Fast hundert Jahre in Dienst – diesen einmaligen Rekord könnte die Boeing B-52 Stratofortress aufstellen. Aktuell läuft ein umfassendes Modernisierungsprogramm des strategischen Bombers, dessen aktuelle Version B-52H schon im Mai 1961 in Dienst ging, und der noch bis mindestens in die 2050er Jahre hinein fliegen soll. Die Anstrengungen bestehen aus zwei separaten Projekten: die Ausstattung mit neuen Triebwerken (Commercial Engine Replacement Program, CERP) und die Erneuerung der Avionik (Radar Modernization Program, RMP). Die neue Variante des Dinosaurier-Jets trägt die Bezeichnung B-52J und soll in der ersten Stufe Ende des Jahrzehnts in Dienst gehen.
Aber wie so oft erwiest sich die Integration neuer Technik in alte Zellen als schwieriger als gedacht. So drohte das unter der Leitung von Raytheon erfolgende Radar-Upgrade bereits im Frühjahr, die die vertraglich fixierte Kostengrenze um mehr als 15 Prozent zu überschreiten. Daher muss die US Air Force gemäß den Bestimmungen des Nunn-McCurdy Acts den US-Kongress über die Verteuerung informieren. Allerdings liegt die Überschreitung noch unter 25 Prozent – erst in diesem Fall wäre das Verteidigungsministerium dazu gezwungen, das Programm als notwendig für die nationale Sicherheit zu klassifizieren oder es aufzugeben. Das RMP-Vorhaben hatte bereits im September 2023 für einen Verstoß gegen den Act gesorgt. In der B-52J soll das AN/APQ-188-Radar mit elektronischer Strahlschwenkung zum Einsatz kommen.
Weitere Verzögerung
Laut dem im Juni veröffentlichten, jährlichen Bericht des US-Bundesrechnungshofs zu den einzelnen Waffensystemen ist der Beginn der Einsatzerprobung des Radarsystems für Dezember 2026 vorgesehen. Die anfängliche Einsatzbereitschaft und die Produktionsentscheidung steht für Juli 2027 auf dem Plan. Der Report spricht von einer Verzögerung um bis zu weitere sechs Monate aufgrund von Problemen mit den Bildschirmen und dem Sensor-Prozessor, dessen Fiber-Glas-Verbindungen bei Tests nicht funktioniert hatten.

Tests der F130-Triebwerke in der von Boeing entwickelten Gondel hatten Probleme offenbart.
Auch neuer Antrieb macht Probleme
Der Rechnungshof nahm auch das CERP-Triebwerksprogramm unter die Lupe: Die kritische Entwurfsprüfung sei nun für April 2026 terminiert, drei Jahre später als ursprünglich vorgesehen. Auf Triebwerksebene erfolgte dieser Meilenstein bereits im Oktober 2024. Für die Flugzeugebene war er für diesen August vorgesehen. Bei Prüfstandtests des F130 von Rolls-Royce, das die bisherigen Pratt & Whitney TF33 ersetzt, hatten die Ingenieure aber eine unangenehme Entdeckung gemacht: In den Einläufen der jeweils paarweise in einer Gondel angeordneten Turbofans kam es zu Strömungsproblemen. Störungen sorgten für einen nicht einheitlichen Luftfluss, der zulasten der Triebwerksleistung und des Betriebsverhaltens geht. Daher ist eine Entwurfsänderung der von Boeing verantworteten Komponente notwendig, die der Flugzeugbauer in diesem Sommer im Windkanal verifizieren will.

Diese B-52H dürfte auch bei den Tests für die J-Version zum Einsatz kommen.
Im Gegensatz zu aktuellen Mustern lassen sich digitale Modelle und Entwicklungswerkzeuge nicht in vollem Umfang nutzen. Dazu sei die bestehende B-52-Plattform zu alt. Trotzdem blieben der Beginn der Einsatzerprobung (April 2032) sowie die anfängliche Einsatzbereitschaft und die Produktionsentscheidung im Februar 2033 von der Verzögerung nicht betroffen. Zum letzteren Zeitpunkt soll die Erprobung von zwei Flugzeugen bereits seit 18 Monaten laufen.

Die Stückzahl der B-21 Raider ist noch in der Schwebe.
Mehr B-21 Raider nötig?
Die Zukunft der B-52J scheint also weiter unsicher zu sein. Im Fall der Fälle müsste das Pentagon wohl oder übel die Stückzahl des zweiten Musters im Inventar erhöhen. Aktuell stehen 100 Exemplare der Northrop Grumman B-21 Raider im Raum, aber dies könnte sich entsprechend ändern. Schon am 20. Mai hatte USAF-Oberhaupt General David Allvin vor dem Verteidigungsausschuss des Senats gesagt, dass man mehr Geld für die B-21 benötigt, wenn die B-52-Modernisierung "schlechter läuft als wir hoffen". Außerdem müsste die Produktionsrate steigen – daran arbeitet der Hersteller bereits.
Von den 102 gebauten Exemplaren der B-52H befinden sich noch 76 Stück in Dienst. Sie sind bei den Geschwadern auf der Barksdale AFB in Louisiana und Minot in North Dakota stationiert (sowie zu Testzwecken auf der Edwards AFB in Kalifornien). Die USAF plant die Modernisierung aller vorhandenen Maschinen.