Sherman Fairchild begann während des Ersten Weltkriegs, sich für Luftbildfotografie zu interessieren und entwickelte für diesen Zweck optimierte Kameras. Nach Kriegsende erkannte er, dass Luftbildkartierung den Aufwand für die Erfassung all der weiten Gebiete der USA und Kanadas massiv reduzieren würde – bislang hatten Vermessungstrupps mühselig diese Aufgaben übernommen. Doch war Fairchild mit den Leistungen der verfügbaren Flugzeuge unzufrieden. Er fasste daher seine Spezifikationen zusammen und bat einige Flugzeughersteller um Entwürfe, aber ohne Erfolg. Kurz entschlossen gründete er die Fairchild Aviation Corporation, um die benötigte Maschine selbst herzustellen.

Die anklappbaren Flügel waren ein Merkmal der Fairchild FC-2.
Anklappbare Flügel und eigenwillige Verglasung
Der "Fairchild Cabin" 1 (kurz FC-1) genannte Entwurf entsprach mit einem geschweißten Stahlrohrrumpf und Flügeln mit Holzstruktur und Stoffbespannung dem technischen Stand der Zeit. Er setzte sich allerdings von der Konkurrenz ab durch anklappbare Flügel, gute Sichtverhältnisse für den Piloten inklusive Glaspaneelen im Boden, genug Platz für die sperrige Kameraausrüstung sowie eine geschlossene, beheizte Kabine, die es der Besatzung ermöglichte, ihren Vermessungsaufgaben auch im rauen nordamerikanischen Klima nachzukommen. Auffällig war auch der hintere Rumpf, dessen drei Längsholme ihm einen dreieckigen Querschnitt gaben und den Spitznamen "Razorback" einbrachten. Doch nach dem Erstflug am 14. Juni 1926 stellte sich schnell heraus, dass der ursprünglich gewählte Motor, ein Curtiss OX-5 mit 90 PS, zu schwach war. Auch war die Kabine für den Transport von Fracht und Passagieren – ein Aufgabenfeld, auf das Fairchild in der Zwischenzeit aufmerksam geworden war – zu klein. Entsprechend modifiziert und mit einem 200 PS starken Wright J-5 motorisiert, ging der Typ schließlich 1927 als FC-2 in Serie.

Die FC-2 (G-CANC) bei der Einweihung der Luftpostlinie von Rimouski nach Toronto 1928.
Airlines als Kunden
Neben seinem erfolgreichen Einsatz als Luftbildflugzeug bei Fairchild selbst fand der neue Typ schnell zahlreiche Kunden, darunter Pan Am und weitere Fluglinien in den USA. Auch im benachbarten Kanada wurde man auf die leistungsfähige Maschine aufmerksam. Mit Schwimmern oder Skiern ausgerüstet, bedeutete die Fairchild FC-2 einen deutlichen Fortschritt für zahlreiche Luftfahrtunternehmen, die bis dahin vor allem ehemalige Militärmaschinen aus dem Ersten Weltkrieg nutzten. Selbst die kanadischen Luftstreitkräfte bestellte 14 Flugzeuge. Zudem kam es zur Lizenzfertigung von elf Maschinen durch Canadian Vickers in Montreal, was die Stückzahl aller gefertigten Maschinen der FC-2-Familie auf fast 200 brachte.

Auch Unfälle waren an der Tagesordnung, wie bei der FC-2 G-CAIE die im Dezember 1927 bruchlandete und irreparabel beschädigt wurde.
Fliegende Postboten
Eine ganze Reihe Postflugstrecken wurden mit der Fairchild FC-2 eingeweiht. Eine besondere Linie dabei war die Route von Rimouski, am Golf des Sankt-Lorenz-Stroms gelegen, nach Toronto. In Rimouski luden Dampfer aus Europa ihre Postsäcke ab und übergaben sie an ein Flugzeug – so erreichte die Post auf der hart umkämpften Transatlantikstrecke ihre Absender einen Tag früher als bei Beförderung mit dem Schiff bis zum Zielhafen in Quebec. Auch für die erste Luftpoststrecke in die USA von Saint-Hubert bei Montreal nach Albany, New York, setzte man die Fairchild-Maschinen ein. Während es hierbei lediglich darum ging, die Postbeförderung zu beschleunigen, erlaubte eine ebenfalls neue Route zu 28 entlegenen Dörfern entlang der Nordküste des Sankt-Lorenz-Stroms diesen, erstmals überhaupt im Winter mit der Außenwelt schnell zu kommunizieren. Die Fairchild FC-2 leistete hier und in vielen weiteren Regionen des nördlichen Kanada und in Alaska Pionierarbeit und ersetzte die seit Jahrhunderten genutzten Schlittenhunde und Kanus.

Die FC-2W2 „Stars and Stripes“ nahm an Byrds Antarktisexpedition teil.
Berühmte FC-2
Während der Serienproduktion kam es zu diversen Verbesserungen, um auf dem umkämpften Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Am auffälligsten waren die Vergrößerung der Kabine, die nun bis zu sieben Personen aufnehmen konnte, die Modifikation des hinteren Rumpfs, der einen konventionellen rechteckigen Querschnitt erhielt, um Materialermüdungserscheinungen zu vermeiden, sowie die Installation eines stärkeren Motors. Ausgerüstet mit einem Pratt & Whitney R-1340 Wasp mit zunächst 400 PS, wurde der Typ nun als FC-2W bezeichnet. Fairchild konnte damit einige weitere Erfolge erzielen. So setzte Richard Byrd eine FC-2W2 auf seiner Antarktisexpedition 1928 ein. Eine andere FC-2W erlangte einige Berühmtheit, als sie als Erste die Besatzung der Junkers W-33 Bremen erreichte, die nach ihrer erfolgreichen Atlantiküberquerung im entlegenen Labrador festsaß. Einige ältere FC-2 wurden mit den 300 PS starken Motoren Wright R-975 oder Pratt & Whitney Wasp Junior neu motorisiert und erhielten so die neue Typenbezeichnung 51 bzw. 51A.

Als YF-1 (später F-1) wurde die Fairchild 71 zum ersten spezialisierten Aufklärungsflugzeug des USAAC.
Einberufung
Die letzte Evolutionsstufe des Typs war schließlich die ab 1928 produzierte Fairchild 71. Diese basierte auf der vergrößerten FC-2W2, wurde aber in vielen Details weiter verbessert. In den USA und Südamerika konnte Fairchild damit einige Achtungserfolge verbuchen. So bestellte das US Army Air Corps acht als YF-1 bezeichnete Aufklärer, die zum ersten explizit für diesen Zweck entwickelten Typ der US-Luftstreitkräfte wurden. Doch nach rund 30 Maschinen endete die Produktion im Fairchild-Stammwerk. Für die aufstrebenden US-amerikanischen Fluglinien war die Fairchild 71 nicht mehr interessant. Ein zweites Leben hatte der Entwurf hingegen in Kanada. Ab 1930 wurde die Produktion im neu gegründeten kanadischen Tochterunternehmen von Fairchild in Longueuil, Quebec, hochgefahren, wobei zunächst Bauteile aus den USA verwendet wurden. Insbesondere die in Kanada entwickelte Version 71C erwies sich als sehr populär. Deren maximales Abfluggewicht konnte auf 6000 lbs (2724 kg) gesteigert werden – bei den ersten FC-2 betrug dies lediglich 3600 lbs (1634 kg). Wiederum waren zahlreiche Modifikationen verfügbar, darunter ein vergrößertes Seitenruder, um mehr Stabilität trotz größerer Schwimmer zu bieten, sowie eine seitlich erweiterbare Rumpftüre. Letztere vereinfachte das Einladen von Treibstofffässern, die zum Standard-Frachtgut der Buschflieger gehörten.
In Longueuil konnten weitere 70 Maschinen gefertigt werden, was in den Jahren unmittelbar nach der Weltwirtschaftskrise von 1929 einen beachtlichen Erfolg darstellte. Viele dieser Maschinen blieben jahrelang im Dienst. So flogen die letzten Fairchild 71 der RCAF noch zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Auch aus der Buschfliegerei verschwand die robuste 71 erst nach und nach in den späten 40er Jahren, als zunehmender Verschleiß und die Verfügbarkeit von günstigen ehemaligen Militärflugzeugen wie der Noorduyn Norseman die Vorkriegsmaschinen unwirtschaftlich machten. Eine letzte Fairchild 71, CF-BXF, flog sogar noch bis 1963, als ein Unfall ihrer Karriere ein Ende setzte. So hatte sich die erste Flugzeugfamilie von Fairchild als gelungener Entwurf erwiesen, der sich über mehr als 30 Jahre im Einsatz bewährte.