Weltkriegsjäger von Pearl Harbor bis Finnland: Curtiss P-36 Hawk im Dienst vieler Nationen

Ein Jäger zwischen Erfolg und Vergessen
Die Curtiss P-36 Hawk im weltweiten Einsatz

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ArtikeldatumVeröffentlicht am 24.08.2025
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1934 begann der US-amerikanische Flugzeughersteller Curtiss-Wright in Eigeninitiative mit den Arbeiten an einem modernen Jagdeinsitzer in Ganzmetallbauweise für das US Army Air Corps (USAAC). Führender Kopf der Entwicklungsmannschaft war Donovan R. Berlin, der von Northrop zu Curtiss gewechselt war. Im Frühjahr 1935 präsentierte Curtiss das Modell 75, das am 6. Mai erfolgreich den Erstflug absolvierte. Nachdem der Prototyp des Konkurrenten Seversky auf dem Flug zum Vergleichstest in Wright Field Ohio beschädigt worden war, nutzte Don Berlin die Zeit und überarbeitete seinen Entwurf noch einmal. Zum Vergleich im April 1936 brachte Curtiss das Modell 75B mit Wright-Sternmotor an den Start, während Seversky mit der neuen P-35 erschien. Auch waren die Firmen Consolidated und Vought mit ihren Konstruktionen V-141 und PB-2A Special vertreten, die jedoch beide nicht überzeugen konnten.

Windkanalmessungen an einer P-36C in den USA
Sammlung Ringlstetter / NASA

Entwicklung der P-36

Als eindeutiger Gewinner ging die P-35 aus dem Vergleich hervor, obwohl Curtiss’ offiziell als P-36 bezeichnetes Modell 75 in manchen Punkten besser abgeschnitten hatte. Zwar blieben beide Jäger leistungsmäßig hinter den Anforderungen des USAAC zurück, dennoch erhielt Seversky den Auftrag zum Bau von zunächst 77 P-35, welche die völlig veralteten Boeing P-26 rasch ersetzen sollten. Curtiss beauftragte man mit dem Bau von drei Prototypen Y1P-36 mit dem 900 PS starken 14-Zylinder-Doppelsternmotor Pratt & Whitney R-1830 Twin Wasp. Angesichts der zunehmend angespannten politischen Lage in Europa und Severskys nur schleppend verlaufender Lieferung von P-35 veranlasste das USAAC 1937 eine weitere Jägerausschreibung. Die P-36 Hawk (Falke) ging Gewinner hervor. Dies brachte Curtiss einen Fertigungsauftrag über 210 P-36A mit 1050 PS leistendem R-1830 ein. Die Bewaffnung bestand zunächst aus zwei damals US-typischen, oberhalb des Motors installierten Browning-Maschinengewehren des Typs M1919, Kaliber 7,62, und 12,7-mm-M2. In folgenden Ausführungen kamen zwei bis vier 7,62-mm-MG in den Tragflächen sowie zwei weitere im Rumpf zum Einbau, wobei hier auch ein 12,7-mm-MG Verwendung fand. Das Hauptfahrwerk ließ sich nach hinten um 90 Grad gedreht einziehen, wobei es sich um einen patentierten Mechanismus von Boeing handelte. Als erste Jagdeinheit erhielt die 20th Pursuit Group in Barksdale Field/Louisiana im April 1938 den neuen Jäger. Zahlreiche Probleme erschwerten den Betrieb, die Curtiss jedoch nach und nach in den Griff bekam. Das änderte aber nichts daran, dass die P-36 wegen ihrer schwachen Flugleistungen die Anforderungen an ein modernes Jagdflugzeug nicht erfüllte und man den Jäger daher schon bald in die zweite Reihe verschob.

Eine französische H-75C-1 am Boden
Sammlung Ringlstetter

Hawk 75 für Frankreich

Ab Ende 1938 erhielt Frankreich 316 Exemplare der Exportversionen Hawk 75A-1 bis A-4, deren Sternmotoren R-1830 beziehungsweise Wright R-1820 Cyclone (neun Zylinder) maximal zwischen 900 PS und 1200 PS leisteten. Angesichts der bedrohlichen politischen Situation in Europa benötigte Frankreich die bestellten 620 US-Jäger dringend zur Modernisierung und Aufrüstung seiner Luftstreitkräfte, der Armée de l‘Air, zumal die eigene Flugzeugfertigung nur schleppend lief. Während der Kämpfe um Frankreich im Mai und Juni 1940 bewährten sich die wendigen Hawk 75 gegen die deutsche Luftwaffe. Im Kampf mit der schnelleren Messerschmitt Bf 109 E hatte die H-75 jedoch einen schweren Stand, wenngleich sich der deutsche Jäger mit der Hawk mühelos auskurven ließ. Insgesamt schossen H-75-Piloten bis zur französischen Kapitulation im Juni 1940 230 deutsche Flugzeuge ab und verbuchten damit annähernd ein Viertel der 1009 französischen Luftsiege in dieser für Frankreich so verhängnisvollen Zeitspanne. Hinzu kamen 81 wahrscheinliche Abschüsse. Bedenkt man, dass der Anteil an H-75 in den französischen Jagdverbänden nur gut zwölf Prozent betrug, spricht dies klar für die Qualitäten der Hawk 75. Als erfolgreichster Jagdflieger der Armée de l‘Air ging mit 15 Luftsiegen plus 5 wahrscheinlichen Lieutenant Edmond Marin la Meslée aus der Schlacht um Frankreich hervor – auch er flog den Curtiss-Jäger. Nur 29 H-75 sollen nach französischen Angaben in dieser Zeit verloren gegangen sein. Anschließend flogen Hawk 75 in der unter deutschem Diktat stehenden Vichy-Regierung in Nord- und Westafrika, wo sie gegen meist britische, aber auch US-amerikanische Gegner kämpften. Im Rahmen der Operation Torch, der alliierten Landung in Französisch-Nordafrika (Marokko, Algerien und Tunesien), im November 1943 schossen die französischen Hawk-Piloten sieben Grumman F4F Wildcat der US-Navy ab, verloren selbst jedoch 15 Maschinen.

Fliegerhelden von Pearl Harbor vor einer P-36
Sammlung Ringlstetter / USAF

Kurzer Auftritt

In den US Army Air Forces, der Folgeorganisation des USAAC, kam die Curtiss P-36 Hawk während des japanischen Angriffs auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 zu ihrem einzigen Kampfeinsatz. Doch fiel der dafür umso heroischer aus: Während des japanischen Angriffs gelang mehreren US-Jagdfliegern in P-36 und P-40 der Start. In den folgenden Luftkämpfen erzielten die verwegenen Piloten 10 bis 14 Abschüsse japanischer Flugzeuge, darunter auch zwei Jäger des überlegenen Typs Mitsubishi A6M2 Zero-sen. Neben den 2nd Lieutenants George Welch and Kenneth Taylor in P-40 ragte an diesem geschichtsträchtigen Tag auch der Einsatz von 2nd Lieutenant Philip M. Rasmussen heraus, der, um keine Zeit zu verlieren, im Pyjama eine P-36A flog. Mitten im Getümmel streikte Rasmussens 12,7-mm-MG, feuerte dann aber von selbst. Genau in diesem Moment flog eine A6M direkt in die Geschossgarbe und explodierte. Dann erwischte es Rasmussen selbst. Es gelang ihm jedoch, seine lädierte P-36 in Wheeler Field zu landen – er zählte etwa 500 Einschusslöcher, blieb aber nahezu unverletzt.

Curtiss Hawk 75A CU-580
SA-kuva

Finnische H-75

Finnland kaufte 1940 neben französischen Morane-Saulnier MS.406 auch 29 aus deutschen Beutebeständen stammende Hawk 75. Dabei handelte es sich um 16 in Deutschland überholte französische H-75 der Serien A-1 bis A-4 sowie 13 neue A-6 aus Norwegen. Bewaffnet waren die Jäger mit vier bis sechs Maschinengewehren, als Antrieb diente überwiegend der R-1830. Geliefert wurden die Maschinen zwischen Juni und Dezember 1941. Im Frühjahr 1943 kauften die Finnen zudem 15 Hawk 75 von der französischen Vichy-Luftwaffe in Nordafrika. Die Jäger gelangten auf dem Luftweg zwischen Juni 1943 und Januar 1944 nach Finnland, wo man sie generalüberholte und neu lackierte. Bei den finnischen Jagdfliegern, die dem Jäger den Beinamen Sussu (Schatz/Liebling) gaben, war die Hawk aufgrund ihrer Robustheit und sehr guten Flugeigenschaften beliebt, auch wenn sie deutlich zu langsam war. Zunächst im Juni 1941 kurzzeitig als Nahaufklärer eingesetzt, flogen von Juli 1941 bis Juli 1944 ausschließlich die Piloten der Jagdeinheit Lentolaivue 32 (ab 1944 Hävittäjälentolaivue 32) mit großem Erfolg im Fortsetzungskrieg gegen ihre sowjetischen Widersacher. Dabei gelangen 58 Piloten 190 be- stätigte Luftsiege bei 14 eigenen Verlusten mit neun Gefallenen. Topass war Leutnant K. Tervo, der 15 ¾ Abschüsse auf Hawk-Jägern verbuchte. Die letzte finnische Hawk 75 absolvierte 1948 ihren letzten Flug.

Niederländische Hawk 75A in Niederländisch-Ostindien im Flug
Sammlung Ringlstetter

Rund um den Erdball

Norwegen erwarb 24 Hawk 75A-6, doch waren von den bis zum deutschen Überfall am 9. April 1940 eingetroffenen 19 Jagdflugzeugen nur sieben montiert und nicht einsatzbereit. Weitere von Norwegen gekaufte 36 Hawk 75A-8 kamen am norwegischen Luftwaffenstützpunkt in Borden bei Toronto im sicheren Kanada zum Einsatz. Auf dem "Klein-Norwegen" genannten Platz dienten die Hawk- Jäger zur Fortgeschrittenen- und Jagdflieger-Ausbildung. Den Restbestand von 30 Hawk 75 kauften 1943 die USA zurück und ver- äußerten 28 davon als P-36G an Peru. Die 24 von den Niederlanden gekauften H-75A mit Wright-Motoren ließen sich noch rechtzeitig nach Niederländisch-Ostindien umleiten, wo sie von Ende 1941 bis März 1942 gegen die einfallenden Japaner in Dienst standen. Unter der Bezeichnung Mohawk I bis IV flogen hauptsächlich ehemals für Frankreich bestimmte Hawk 75 in der britischen Royal Air Force und südafrikanischen South African Air Force. Einen Teil der Flugzeuge führte man Trainingseinheiten zu, das Gros aber kam in Italienisch-Ostafrika gegen italienische Streitkräfte sowie in Indien und Burma gegen die Japaner zum Einsatz. China, Indien und Argentinien fertigten Hawk-Jäger in Lizenz. Bei einem Teil der Lizenzbauten handelte es sich um vereinfachte Versionen der Hawk 75 mit festem Fahrwerk, bezeichnet als Hawk 75M, 75N und 75O. Zudem führten die Luftstreitkräfte von Portugal, Brasilien und Thailand P-36/Hawk 75 in ihren Reihen. Die Gesamtfertigung des Curtiss-Jägers beläuft sich auf 215 P-36 und 900 Hawk 75. Basierend auf der P-36 entwickelte Curtiss die von V12-Zylindermotoren angetriebenen Prototypen YP-37 und XP-42. Direktes Folge-muster der P-36 wurde die in sehr großer Stückzahl gefertigte Curtiss P-40.

Mohawk IV der RAF im Flug
Sammlung Ringlstetter / RAF

Technische Daten

Curtiss P-36A

Einsatzzweck: Einsitziger Jäger

Antrieb: Pratt & Whitney R-1830-13 Twin Wasp, luftgekühlter 14-Zylinder-Doppelsternmotor

Startleistung: 1050 PS

Länge: 8,69 m

Höhe: 2,60 m

Spannweite: 11,38 m

Flügelfläche: 21,92 m²

Leergewicht: 2076 kg

Startgewicht max.: 2732 kg

Flächenbelastung: 117 kg/m²

Höchstgeschwindigkeit: 505 km/h in 3000 m

Marschgeschwindigkeit: 430 km/h

Anfangssteigleistung: 17 m/sec

Steigleistung: 4,15 min auf 3000 m, 11,0 min auf 6000 m

Reichweite max.: 1380 km

Dienstgipfelhöhe: 10 000 m

Bewaffnung: 1 x MG – 7,62 mm, 1 x MG – 12,7 mm, 90 kg Bombenlast