h
Marschgeschwindigkeit: 470 km/h
Steigrate: 15 m/s
Gipfelhöhe: 10 970 m
Reichweite: 3155 km
Bewaffnung: vier 20-mm-MK und vier 12,7-mm-MG

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