Elf Piloten, mehr als 100 Wartungstechniker und Unterstützungspersonal zählen zum Royal Air Force Aerobatic Team in Scampton – ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor, der sich auszahlen muss. Der Gegenwert eines der besten Kunstflugteams der Welt in Form von positiver Publicity im eigenen Land und international sowie als Pluspunkt bei der Rekrutierung der britischen Berufsarmee lässt sich allerdings nur schwer berechnen.
Das Außen- und das Handelsministerium in London sind jedenfalls vom Star-Faktor der „Reds“ überzeugt und spannten das Team deshalb zur Unterstützung der GREAT-Britain-Imagekampagne in den USA und Kanada ein. Nach dem – immer wieder verschobenen – Brexit ist das Vereinigte Königreich nämlich auf beste Handelsbeziehungen mit diesen beiden Ländern angewiesen, zumal die Vereinigten Staaten schon jetzt der größte Export- und Importmarkt für Firmen auf der Insel sind.

35 400 Kilometer in 74 Tagen
„Die Red Arrows haben sich einmal mehr als erstklassige Botschafter der Royal Air Force und ihres Landes erwiesen, die Großbritannien weit weg von zu Hause repräsentieren – der Inbegriff von Global Britain und der GREAT Campaign“, würdigte auch Air Vice-Marshal Warren James, Kommandeur der Number 22 Group, zu der die Staffel zählt, die Leistung des Teams. 74 Tage waren die Reds vom 5. August bis zum 17. Oktober 2019 unterwegs und legten dabei 35 400 Kilometer zurück.
Wie zuletzt vor über einem Jahrzehnt stand zunächst die Atlantiküberquerung an, die wegen der überschaubaren Reichweite der Hawk-T1-Trainer in mehreren Etappen erfolgte. Nach dem Start in Scampton und einem Tankstopp in Lossiemouth wurde zunächst Keflavik in Island erreicht, bevor es am nächsten Tag über Narsarsuaq auf Grönland nach Goose Bay ging. Nach 4900 Kilometern wurde schließlich am 7. August Halifax erreicht. Dort gab es mit einem Vorbeiflug an der Hafenpromenade am 11. August den ersten öffentlichen Auftritt. Bereits zuvor hatten die Piloten Public-Relations-Termine wahrgenommen.
Mit Hawk T1 an der Freiheitsstatue vorbei
Weiter ging es nach Gatineau zur ersten Kunstflugvorführung im Rahmen der AERO Gatineau–Ottawa und einem Überflug über Parliament Hill in der kanadischen Hauptstadt Ottawa, pünktlich zum Wachwechsel am Boden. Erste Station in den USA war am 14. August Chicago, wo am folgenden Wochenende die Air & Water Show auf dem Programm stand. In Boston konnten die Teammitglieder anschließend etwas entspannen, aber auch dort galt es, bei Empfängen Hände zu schütteln oder auf der „USS Constitution“ eine gute Figur zu machen.
Als nächste Airshow folgte „Thunder over the Boardwalk“ an der Küste der Spielerstadt Atlantic City. Der 22. August brachte dann einen der Höhepunkte der Tour: den Vorbeiflug an der Freiheitsstatue und der Skyline von Manhattan in Begleitung der Thunderbolts und von F-22 und F-35 der US Air Force. Auch die Hauptstadt Washington durfte auf dem Tourplan natürlich nicht fehlen. Hier warben die Red Arrows unter anderem im Luftfahrtmuseum Steven F. Udvar-Hazy Center am Flughafen Dulles für ihr Land und machten einen Überflug über das Baseballstadion Nationals Park – die Nationals gewannen später den World-Series-Titel in der Major League.

Vorbeiflug bei der NASA
Ein weiteres Postkartenmotiv für die Reds waren die Niagarafälle, die am 28. August auf dem Weg nach Toronto überflogen wurden. Bevor dort am Wochenende die Canadian International Air Show anstand, nutzte das Team noch schnell die Gelegenheit für einen Vorbeiflug am Stadtzentrum in Formation mit den kanadischen Kollegen, den Royal Canadian Snowbirds – die viel enger auf Tuchfühlung gingen als zuvor die Thunderbirds.
Weiter ging es über Dayton nach St. Louis zur Spirit of St. Louis Air Show (7./8. September) und nach Texas. Hier war die Naval Air Station Fort Worth Joint Reserve Base direkt gegenüber dem F-35-Werk von Lockheed Martin die Ausgangsbasis für einige Vorbeiflüge wie bei der NASA in Houston. In Denver stand anschließend wieder mehr das „Landprogramm“ mit diversen Events des britischen Handelsministeriums im Vordergrund. Ein Abstecher zur Akademie der US Air Force bei Colorado Springs am 18. September durfte aber natürlich nicht fehlen.
Red Arrows über der Golden Gate Bridge
Die nächste Performance erfolgte am 21. September beim Flugtag in McMinnville (Oregon Air Show), wobei das Wetter aber an einem Tag einen Strich durch die Rechnung machte. Es folgte ein Besuch in Seattle, inklusive eines Termins im Museum of Flight. Vancouver in Kanada wurde anschließend mit einem Flypast beglückt, bevor es in südliche Gefilde ging: Am 27. und 28. September beteiligten sich die Red Arrows an der Miramar Air Show bei San Diego.
Danach gab es noch schnell einen Abstecher nach San Francisco: Die Golden Gate Bridge als Hintergrund lässt sich kein US-Tourist entgehen, genauso wenig wie den„Hollywood“-Schriftzug in den Bergen von Los Angeles. In Mojave trafen die Reds auch Flight Lieutenant Mathew ‘Stanny’ Stannard. Der RAF-Pilot wurde jüngst zu Virgin Galactic abkommandiert, um eine Boeing 747 zu fliegen, die Raketen für Satellitenstarts abwirft.
Schlechtes Wetter auf dem Rückflug
Bei der Pacific Air Show vor der Küste von Huntington Beach traf das Kunstflugteam dann wieder die Kollegen von Snowbirds und Thunderbirds und absolvierten am 6. Oktober die letzte offizielle Kunstflugvorführung des Jahres. Auf dem Rückweg flog die Formation noch am Mount Rushmore vorbei (Rapid City, South Dakota), bevor sie über Toronto wieder Goose Bay als Sprungbrett nach Europa erreichte.
Am 12. Oktober sollte die Atlantiküberquerung starten, doch schlechtes Wetter zwang zur Umkehr. Auch in Kangerlussuaq hingen die Red Arrows fest – der Seegang auf der Strecke lag über dem vorgegebenen Sicherheitslimit. So verzögerte sich die Heimkehr nach Scampton und der Start des wohlverdienten Urlaubs bis zum 17. Oktober. 21 Flugvorführungen, 30 Vorbeiflüge und tägliche Medienaktivitäten bei einer ihrer größten Touren lagen hinter dem Team.