Die 1911 gegründete Société Anonyme des Ateliers d’Aviation Louis Breguet begann schon 1944 mit den Entwicklungsarbeiten an einem doppelstöckigen Passagierflugzeug und Transporter, weil man nach Beendigung des Krieges ein sprunghaftes Anwachsen des Luftverkehrs erwartete. Vor allem die Verbindung zu den Kolonien in Afrika sollte wieder hergestellt werden, die vor dem Krieg noch mit großen Flugbooten gesichert worden war.
Die Entwicklung eines neuen Transportflugzeuges unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war für Breguet ein hohes persönliches und finanzielles Risiko. Zum einen hatte der Krieg auch die französische Volkswirtschaft mit ihren potenziellen Kunden stark in Mitleidenschaft gezogen, und zum anderen wurde der nur zaghaft wiedererstehende Luftverkehrsmarkt geradezu überschwemmt von ausgemusterten und preiswert zu habenden amerikanischen Militärtransportern. Aus diesem Grund auch wollte anfangs niemand dieses neue Flugzeug kaufen, bis schließlich der französische Staat das Programm förderte und finanzielle Bürgschaften übernahm.
Bullige Viermot mit schwacher Leistung
Am 15. Februar 1949 absolvierte die Breguet 761-01 (F-WFAM) ihren 45 Minuten dauernden Erstflug, damals noch mit einer Vier-Mann-Crew, vom Herstellerwerk in Villacoublay zum Flugversuchszentrum Brétigny. Sie wurde noch von vier einheimischen 14-Zylinder-Doppelsternmotoren Snecma (Gnôme et Rhône) 14R angetrieben, die eine Startleistung von jeweils 1180 kW abgaben. Wollte man von dem neuen Muster zivile und militärische Kunden überzeugen, war das jedoch zu wenig, denn immerhin brachte das Flugzeug mit dem Doppelseitenleitwerk eine maximale Startmasse von 40 Tonnen auf die Waage. Zudem wirkte die Maschine ziemlich bullig und nicht gerade elegant im Vergleich mit den schnittigen Turbopropflugzeugen, die in den 1950er Jahren den Luftverkehr bestimmten. Gute Leistungen mussten jetzt überzeugen.
Benannt nach einer deutschen Stadt
Leistungsstärkere Motoren waren jedoch nur in den USA erhältlich. Für den Ankauf stellte Breguet einen Antrag an die französische Regierung, damit diese die erforderlichen Devisen freigab. 1951 konnten dann endlich drei Vorserienflugzeuge Breguet 761S mit auf 48 Tonnen erhöhter Startmasse fertiggestellt werden, die für eine verbesserte Richtungsstabilität eine zusätzliche Mittelflosse am Seitenleitwerk erhalten hatten. Der Hersteller nannte das neue Muster "Deux Ponts", wegen der beiden Decks und nach der Stadt Zweibrücken, die heute zu Rheinland-Pfalz gehört und nahe der französischen Grenze liegt.
Wechsel auf US-Motoren
Diese drei Maschinen wurden von gebrauchten Pratt & Whitney R-2800-B31 mit jeweils 1500 kW angetrieben, die aus verschrotteten Mittelstreckenbombern Martin B-26 Marauder ausgebaut worden waren. Das R-2800 "Double Wasp" hatte weltweit bei nicht weniger als 141 Flugzeugmustern als zuverlässiger und kraftvoller Antrieb gedient. Dennoch hielt sich das Kundeninteresse für die "Deux Ponts" wegen der unsicheren Motorenfrage noch immer in Grenzen. Wenigstens konnte eines der Exemplare für einige Zeit als Frachter an Air Algérie und Silver City vermietet werden, bevor die Armée de l’Air im Herbst 1954 die drei Flugzeuge, die nur im Oberdeck über eine Fensterreihe verfügten, zu Testzwecken übernahm. Sie wurden vor allem für die Versorgung der französischen Kolonialtruppen in Algerien eingesetzt.
Bereits in der Entwicklungsphase hatte Breguet das Muster der nationalen Fluggesellschaft Air France als Lösung für die Probleme zur Bewältigung des stark wachsenden Passagier- und Frachtverkehrs der Nachkriegszeit angeboten. Nicht zuletzt erhoffte man sich auch Exporterfolge, wenn nur erst diese namhafte Airline den Typ in ihre Flotte übernähme.
Air France bestellte nach Zögern zwölf Exemplare
Nach langem Zögern entschied sich die Air France Anfang 1951 für den Kauf von zwölf Einheiten der Weiterentwicklung Breguet 763, nicht ohne zuvor einige Änderungswünsche an den Hersteller zu richten. So verlangte sie ausschließlich die Ausrüstung mit den stärkeren Motoren, die aber nicht gebraucht sein durften, die Konstruktion eines größeren und verstärkten Flügels mit veränderten, nunmehr rechteckigen Flügelspitzen und Fenstern jetzt auch im Unterdeck. Auch das Flugdeck für nur noch drei Mann Besatzung war übersichtlicher gegliedert worden. Die erste Maschine dieser Serienversion mit Motoren R-2800-CA18 hob am 20. Juli 1951 ab, wobei die maximale Startmasse auf 51,6 Tonnen gesteigert worden war.
Die Breguet 763 hatte einen nicht druckbelüfteten, zweistöckigen Rumpf in Ganzmetall-Halbschalenbauweise und mit 59 Plätzen auf dem Ober- sowie 48 Sitzen auf dem Unterdeck. Bei einer "verdichteten" Sitzanordnung konnten bis zu 135 Fluggäste befördert werden. Oben gehörten fünf Sitze zu einer Reihe, unten waren es dagegen nur vier. Auch bei Ausfall eines Motors flog die Maschine noch sicher weiter und war in der Lage, 15 Tonnen Zuladung über eine Flugstrecke von 2000 Kilometern zu befördern. Das Bugradfahrwerk war einziehbar, wobei die Hauptfahrwerksbeine doppelt bereift waren. Die Flossen des Seitenleitwerks verfügten beide über geteilte Ruder.
"Provence" im Liniendienst
Breguet lieferte die erste dieser Maschinen (F-BASP) im August 1952 an Air France aus, welche das Muster unter dem Namen "Provence" am 17. März 1953 erstmals auf der Strecke Lyon-Algier einsetzte. Air France bediente mit der Br. 763 ausschließlich Linien nach Nord- und Äquatorialafrika, wobei nur Passagiere oder nur Fracht oder eine Kombination (Fluggäste oben, Fracht unten) transportiert wurden. Vom 12. bis zum 16. März 1954 bewiesen die Flugzeuge ihre Zuverlässigkeit, als sie dringend benötigtes Material für ein brennendes Ölfeld in der algerischen Wüste transportierten und dabei mit ihrer Ladung auf unbefestigten Sandpisten landeten und wieder starteten. Eine "Provence" war es auch, die anlässlich des "Kölner Weltflugtages" vom 1. bis 3. Juni 1956 als erstes Verkehrsflugzeug nach Kriegsende auf dem Flughafen Köln-Butzweilerhof landete. Die Maschine trug das Kennzeichen F-BASO und wog 54 Tonnen.
Für den Passagierdienst hatten die Flugzeuge nach der Unabhängigkeit Algeriens im Jahre 1962 ausgedient, denn die Air France setzte auf ihren Linien jetzt auf Jets in Gestalt der SE-210 "Caravelle". 1964 übernahm die Armée de l’Air sechs Br. 763, die dank ihres robusten Fahrwerks auch auf unbefestigten Plätzen starten und landen konnten. Eine weitere war stillgelegt worden, während die Air France ihre verbliebenen fünf Exemplare zu Frachtern umbauen ließ. Dabei wurde im Heck eine 13 Meter lange und 2,7 Meter breite Laderampe eingebaut, die nach dem seitlichen Aufklappen zweier Frachttore ausgefahren werden konnte.
Zweite Chance als Frachter
Mit Hilfe eines elektrisch betriebenen Aufzuges konnte ein Teil der Ladung ins Oberdeck transportiert werden, wo die 107 Sitze ausgebaut worden waren. Die Frachtkapazität der Flugzeuge lag bei elf Tonnen. Air France setzte die nunmehr als "Universel" bezeichneten Flugzeuge im planmäßigen Frachtverkehr zwischen Paris und London ein. Unter anderem beförderten Flugzeuge dieses Typs auch die für die Concorde bestimmten Olympus-Triebwerke zum Produktionsstandort von Aérospatiale in Toulouse, aber auch als Autotransporter bewährte sich das Muster. Die letzte "Universel" der Air France ging 1971 außer Dienst, nachdem Capitaine Maurice Heilmann am 31. März den letzten Flug von London nach Paris durchgeführt hatte. Bis dahin hatte jedes der Flugzeuge mehr als 20 000 Flugstunden unfallfrei absolviert. Die F-BASN wurde an Air Afrique abgegeben, während je eine Maschine als Absetzflugzeug für Fallschirmspringer bei den Aeroclubs von Tarbes und Evreux dienten. Die F-BASO wurde 1974 in La Ferté Alais verschrottet, die F-BACC steht zum Restaurant umgebaut in Fontenay-Trésigny, und die militärische Br. 765 "Brigitte" mit der Werknummer 504 harrt in Toulouse einer möglichen Restaurierung.
Militärische Version für die Armée de l’Air
Die Armée de l’Air setzte die sechs Flugzeuge gemeinsam mit den ursprünglichen Br. 761S bei der 64e Escadre de Transport ein, nunmehr vor allem für Flüge zum neuen Kriegsschauplatz in Indochina. Die Militärs hatten eigentlich noch 15 verbesserte Breguet 765 "Sahara" bestellt, doch konnten wegen finanzieller Engpässe nur vier Einheiten ausgeliefert werden. Die Kriege, zuerst in Algerien und jetzt in Indochina, belasteten den französischen Staatshaushalt mehr, als er eigentlich vertragen konnte.
Die erste dieser mit Flügelspitzentanks, verbesserten Motoren R-2800-CB-17 und abnehmbaren Laderaumtoren ausgerüsteten Maschinen absolvierte am 6. September 1958 ihren Erstflug. Die "Sahara" konnte 164 voll ausgerüstete Soldaten, 85 Verwundete auf Tragbahren plus medizinisches Personal oder im insgesamt 167 m³ großen Frachtraum 17 Tonnen Fracht befördern, die an Fallschirmen auch aus der Luft abgesetzt werden konnten. Bei einem der Testabwürfe wurde eine 14,5-Tonnen-Last abgeworfen, was für die damalige Zeit einen Weltrekord darstellte. Die Reichweite dieser Version betrug jetzt sogar 4700 Kilometer.
Üblicherweise war indessen die Aufteilung der Fracht in Paletten zu acht mal einer Tonne (im Oberdeck) plus eine für eine, zwei und drei Tonnen. Dafür wurden spezielle, standardisierte Frachtpaletten für den Abwurf an Fallschirmen entwickelt, mit deren Hilfe sämtliche in den französischen Streitkräften und der NATO eingesetzten Fahrzeuge oder leichten Feldartilleriesysteme aus der Luft abgesetzt werden konnten.
Verdrängt von der Transall
Auch ermöglichten die großen Frachttore das schnelle Absetzen einer großen Zahl von Fallschirmjägern innerhalb kürzester Zeit. Mit dieser Vielfalt und Flexibilität hoffte Breguet auch auf Verkäufe an andere europäische Luftstreitkräfte im Bestand des Nordatlantikpaktes.
Als Frachtvarianten wurden folgende Kombinationen getestet und dem Militär als erprobt angeboten:
- ein leichter Panzer AMX mit 3,2 Tonnen Munition und Kraftstoff, wofür allerdings der Boden des Oberdecks zur Hälfte ausgebaut werden musste,
- acht Jeeps plus acht Tonnen Material,
- zwei 105-mm-Kanonen mit Zugmitteln, 22 Mann Bedienung plus Munition,
- sechs 105-mm-Kanonen mit 4,2 Tonnen Munition,
- eine derartige Kanone mit zwei Jeeps, Bedienung und 5,8 Tonnen Munition auf neun Paletten,
- drei leichte Jagdflugzeuge im zerlegten Zustand,
- vier dreiachsige Lastkraftwagen,
- drei gepanzerte Aufklärungsfahrzeuge Hotchkiss mit zwei Tonnen Material oder
- ein Schützenpanzer Panhard mit 4,7 Tonnen Munition.
Die Armée de l’Air war recht zufrieden mit den Leistungen ihrer robusten "Saharas", doch wurden keine weiteren Kaufverträge unterzeichnet. Zwischenzeitlich befand sich das deutsch-französische Gemeinschaftsprojekt "Transall" in der Realisierungsphase, dessen Prototyp 1963 seinen Jungfernflug absolvierte. Zudem war das Unternehmen nach dem Tod von Louis Breguet am 4. Mai 1955 mehrfach umstrukturiert worden, bevor es schließlich mit Avions Marcel Dassault vereinigt wurde. Ende 1972 wurde die letzte Maschine dann endgültig bei den französischen Luftstreitkräften ausgemustert und von der neuen Transall abgelöst.