Dauerläufer
Tornado bei der Luftwaffe

Bis zur Verfügbarkeit eines Nachfolgers müssen die Tornados der Luftwaffe noch bis zu 20 Jahre fliegen. Das geht nicht ohne weitere Modernisierungsmaßnahmen.

Tornado bei der Luftwaffe

Während die Tage des Tornados bei der Royal Air Force schon im April 2019 gezählt sein sollen, wird der bewährte Schwenkflügler (Erstflug 1974) bei der Luftwaffe wohl noch bis 2035 im Einsatz bleiben. Ziel dabei: der „bruchfreie Erhalt der derzeitigen Fähigkeiten der Bundeswehr“ bis zum „Erreichen der Initial Operational Capability eines Next Generation Weapon System“. Dessen Entwicklung in europäischer Kooperation erhielt gerade beim deutsch-französischen Gipfel einen deutlichen Schub.

Wie die inzwischen auf 85 Luftfahrzeuge reduzierte Tornado-Flotte der Bundeswehr noch zwei Jahrzehnte mit etwa 11 500 Jahresflugstunden sicher und effizient im Dienst gehalten werden kann, darüber macht sich die Industrie schon seit längerem Gedanken. Im Hinblick auf die Haltbarkeit der Zelle ist man bei Airbus Defence and Space in Manching zuversichtlich. 8000 Stunden pro Flugzeug würden wohl reichen, im Bedarfsfall könnte man wie die Royal Air Force auf 10 000 Stunden gehen.

Aber das ist nur ein Aspekt beim Betrieb älterer Kampfflugzeuge. Vor allem was die Ersatzteilversorgung betrifft, gilt es, langfristig Vorsorge zu treffen. „Wir müssen die Zulieferfirmen stützen“, sagt Wolfgang Gammel, Leiter für die Betreuung von Kampf- und Missionsflugzeugen bei Airbus DS. Einige werden aussteigen, andere konsolidieren sich dann. Zudem kann man sich Teile aus Großbritannien besorgen, wenn dort der Betrieb ausläuft.

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Im hinteren Cockpit wurden bereits neue Farbdisplays eingebaut. Foto und Copyright: Luftwaffe/Pieper

Insgesamt muss dies alles in einem „Systemhaus Tornado“ gut koordiniert werden. Die Voraussetzungen dafür sind gegeben, denn seit April 2015 ist die Betreuung des Tornados in Manching konzentriert. Neben dem Systemunterstützungszentrum (SUZ) wird in einer großzügigen, neuen Halle mit 20 Dockplätzen auch die Wartung und Instandsetzung durchgeführt, und zwar im Rahmen einer Kooperation Zelle (TKZ). Rund 35 der etwa 215 Mitarbeiter in der Halle sind Soldaten. Diese sind hier auf allen Ebenen, also vom Mechaniker, Elektriker, Avioniker bis hin zur Leitungsebene, verteilt und voll in die Organisation von Airbus Defence and Space integriert.

Eine Aufgabe der TKZ ist es, die Durchlaufzeiten für die verschiedenen Arbeiten, von der periodischen Inspektion bis zur Depotinstandsetzung (alle 2500 Stunden) zu verringern, um möglichst viele Jets bei den Taktischen Luftwaffengeschwadern 51 „Immelmann“ in Jagel und 33 in Büchel verfügbar zu haben. Dies insbesondere deshalb, weil neben den normalen Wartungsarbeiten immer wieder Modernisierungsmaßnahmen anstehen.

Derzeit läuft zum Beispiel noch die Umrüstung auf den Standard ASSTA 3.1 (ASSTA: Avionics System Software Tornado in Ada). Dieser beinhaltet unter anderem neue Bildschirme für den Waffensystemoffizier im hinteren Cockpit und eine Verbesserung der Datenlinksysteme. Zudem werden das ELS (Emitter Locator System) digitalisiert und die Voraussetzung zur Nutzung des neuen Behälters  Saab BOZ-101 EC mit Lenkwaffen-Warnsensoren und Täuschkörperwerfern geschaffen.

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Neue Lenkwaffen und modernisierte Avionik

Soldaten der Luftwaffe und Mitarbeiter von Airbus arbeiten im TKZ gemeinsam. Foto und Copyright: Airbus

Der nächste Schritt wäre ASSTA 4/4.1, für den die Industrie auf einen Vertrag im kommenden Jahr hofft. Hierbei ginge es um Maßnahmen bei der Avionik zur Integration eines Future Display System, um weitere Verbesserungen beim Datenfunk MIDS (deutsch: multifunktionales Informationsverteilungssystem) sowie um die Erweitung der Tragfähigkeit der Laserbombe JDAM auf fünf Aufhängungspunkte. Derweil beginnen Studien für weitere Modernisierungsschritte im Rahmen von ASSTA 4.2. Angedacht sind IFF Mode 5 – eine Verbesserung des Selbstschutzsystems – und vor allem die Einführung einer neuen Lenkwaffe zur Bekämpfung von bodengebundenen Radarstellungen. Italien hat sich bereits für die AARGM (AGM-88E) von Orbital ATK entschieden, die in Deutschland von Diehl vermarktet wird. Sollte dieser Flugkörper von der Luftwaffe beschafft werden, so sieht die Vereinbarung die Übertragung wesentlicher Arbeitsanteile an Deutschland hinsichtlich Fertigung und Serviceleistungen im Einsatz vor, heißt es. ASSTA 4.2 könnte aus Sicht der Industrie ab 2022 verfügbar sein.

Für die effiziente Tornado-Betreuung wurde in Manching eine neue Halle gebaut. Foto und Copyright: Airbus

Für die Zeit nach etwa 2025 wird  dann ein letztes umfassendes Upgrade angestrebt. Unter dem Begriff FAST (Future Avionic Structure Tornado) ginge es darum, die Avionik zum Beispiel mit neuen Datenbussen zukunftssicher zu machen. Auch der Ersatz des Head-up-Displays könnte notwendig sein, um die Versorgbarkeit zu gewährleisten.

Des Weiteren geht es um Themen wie Präzisionslandesystem und sichere Kommunikation. Schließlich ist eine Erweiterung der Waffenpalette um den  Flugkörper Brimstone von MBDA denkbar, die bereits an den britischen Tor­nados fliegt. Je nach Verfügbarkeit der derzeit entwickelten  B61-12 muss der Tornado auch an neue amerikanische Atombomben angepasst werden.

Mit dem „ASSTA 5“-Standard könnte der Tornado dann parallel zum Eurofighter bis in die 2030er Jahre hinein seine Rolle bei der Bekämpfung von Hochwertzielen, bei der Aufklärung, der Luft­nahunterstützung und dem Niederhalten von Flugabwehrstellungen sowie bei der „nuklearen Teilhabe“ spielen.

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