Der Eurofighter wird "auch in den kommenden Jahrzehnten in Kriegsszenarien eine wesentliche Rolle spielen", erklärt Jorge Tamarit Degenhardt. "Die heute ausgelieferten Jets werden bis in die 2060er-Jahre fliegen", so der derzeitige CEO von Eurofighter. Deshalb gilt es zu "überdenken, was die operative Rolle des Eurofighters in Ergänzung des Einsatzes von FCAS- und GCAP ist", und dann die Anforderungen für die langfristige Weiterentwicklung neu zu bewerten. Eurofighter spricht daher neuerdings nicht mehr von einer Long Term Evolution (LTE), sondern von einem Mid-Life Upgrade (MLU). Im Mittelpunkt steht eine neue elektronische Architektur, die es den Typhoons ermöglichen würde, noch über Jahrzehnte nahtlos mit Kampfflugzeugen der sechsten Generation und unbemannten Loyal Wingmen zusammenzuarbeiten. Dadurch würde der Typhoon zu einem digital vernetzten Knotenpunkt innerhalb des sich entwickelnden europäischen Luftkampfsystems werden.

Deutschland ist der größte Eurofighter-Kunde.
Nachrüstpakete
Da das Flugzeug die Grenzen seiner aktuellen Avionik und Computerhardware erreicht hat, sind insbesondere neue Computer notwendig, um das Problem mit der Rechenkapazität zu lösen und die Grundlagen für zukünftige Missionssysteme zu schaffen. Hinzu kommen Upgrades für Avionikbusse und elektronische Störsysteme. Auch ein Programm zur Verlängerung der Lebensdauer könnte in Nachrüstungspakete integriert werden. Das MLU ist sowohl für neu produzierte Flugzeuge als auch für die Nachrüstung von bereits im Einsatz befindlichen Flotten vorgesehen. Allerdings hat bisher keines der vier Partnerländer – Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien – Mittel für das Vorhaben bereitgestellt. Aktuell läuft das Phase-4-Verbesserungsprogramm (P4E), die laut Degenhardt "größte Verbesserung, die wir bei Eurofighter jemals in Angriff genommen haben." Dabei geht es um wesentliche Weiterentwicklungen in Bezug auf Radartechnik, Avionik, Flugsteuerungssysteme, elektronische Kampfführung und Waffenintegration. Großbritannien hat zum Beispiel erste Mittel für die Produktion und Integration des European Common Radar System (ECRS) Mk2 in einen Teil der Flotte der Royal Air Force bewilligt.

Für die britischen Eurofighter ist das ECRS Mk2 vorgesehen.
Neues Radar
Die Finanzierung in Höhe von 204,6 Millionen Pfund (235 Mio. Euro) wurde am 13. Juni vom Staatssekretär im Finanzministerium, Darren Jones, während eines Besuchs im Leonardo-Werk in Edinburgh bekannt gegeben. "Die jüngste Finanzierungstranche baut auf erfolgreichen Flugtests auf, die im Februar abgeschlossen wurden. Sie sichert die kritischen Komponenten mit langen Lieferzeiten". Vorbehaltlich eines noch in diesem Jahr erwarteten Serienvertrags soll die Lieferung von Serien-Radargeräten ab 2028 erfolgen. "Das ECRS Mk2 wird planmäßig bis zum Ende des Jahrzehnts bei der RAF in Dienst gestellt werden", erklärte Leonardo. Unterdessen haben Hensoldt und Indra, die Partner des Eurofighter-Radar-Mk1-Konsortiums, die Produktion der ersten Radargeräte mit den fortschrittlichen Subsystemen für den Prozessor und die Antennenstromversorgung und -steuerung (APSC) abgeschlossen. Im April 2024 hatten Deutschland und Spanien beschlossen, diese fortschrittlichen Subsysteme in das ECRS Mk1 Step 1 aufzunehmen. "In weniger als 13 Monaten haben wir die Produktion der ersten Radargeräte mit dieser neuen Hardware abgeschlossen, und eine umfassende Bewertungsphase ist bereits weit fortgeschritten. Die neue APSC und der neue Prozessor verleihen dem Mk1 eine deutliche Leistungssteigerung, sowohl hinsichtlich der schnellen Modusumschaltung und der Flexibilität bei Echtzeitmissionen als auch hinsichtlich zukünftiger autonomer, aufgabenbasierter und KI-gestützter Operationen", erklärte Dr. William Gautier, Technischer Direktor Eurofighter Radar bei Hensoldt. "In die neue Hardware wurde eine überarbeitete Software integriert, die die volle Ausschöpfung der AESA-Multi-Channel-Technologie ermöglicht." Die neue Prozessorarchitektur bringt unter anderem eine höhere Rechenleistung, verbesserte parallele Verarbeitungsfähigkeiten und die Unterstützung fortschrittlicher Signalverarbeitungsalgorithmen. "Diese Verbesserungen steigern nicht nur die aktuelle Leistung, sondern bieten auch den notwendigen Spielraum für zukünftige Software-Weiterentwicklungen und Sensorfusionsfähigkeiten", so der Hersteller. Nach den Evaluierungen und Tests in der ersten Hälfte des Jahres 2025 planen Hensoldt und Indra die Serienproduktion des Mk1 Step 1 im Sommer 2025. "Durch weitere Software-Upgrades wird das Mk1-Radar zu einem vollwertigen Mehrzweckradar weiterentwickelt, das auch Luft-Boden- und elektronische Kampfführungsaufgaben übernehmen kann. Diese werden einen aufgabenbasierten Betrieb ermöglichen, der die Arbeitsbelastung der Piloten reduziert und gleichzeitig die Systemleistung verbessert", heißt es.

Neue Verfahren sollen die Fertigung beschleunigen.
Beschleunigte Fertigung
Parallel zu den Modernisierungsinitiativen bereitet sich Eurofighter auf eine deutliche Steigerung der Fertigung vor. Die derzeitige Produktionsrate liegt bei 14 Flugzeugen pro Jahr, soll aber bis 2028 auf 20 steigen und längerfristig möglicherweise 30 Flugzeuge pro Jahr erreichen, was etwa der Hälfte der maximalen Rate entspricht. Um diese Expansion zu unterstützen, plant Eurofighter umfangreiche Investitionen in Produktionstechnologien und die Lieferfähigkeiten der Unterauftragnehmer. Es geht vor allem darum, die Lieferzeiten – derzeit durchschnittlich etwa 50 Monate – durch die Digitalisierung von Arbeitsabläufen, die Modernisierung der Werkzeuge und die Stabilisierung eines Netzwerks von über 400 Zulieferern zu verkürzen. Abhängig sind diese Pläne allerdings von neuen Exportaufträgen. Derzeit läuft eine Reihe von vielversprechenden Kampagnen. Selbst das notorisch klamme Österreich wird diesbezüglich genannt, nachdem ein Regierungsbericht Anfang dieses Jahres eine Flottenerneuerung empfohlen hatte. Derzeit stehen 15 gebrauchte Tranche-1-Eurofighter im Dienst. Aktuell wird anscheinend mit 36 Neuflugzeugen geplant. Dazu kommen dann noch die zwölf bestellten Trainingsjets M-346 als Nachfolger für die Saab 105.
Türkei-Vorvertrag
Polen ist schon lange auf der Suche nach bis zu 32 Luftüberlegenheitsjägern, wobei der Typhoon mit der Boeing F-15EX konkurriert. Eine dritte Option – eine weitere Bestellung von F-35A, aufbauend auf dem 4,6-Milliarden-Dollar-Deal mit Washington aus dem Jahr 2020 – ist ebenfalls nicht ausgeschlossen. Eurofighter bietet Polen eine strategische Industriepartnerschaft an. Die polnische Industrie könnte auch an der zukünftigen Entwicklung des Eurofighters beteiligt sein, und bis zu 50 Prozent des Auftragswerts könnten an polnische Unternehmen gehen, heißt es. Das Angebot betrifft die neueste Version der Maschine, die mit einem ECRS Mk2-Radar (European Common Radar Systems) ausgestattet ist. Dazu kommt die Bewaffnung mit den weitreichenden Meteor Luft-Luft-Lenkwaffen. Das Interesse der Türkei am Erwerb von bis zu 40 Flugzeugen resultiert unter anderem aus deren Ausschluss aus dem F-35 Joint Strike Fighter-Programm (nach dem Kauf von russischen S-400-Flugabwehrsystemen) während das einheimische Kaan-Kampfflugzeug der fünften Generation noch in der Entwicklung ist. Der Eurofighter Typhoon erscheint da als ausgereifte, kampferprobte und hochleistungsfähige Plattform, die als wichtige Übergangslösung dienen und die Einsatzbereitschaft der türkischen Luftwaffe verbessern kann. Die jüngsten hochrangigen Gespräche zwischen türkischen, britischen und deutschen Regierungsvertretern, darunter auch Gespräche zwischen dem türkischen Präsidenten und den Staats- und Regierungschefs Großbritanniens und Deutschlands, deuten auf einen positiven Verlauf dieser Verhandlungen hin. Während Deutschland zuvor Vorbehalte gegenüber einem Verkauf an Ankara geäußert hatte, deuten die jüngsten diplomatischen Entwicklungen auf eine Änderung dieser Haltung hin. Jedenfalls haben die Verteidigungsminister der Türkei und Großbritanniens (Yas¸ar Güler und John Healey) am 23. Juli auf der Militärmesse IDEF in Istanbul eine Absichtserklärung unterzeichnet, welche "die Beziehungen zwischen den Ländern festigt und sie einem vollständigen Abkommen über Typhoon einen Schritt näherbringt", so die Parteien, die "das gemeinsame Ziel verfolgen, die erforderlichen Vereinbarungen so schnell wie möglich abzuschließen."

Saudi-Arabien könnte noch weitere Maschinen bestellen.
Chancen in Nahost
In Saudi-Arabien, das bereits eine Flotte von 72 Eurofighter Typhoons betreibt, drehen sich die aktuellen Gespräche um eine mögliche Folgebestellung. Dieser Kauf würde eine Fortsetzung der langjährigen Verteidigungszusammenarbeit mit Großbritannien bedeuten. Obwohl auch amerikanische Kampfflugzeuge in Betracht gezogen werden, bietet der Eurofighter eine bewährte Lösung. Das Potenzial für einen Technologietransfer und lokale Wartungsvereinbarungen könnte die Attraktivität des Eurofighters für Riad weiter stärken. Laut Degenhardt haben "wir den ersten Besuch (von US-Präsident Donald Trump) überstanden." Er fügte aber hinzu, dass das Zeitfenster für den Abschluss eines Vertrags "nicht sehr groß ist – wir müssen schnell sein." Katar, das bereits 24 Eurofighter Typhoons erworben hat, erwägt Berichten zufolge ebenfalls eine weitere Anschaffung, um seine Luftstreitkräfte noch weiter auszubauen. Die katarische Emiri Air Force hat eine starke Interoperabilität mit der Royal Air Force entwickelt, insbesondere durch eine gemeinsame Eurofighter-Staffel, die eine solide Grundlage bildet. Der Gesamtwert dieser potenziellen Aufträge könnte 20 Milliarden Dollar übersteigen. Darüber hinaus hat sich Portugal als potenzieller Neukunde herauskristallisiert. Zumindest ist bei der Regierung nach den jüngsten US-Eskapaden unter Trump das Interesse an der F-35 abgekühlt (nicht aber beim Militär). Des Weiteren wird Deutschland noch in diesem Jahr voraussichtlich weitere 20 Eurofighter bestellen, und Spanien, das gerade seine Halcón II-Beschaffung abgeschlossen hat, könnte diesem Beispiel folgen. Großbritannien schlägt allerdings einen anderen Kurs ein. Die jüngste Strategic Defence Review bekräftigte Londons Präferenz für den Ausbau seiner F-35-Flotte und für Investitionen in den GCAP-Fighter. Ob die Proteste der Gewerkschaften (Unite) daran etwas ändern, ist fraglich. Dennoch bleibt der Eurofighter in Europa wichtig für die Sicherung qualifizierter Arbeitsplätze, souveräner Lieferketten und strategischer Autonomie sowie als Grundlage für die Entwicklung von Kampfflugzeugen der nächsten Generation.