Nach dem überraschend schnellen Sieg der Wehrmacht über Frankreich im Juni 1940 verlegten die beteiligten deutschen Luftwaffeneinheiten nach und nach zur Auffrischung in die Heimat. Anschließend kehrten die Geschwader nach Frankreich zurück. Da Premierminister Churchill nicht zu Friedensverhandlungen bereit war, sollte es nun gegen Großbritannien gehen. Das Vereinigte Königreich mobilisierte sämtliche Kräfte zur Verteidigung, und die Wehrmachtsführung ersann Pläne zur Invasion Großbritanniens. Voraussetzung für die – falls nötig – sehr riskante Landung (das Unternehmen "Seelöwe") war die Luftherrschaft über dem Ärmelkanal und den Landezonen in Südengland. Besonderes Augenmerk galt dabei den Jagdverbänden des Fighter Command der Royal Air Force (RAF), die weitestgehend auszuschalten waren. Etwa 750 einsatzbereite Jäger bot die RAF Mitte Juli 1940 auf, davon etwa 250 Spitfires. Die Luftwaffe zog mit rund 800 Messerschmitt Bf 109 und 225 Bf 110 ins Gefecht.

Spitfire Mark I der No. 610 Squadron RAF aus Biggin Hill auf einem Patrouillenflug. Härtester Gegenspieler der Spitfire: Die Bf 109 E des JG 26 in enger Schwarmformation über dem Kanal.
Duell der besten Jäger
Zur Verteidigung Frankreichs hatten die Briten nur Hurricane-Jäger geschickt, aber den zweiten Jagdeinsitzer im RAF-Bestand, die hochmoderne Supermarine Spitfire, zurückgehalten und nur von der Insel aus eingesetzt. Im Mai/Juni 1940 über Dünkirchen waren die deutschen Jagdflieger vermehrt auf Spitfire-Jäger gestoßen. Während die robuste Hawker Hurricane Mk. I sich der Messerschmitt Bf 109 E während der Kämpfe über Frankreich klar unterlegen zeigte, fanden die deutschen Jagdflieger, wie sie bald feststellen mussten, in der Spitfire einen Gegner auf Augenhöhe. Im Juli 1940 begann die Luftwaffe damit, vermehrt Konvois sowie Ziele an der englischen Küste und auf der Insel anzugreifen. Die ganze Welt verfolgte gespannt die im Laufe des Sommers 1940 mit zunehmender Härte geführten Luftkämpfe. Die Jagdflieger spielten dabei eine elementare Rolle. Besonders das Duell zwischen den besten Jägern der Kontrahenten, der Spitfire und der Bf 109 (beiderseits auch Me 109 genannt), zog große Aufmerksamkeit auf sich. Ihre verwegenen Piloten stilisierten beide Seiten zu Helden.

Bevorteilte die Bf-109-Piloten: 34-Liter-V12-Motor DB 601 A mit Einspritzanlage und Höhenlader in einer „Emil“ des JG 2. Rückenflug war damit nur kurzzeitig erlaubt.
Unterschiedliche Qualitäten
So verschieden Bf 109 und Spitfire aussahen, so unterschiedlich flogen sie sich auch. Im klassischen Kurvenkampf erwies sich die Spitfire mit ihrer wesentlich geringeren Flächenbelastung als formidabel. Sie ließ sich deutlich enger kurven als die Bf 109, besaß aber in den meisten Geschwindigkeitsbereichen die etwas schlechtere Rollrate. Ein erfahrener Bf-109-Pilot vermied daher Kurbeleien mit Spitfire-Piloten. Allerdings waren keineswegs alle RAF-Jagdflieger dazu in der Lage, das Maximum aus dem agilen Jäger herauszuholen. Grundsätzlich fehlte es den Briten zunächst an Einsatzerfahrung, während viele deutsche Jagdflieger bereits über Polen und/oder Frankreich reichlich Kampferfahrung sammeln konnten; etliche hatten schon in der Legion Condor in Spanien gekämpft. Ein schneidiger Flugzeugführer verstand es zudem, mit der "Emil" im niedrigen bis mittleren Fahrtbereich sehr eng zu kurven. Dann nämlich, wenn die automatischen Vorflügel im Grenzbereich ausfuhren. Da dies jedoch bei ungleich angeströmten Flächen nicht rechts und links gleichzeitig geschah, war die Gefahr gegeben, dass die Jagdmaschine dadurch aus einer günstigen Schussposition rutschte oder auch die Strömung abriss. Es blieb jedoch dabei: Die Spitfire war das klar manövrierfähigere Flugzeug, und die deutschen Jagdflieger schauten immer wieder erstaunt zu, wie Spitfire-Piloten wunderbare Flugmanöver vorführten. Um sich aus einer misslichen Lage zu befreien, drückten Bf-109-Piloten, wenn möglich, direkt kopfüber weg in den Sturzflug – "verreisen" nannten die Jagdflieger das. Die Spitfire Mk. I erlaubte dieses Flugmanöver dagegen nicht, ihr Pilot musste erst eine halbe Rolle drehen, um eine positive Beschleunigung aufzubauen, bevor er seinem Gegner hinterherjagen oder sich selbst absetzen konnte. Grund dafür war das Vergasersystem des Rolls-Royce Merlin. Dieses verweigerte in stark negativen Flugzuständen die Spritzufuhr, und der Motor begann zu stottern oder quittierte gar ganz den Dienst. Der Daimler-Benz DB 601 der Bf 109 hatte dagegen eine Direkteinspritzung von Bosch, die ihn zuverlässig in jeder Lage mit Kraftstoff versorgte. Außerdem baute die Bf 109 zunächst rascher Fahrt auf als die Spitfire.
Zwei kurze Feuerstöße
Spitfire-Pilot Flight Lieutenant Villa von der No. 72 Squadron schilderte seine Erlebnisse vom 15. September 1940: "Die Me 109, die ich angriff, drehte eine halbe Rolle, als ich begann zu feuern. Noch bevor er wegtauchen konnte, fing er Feuer und explodierte. Gleich darauf wurde ich von fünf weiteren Me 109 angegriffen. Ich kurvte steil nach Steuerbord und kurvte weiter, bis ich eine Me 109 ausgekurvt hatte, die zuvor hinter mir gewesen war. Ich gab ihm zwei kurze Feuerstöße und er ging in Flammen auf."

Rechtzeitig aufgerüstet: Spitfire F Mk. I mit neuem Propeller auf Werkstattflug im April 1940.
Kraftstoffvorteil und Leistungen
Seit Dezember 1939 lieferte Supermarine die Spitfire mit dem dreiblättrigen Rotol-Festdrehzahlpropeller aus, der dem eleganten Jäger in jeglicher Hinsicht einen gewaltigen Leistungsschub verschaffte. Noch rechtzeitig vor der großen Luftschlacht rüstete man auch die bereits ausgelieferten Spitfires auf die Rotol-Luftschraube um. Damit zog die Spitfire mit der "109" im Steigvermögen in den meisten Höhen wenigstens gleich. In der Horizontalflug-Geschwindigkeit lagen die beiden Jäger mit etwa 560 km/h der Bf 109 und rund 575 km/h der Spitfire nahe beieinander. Einen weiteren Pluspunkt verschaffte man der Spitfire durch die Verwendung von 100-Oktan-Benzin aus den USA. Der Merlin-III-Motor mit 27 Litern Hubraum mobilisierte nun bei erhöhtem Ladedruck von 12 psi (üblich 6,5) für maximal fünf Minuten bis zu 1300 PS bei 3000 U/min und einer Höhe von 4500 Metern, wodurch die Steigleistung um satte 200 m/min zunahm. Die jungen Spitfire-Piloten wussten den Extraschub sehr zu schätzen, nutzten ihn aber teils zu oft und beanspruchten somit den Motor unnötig stark. Der meist in Bf 109 E installierte DB 601 A lieferte beim Start 1100 PS bei 2400 U/min und in 4500 Metern Höhe 1020 PS bei 1,30 ata Ladedruck, zugelassen für fünf Minuten. Als Treibstoff diente 87-Oktan-Benzin (B4), 100-Oktan-Sprit (C3) war in Deutschland Mangelware. Die wenigen für den hochoktanigen Kraftstoff zugelassenen Bf 109 flogen mit höhenoptimiertem DB 601 N, (Zusatz N auf der Motorhaube). Dieser stellte dem Piloten kurzzeitig bis zu 1175 PS in 4900 Metern Höhe zur Verfügung. Die Reichweite der beiden Jäger hielt sich in etwa die Waage. Zwar brauchte der vergasergespeiste Merlin-III-Motor im üblichen Betrieb etwa 10 bis 20 Prozent mehr Sprit als der größere DB 601, jedoch im Sparflug wesentlich weniger.

Oberfeldwebel Franz Jänisch, ein Legion-Condor-Veteran, in seiner Bf 109 E-4, „Gelbe 8“, der 3./JG 2 über der Normandie. Am 11. August 1940 holte er eine Spitfire herunter, sein sechster Abschuss, vermerkt auf dem Seitenruder.
Steuerdrücke und größere Höhen
In beiden Jagdflugzeugen, besonders aber in der Bf 109, hatten die Piloten bei hoher Geschwindigkeit mit großen Steuerdrücken zu kämpfen. In der "109" musste der Flugzeugführer ab etwa 400 km/h zunehmend Kraft bei immer geringerer Steuerwirkung aufbringen. Er musste daher auf ausreichend Flughöhe achten, um die Messerschmitt überhaupt noch aus einem Sturzflug abzufangen. Die Spitfire ließ sich deutlich rascher ausleiten. Die vom Hersteller angegebene maximale Sturzgeschwindigkeit betrug 725 km/h für die Spitfire und 750 km/h für die "109", deren DB 601 dabei maximal 3000 U/min drehen durfte. Freilich wurden diese Werte im Gefecht immer wieder überschritten. Im Laufe der Luftschlacht spielten sich die Kämpfe immer öfter in großen Höhen ab. Über etwa 6000 Meter Höhe zeigte sich die Bf 109 zwar zunehmend unterlegen, doch galt es den Vorteil der Höhe für einen möglichst überraschenden Angriff zu nutzen. Denn die effektivste Methode, einen Abschuss zu erzielen, bestand darin, den Gegner im ersten Anflug zu überraschen, fatal zu treffen und sich anschließend wieder einen Überblick zu verschaffen.
Wunderbarer Motor
Oberleutnant Hans Schmoller-Haldy vom JG 54 berichtete nach dem Flug mit einer erbeuteten Spitfire: "Als Erstes fiel mir auf, dass sie einen wunderbaren Motor hatte, er schnurrte. Der Motor der Messerschmitt war sehr laut. Auch war die Spitfire leichter zu fliegen und zu landen als die Me 109, die keine Unaufmerksamkeit verzieh. Ich fühlte mich von Anfang an mit der Spitfire vertraut. Doch mit meiner Erfahrung auf der 109 hätte ich sie persönlich nicht gegen eine Spitfire eintauschen wollen. Es schien, als wäre die Me 109 die schnellere Maschine, speziell im Sturzflug, doch konnte ich dies nicht überprüfen."

Spitfire Mk. Ia, X4474, QV-I, der 19. Squadron beim Start auf dem Einsatzplatz in Fowlmere/England im September 1940.
Maximal 20 Minuten
Nachdem sich Messerschmitts zweimotorige Bf 110 nach bitteren Verlusten als ungeeignet für den Langstrecken-Begleitschutz für Bomber erwies, mussten Bf 109 diese Rolle übernehmen. Der Haken dabei: Ihre Reichweite von maximal 650 Kilometern war viel zu gering, sodass die deutschen Jagdflieger nach bestenfalls 20 Minuten – ohne Feindberührung – über London dringend den Rückflug antreten mussten. Nicht selten endete dieser mit leerem Tank und einer Bauchlandung am französischen Strand oder gar mit der Wasserung im Kanal und dem Verlust der "109" sowie schlimmstenfalls auch des Piloten. So geschah es oft, dass sich ein deutscher Jagdflieger aus dem Kampfgeschehen verabschieden und womöglich eine aussichtsreiche Kampfsituation aufgeben musste. So mancher Einsatz endete mit höheren Verlusten durch Spritmangel als durch den Feind. Natürlich lauerte bei Kämpfen über dem Kanal auch auf die britischen Flieger die nasse Gefahr. Rettungsflugzeuge und -boote beider Seiten fischten zwar viele Notgewasserte heraus, doch fanden nicht wenige der jungen Piloten ihr Grab in den Wogen des Ärmelkanals. Mancher wurde irgendwann angespült, andere wurden nie gefunden. Über England abgeschossene deutsche Flieger gerieten in Gefangenschaft, RAF-Piloten stiegen womöglich noch am selben Tag erneut auf.