Der Auftrag der Japaner lautete, auf Hawaii so viele Schiffe und Flugzeuge wie nur möglich zu zerstören. Die Ergebnisse der Angriffe waren verheerend: Vier große Schlachtschiffe und zwei kleinere Schiffe sanken. 188 der insgesamt 400 Flugzeuge wurden zerstört. 2403 Menschen verloren ihr Leben, und 1178 Menschen wurden verletzt.
Als die Mitarbeiter der Grumman Aircraft Engineering Corporation im tausende Kilometer entfernten Bethpage die Vorstellung ihres neusten Torpedobombers Avenger feierten und die Anwesenden von den Geschehnissen im Pazifik erfuhren, wurden sie sich der Wichtigkeit ihrer Arbeit umso mehr bewusst. Der bereits im Oktober 1941 gewählte Name Avenger (Rächer) erschien Grumman an diesem Tag mehr als passend gewählt. Wegen der Produktion des Hellcat-Jägers wurde ein Großteil der Fertigung der Avenger an General Motors vergeben. Die Eastern Aircraft Division produzierte über 7500 TBM. Auch auf der Basis des Marine Corps Ewa auf Oahu/Hawaii waren die mächtigen Einmots stationiert.
Das letzte Mal, dass die Warbirds aus dem Zweiten Weltkrieg auf Hawaii waren, ist bereits 20 Jahre her. Damals wurden die verschiedenen Flugzeuge an Bord des Flugzeugträgers „USS Carl Vinson“ transportiert. Seitdem hat es immer die Überlegung zu einer erneuten Rückkehr gegeben, doch das Budget für ein solches Unternehmen war sehr schwer zu stemmen.
2011 wurde TBM-Avenger-Besitzer Brad Deckert erstmals mit der Idee einer Neuauflage konfrontiert. Auf der National Warbirds Operator Conference fassten er und seine Mitstreiter den Gedanken, die Maschinen mithilfe der US Air Force nach Hawaii transportieren zu lassen. Doch die Sparmaßnahmen der US-Regierung ließen dies für die nächsten vier Jahre nicht zu. 2015 bekam der Plan neuen Aufwind, als Brad Deckert von Greg Leach angesprochen wurde. Er plante, zusammen mit dem Organisator der Kaneohe Bay Airshow, verschiedene Warbirds vom Festland zur Veranstaltung nach Hawaii zu bringen.
Auf der Wunschliste standen neben der TBM Avenger noch eine Corsair und eine Wildcat. Auf Brads Frage hin, warum man seine Maschine aus Illinois einfliegen wolle und nicht eine von der Westküste nähme, war die Antwort ganz klar: Sein Flugzeug hatte eine Verbindung zu Hawaii, denn es war dort am Ende des Kriegs stationiert gewesen.
Doch ganz so leicht ließ sich das Unternehmen Hawaii nicht bewältigen. Es stellte sich heraus, dass das Verschiffen schwierig und sehr kostspielig war. Also nahm man Kontakt zur US Air Force auf, und diese erklärte sich tatsächlich bereit, einen C-5-Galaxy-Transporter zur Verfügung zu stellen. Nur in dieser speziell für den Transport von Raketen umgebauten Version hätte auch die Corsair mit angeklappten Flügeln Platz gefunden. Die Organisatoren erhielten jedoch wenige Wochen vor Beginn der Aktion die Nachricht, dass lediglich eine kleinere C-17 zur Verfügung stehe. Das bedeutete, nach der Absage der Wildcat nun auch noch das Aus für die Corsair. Die Avenger stand damit alleine vor der Mammutaufgabe.
Doch Brad Deckert ließ sich nicht entmutigen und startete am 8. Oktober von seiner Heimatbasis in Peru/Illinois zum ersten Teil der langen Reise in den Pazifik. Auf der March Air Reserve Base in Kalifornien angekommen, begann das Team aus Brads Crew und Angehörigen des Air Mobility Command umgehend mit der Vorbereitung der TBM.
Zeitreise auf Hawaii
Aufgrund der im Vorfeld bereits ausgeführten Arbeiten, wie die Demontage der Bomben- und Raketenattrappen sowie des Radardoms, musste jetzt eigentlich nur noch die Maschine für die Verladung etwas angepasst werden. Für den Transport in der Galaxy ist die Avenger allerdings ein paar Zentimeter zu breit, um im Rumpf unterzukommen. Glücklicherweise hatten die Crews schnell die Lösung parat: Ein Flügel des Torpedobombers musste gestutzt werden. Ebenso mussten das Seiten- und Höhenruder sowie der Antennenmast entfernt werden. Ein eigens zur March Air Reserve Base gelieferter Gabelstapler und der Klappmechanismus erleichterten den Abbau der Fläche. Die verschiedenen Teams arbeiteten in den frühen Morgenstunden in mehreren Schichten an der Einmot, da die Mittagssonne das Metall so heiß werden ließ, dass man es kaum noch anfassen konnte.
Innerhalb weniger Tage waren die Arbeiten abgeschlossen, und der Transport konnte starten. Nach den Planungswechseln im Vorfeld stand dann überraschend doch eine C-5 zur Verfügung. Die F4U-3 Corsair von Jim Tobul, ursprünglich ebenfalls eingeplant, konnte so kurzfristig aber nicht mehr an die Westküste gebracht werden.Zeitreise auf Hawaii
Nach der Ankunft am 16. Oktober 2015 auf der MCAS Kanehoe Bay wurde die TBM umgehend entladen und die Werkzeugkisten und Ausrüstungsstücke in einen Hangar verbracht. Der Anbau der Fläche sowie der anderen demontierten Teile erfolgte innerhalb eines Tages. Die Mannschaft war mittlerweile perfekt eingespielt, und die Montage stellte sie vor keine großen Probleme mehr. Am Sonntag der Show flog Brad seine Maschine dem begeisterten hawaiianischen Publikum vor. Die Airshow und sein Auftritt waren ein voller Erfolg, und die Anstrengungen der Vorbereitung hatten sich ausgezahlt.
In den folgenden Tagen stand Sightseeing auf dem Plan. Nicht etwa mit dem Auto, sondern mit der Avenger flogen Brad und seine Frau verschiedene Orte auf der Hauptinsel Oahu an – darunter landschaftliche Highlights wie die Tuffsteinformation Diamond Head und der Punchbowl-Krater. Historisch bedeutende Ziele wurden bei zwei weiteren ausgedehnten Flügen besucht.
Höhepunkt war der Überflug über das Wrack des Schlachtschiffs „Arizona“. Aus dem Schiff tritt noch heute Öl aus, und dessen Film ist aus der Luft gut zu sehen. Ein besonderes Erlebnis war auch die Landung auf dem Stützpunkt Barbers Point, denn dort war Brads Klassiker Ende 1945 stationiert. 70 Jahre später setzte er dort noch einmal zur Landung an!
Am Ende des mehrtägigen Aufenthalts im Pazifik erfolgte der Rücktransport der historischen Maschine – wieder mit Hilfe des Air Mobility Command.
Klassiker der Luftfahrt Ausgabe 03/2016




