Zum letzten Mal starteten Tornados der Royal Air Force am 31. Januar zu einem Kampfeinsatz. Vom Stützpunkt Akrotiri auf Zypern hoben um 9.30 Uhr Ortszeit zwei der Schwenkflügler mit der Kennung ZA542 und ZA601 ab. Bewaffnet mit zwei Paveway-IV-Bomben und zwei Brimstone-Lenkwaffen beziehungsweise vier PavewayIV sowie bestückt mit großen, 2250 Liter fassenden Hindenburg„-Zusatztanks ging es für eine Patrouille Richtung Irak und dann in den Luftraum über dem Osten Syriens. Dort setzten die Bodentruppen der Koalition ihre Kämpfe gegen die letzten beiden noch von der Terrorgruppe Islamischer Staat gehaltenen Ortschaften fort.

Immer im Dienst – weltweit
Die beiden 1981 beziehungsweise 1982 gelieferten Kampfjets aus dem Hause Panavia mussten diesmal nicht eingreifen. Unterstützt von einem Voyager-Tanker waren sie gegen 16 Uhr wieder auf ihrer Basis zurück. Damit war jedenfalls für die Tornados die Operation “Shader„ (als Teil von “Inherent Resolve„) beendet, die am 13. August 2014 mit der ersten Mission über dem Irak begonnen hatte. Mehr als 37 verschiedene Maschinen waren seither an 658 Missionen beteiligt, bei denen unter anderem acht Storm-Shadow-Marschflugkörper, 1129 Paveway-IV-Lenkbomben und 378 Brimstone-Lenkwaffen verwendet wurden. Neben den Bodenangriffen wurden die Tornados, ausgestattet mit dem RAPTOR-Behälter (Reconnaissance Airborne Pod Tornado), vielfach auch für Aufklärungsflüge verwendet. Mit der Rücküberführung der acht Tornado GR4 zur Heimatbasis Marham am 4. und 5. Februar endete eine über 25-jährige Ära, in denen die Jagdbomber der RAF praktisch durchgehend irgendwo auf der Welt im Einsatz waren – meist im Unruheherd Nahost.

Einsatz im Golfkrieg
Dort waren die Tornados in der Nacht zum 17. Januar 1991 an den ersten Angriffen des Golfkriegs gegen den Irak beteiligt gewesen. Ihre Ziele waren gegnerische Flugplätze, die im extremen Tiefflug mit Munition des 2,3 Tonnen schweren Streumunitionsbehälters JP233 bekämpft wurden. 36 Maschinen der Version GR1 und sechs GR1A hatten die Briten damals vor Ort. Im Verlauf der 42 Tage dauernden Kämpfe flogen sie etwa 1600 Einsätze, warfen dabei unter anderem 4400 Freifallbomben (455 kg) und 1100 lasergelenkte Bomben ab und feuerten 104 ALARM-Lenkwaffen gegen Radarstellungen. Sechs Tornados gingen verloren, zehn Besatzungsmitglieder kamen ums Leben, eine Crew wurde gefangengenommen.
Die Auflistung der heute und damals verwendeten Waffen zeigt schon, dass sich das Einsatzprofil des Tornados über die Jahrzehnte verändert hat – und das Flugzeug selbst auch. Im Fall der RAF umfasste das Modernisierungsprogramm den Einbau neuer Rechner und die Einrüstung eines redundanten MIL-STD-1553B-Datenbusses sowie eines neuen Datenbusses für Waffen (Standard 1760A). Als neuer Sensor kam ein FLIR unter dem Bug hinzu, später auch ein neuer Zielbehälter in Form des Litening III. Für die Besatzung gab es neue Farbdisplays und ein besseres Head-up-Display für den Piloten. Auch die EloKa-Ausrüstung wurde verbessert.

Tornado GR4
Der Prototyp des Tornado GR4 hob am 29. Mai 1993 bei BAE Systems in Warton zum Jungfernflug ab, und die Lieferungen an Einsatzstaffeln begannen fünf Jahre später im Mai 1998 (IX Squa-dron). Insgesamt 142 Maschinen wurden bis 2003 umgerüstet. Das waren immerhin noch fast zwei Drittel der ursprünglich zwischen 1979 und Ende 1985 gelieferten 228 Flugzeuge der Basisversion GR1.
In die Zeit der Umrüstung auf den GR4-Standard fiel auch der Rückzug der letzten Tornado-Staffeln aus Deutschland, wo zu Zeiten des Kalten Kriegs sieben Squadrons stationiert waren. Nach einer längeren Phase der Stabilität gab es bei der RAF dann ein Hin und Her um den Ausmusterungstermin des Jagdbombers. Dieser wurde schließlich auf 2019 festgelegt, wobei aber 2015 bedingt durch die Operation “Shader„ die 12 Squadron sogar wieder reaktiviert wurde, nachdem sie nach der Rückkehr aus Afghanistan aufgelöst worden war. Entsprechend wurden bis Februar 2017 bei der XV(R) Squadron in Lossiemouth noch die letzten neuen Piloten auf dem Muster ausgebildet, und im Rahmen des ATTAC-Industrievertrags führte BAE Systems im selben Monat die letzte Grundüberholung eines Tornados durch (Flugzeugkennung ZA611, gebaut 1982).

Die Nachfolger stehen bereit
Nun aber ist die Zeit für den Abschied gekommen. Und dieser wird britisch-typisch stilvoll zelebriert – unter anderem mit Sonderanstrichen für drei Flugzeuge, die sich Ende Januar zu einem Fotoshooting in der Luft trafen. Die Aufgaben der Tornados werden nun die Eurofighter Typhoon FGR4 übernehmen. 425 Millionen Pfund (485 Mio. Euro) wurden deshalb in den letzten drei Jahren in das “Projekt Centurion„ gesteckt. Die britischen Eurofighter sind nun in der Lage, neben lasergelenkten Bomben auch den Marschflugkörper Storm Shadow und die kleinen Brim-stone-Lenkwaffen zu nutzen.
Darüber hinaus sind inzwischen einige Lockheed Martin F-35B Lightning II in Marham verfügbar. “Als Tornado GR4-Pilot (…) werde ich persönlich sehr traurig sein, wenn der Tornado in den Ruhestand geht, aber es ist an der Zeit, den Staffelstab an unser Kampfflugzeug der nächsten Generation zu übergeben„, fasste Air Chief Marshal Sir Stephen Hillier als Chief of the Air Staff die Stimmung in der Royal Air Force zusammen.