Hartnäckig hält sich beispielsweise die Behauptung, die Bezeichnung 707 sei gewählt worden, weil das der Sinus des Pfeilwinkels der Tragflächen dieses Typs sei. Bei ein wenig Nachrechnung zeigt sich aber, dass der Winkel dann 45 Grad betragen müsste, doch bei der 707 beträgt er nur 35 Grad. Diese Deutung ist also falsch, genauso wie jene, dass man dem Boeing-Management unterstellt, es habe einfach die positiven Eigenschaften ausgenutzt, welche man der „Glückszahl“ 7 andichtet.
Die Wahrheit hingegen ist weit weniger mythisch: Boeing gab seinen Baumustern, wie die meisten anderen Hersteller auch, stets eindeutige Modellnummern, und das traf auch für die Verkehrsflugzeuge zu. Wir alle kennen die berühmten Modell 40, Modell 80, Modell 247, Modell 307 Stratoliner oder Modell 377 Stratocruiser, während die großen Bomber eher unter ihren Militärbezeichnungen bekannt wurden – B-17 Flying Fortress (Modell 299) oder B-52 Stratofortress (Modell 454).
Boeing denkt in Blöcken
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Boeing im öffentlichen Bewusstsein nur noch ein Hersteller von Militärflugzeugen. William Alden, der damalige Präsident des Unternehmens, orientierte aber darauf, dass man sich nun auch wieder dem Bau von zivilen Maschinen sowie neuen Geschäftsbereichen, wie Raketen und Raumfahrzeugen, zuwenden müsse. Zur Kennzeichnung dieser neuen Strategie wurden jedem dieser Produktfelder neue Modellnummern in 100er Blöcken zugewiesen: 300er und 400er für die laufenden Programme, 500er für Strahltriebwerke, 600er für zivile und militärische Raketen sowie 700er für die neu zu entwickelnden Strahlflugzeuge.
Als man bei dem Unternehmen gerade den Pfeilflügelbomber B-47 baute und über die Umwandlung der propellergetriebenen KC-97 Stratotanker (Modell 367) in ein Nachfolgemuster mit Strahlantrieb nachdachte, meldete die PanAm großes Interesse an einem Düsenverkehrsflugzeug an. Boeings Ingenieure stellten verschieden Studien an, die zur Modell-Nummer 367-80 führten, besser bekannt unter dem Namen Dash 80, die sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden sollte. Konsequenterweise musste man jedoch allen Versionen eigene 700er Versionsbezeichnungen zuweisen, doch die Nummer 700 hätte wohl zu sehr darauf hingedeutet, dass es sich um die erste derartige Entwicklung handelte. Also entschied man sich dafür, dem Verkehrsflugzeug die 707 zu geben und dem Tanker die 717, die später in die Air-Force-Bezeichnung KC-135 geändert wurde.
Griff in die Trickkiste
Seit dieser Zeit tragen alle Passagierflugzeuge des US-Herstellers 7-7-Bezeichnungen, mit nur einer Ausnahme: Als man die Kurzstreckenversion 707-020 entwickelte, zeigte sich United Airlines interessiert, wendete dann jedoch ihre Aufmerksamkeit der neuen DC-8 von Douglas zu. Um das Interesse zurück zu gewinnen, nach außen hin aber den Eindruck zu erwecken, man habe ebenfalls ein neues Baumuster auf dem Markt, änderte Boeing die Bezeichnung in Modell 720.
Auch die Nummer 717 wurde viel später noch einmal vergeben, als man sich nämlich bei der „Elefantenhochzeit“ von Boeing und McDonnell Douglas entschied, deren Baumuster MD-95 in die eigene Produktpalette einzugliedern. Die interne Bezeichnung für den heutigen Dreamliner schließlich lautete anfangs Boeing 7E7, bevor mit dem Serienstart die 787 offiziell wurde. Eine 7J7 indessen, die Ende der 80er Jahre mit zwei Propfans am Heck ausgerüstet werden sollte, wurde nie verwirklicht, eben so wenig wie das Projekt Sonic Cruiser, das allerdings wegen mangelnden Interesses der Airlines nie eine Modellnummer erhalten hat.
Wir bedanken uns beim Boeing-Archiv und Mike Lombardi, Senior Corporate Historian, The Boeing Company, für die Zusammenstellung.




