Rivolto feierte Anfang September den 65. Geburtstag der Frecce Tricolori mit einer großen Airshow – ein Stelldichein europäischer Kunstflugteams, modernen Jets und historischen Flugzeugen. Italiens Kunstflugstaffel, Aushängeschild der Aeronautica Militare, zeigte ihr komplettes Programm und ihre Markenzeichen: die drei Pfeile in Grün, Weiß und Rot auf dem Rumpf.
Mit zehn Flugzeugen ist ein abwechslungsreiches Programm möglich. Die Flugvorführungen der Frecce enthalten etwa 20 Figuren und dauern knapp eine halbe Stunde. Zahlreiche Auftritte stehen jedes Jahr an – etwa über einem Reitturnier in Rom oder über Norditalien. Nur Top-Piloten haben die Chance, mit den Frecce zu fliegen.
Gründung der PAN 1961: Von wechselnden Staffeln zur festen Kunstflugtruppe
So ganz stimmte es in Rivolto mit den 65 Jahren aber nicht, denn der Grundstein für die Gründung der PAN (Pattuglia Acrobatica Nazionale) wurde erst am 1. März 1961 gelegt, als der Generalstab der Aeronautica Militare die Spezialeinheit für Kunstflug gründete, die am 1. Juli zur 313. Kunstflug-Ausbildungsgruppe wurde. Das Ziel der Streitkräfte war es, die spezifische Ausbildung der Piloten zu perfektionieren und gleichzeitig ihre wertvollen Erfahrungen zu bewahren.
Zuvor hatten die italienischen Luftstreitkräfte nämlich wechselnde Teams. In der Saison 1959 gab es sogar nicht weniger als drei Kunstflugstaffeln: die "Lancieri Neri" der 2. Luftwaffenbrigade, die zunächst mit vier F-86E und später mit sechs Flugzeugen flogen und als "offizielle" Staffel fungierten. Die "Getti Tonanti" der 5. Luftwaffenbrigade, die ebenfalls mit F-84F-Jets ausgerüstet waren, waren das "Reserveteam", und auch die "Diavoli Rossi" der 6. Brigade mischten mit ihren sechs F-84F weiterhin mit.
Kern der in Rivolto neu aufgestellten Staffel bildete das Team der 4. Luftwaffenbrigade, das bereits als "offizielles" Team für 1961 ausgewählt worden war. Tatsächlich trafen am 1. März die ersten sechs zugewiesenen Piloten in Rivolto ein. Geflogen wurde die CL 13 Sabre Mk.4, eine in Kanada gebaute Lizenzversion der F-86E, die bereits von den Teams "Cavallino Rampante" und "Lancieri Neri" verwendet worden war. Der erste offizielle Auftritt erfolgte am 1. Mai 1961 auf dem Flughafen von Trient.
In der Saison 1961 flogen die Sabres in Sechserformationen. Sie waren mit Rauchgeneratoren ausgestattet und hatten einen dunkelblauen Rumpf mit einem großen blauen Diamanten und einem schwarzen Pfeil auf dem Heck. Diese Lackierung wurde für die Saison 1962 durch das heute bekanntere Farbschema ersetzt, mit den unverwechselbaren drei grünen, weißen und roten Pfeilen auf dem Rumpf und der fortlaufenden Nummer in Gelb auf dem Heck. Das Team hatte nun seine Identität gefunden und die Kunstflugstaffel "Frecce Tricolori" war geboren.
G.91PAN und 9+1-Formation: Ausbau der Staffel bis zum Wechsel auf die MB-339
Bald wurde die Flotte erweitert, und die PAN trat mit neun Flugzeugen auf. Im Dezember 1963 wurde die G.91PAN eingeführt, eine speziell für das Kunstflugtraining modifizierte Version des leichten taktischen Kampfflugzeugs Fiat G.91. Hunderttausende Zuschauer sahen die Frecce Tricolori in ihrer üblichen Formation von 9+1, wobei das zehnte Flugzeug als Solist fungierte – eine "Figur", die in der Saison 1966 eingeführt wurde. Fast zwei Jahrzehnte flogen die Frecce mit der Fiat G.91.
Die Saison 1981 war das letzte Jahr mit der G.91. Die italienischen Luftstreitkräfte ersetzten sie durch die Aermacchi MB-339, ausgestattet mit einem Rauchsystem, das aus zwei unter den Tragflächen montierten Tanks gespeist wird. Die erste MB.339 PAN wurde am 6. Januar 1982 ausgeliefert. Der eigentliche Übergang erfolgte am 27. April, als eine einzigartige Formation aus vier G.91 und fünf MB-339 über den Stützpunkt Rivolto flog.
Katastrophe von Ramstein 1988: Tragischer Einschnitt und internationale Auftritte danach
In der Geschichte der Frecce Tricolori darf die Katastrophe von Ramstein nicht vergessen werden, als beim USAF-Flugtag am Sonntag, dem 28. August 1988, 70 Menschen ums Leben kamen (67 Zuschauer und 3 Piloten). 346 Zuschauer erlitten schwere Verletzungen, Hunderte weitere wurden leicht verletzt. Die Kollision in der Luft ereignete sich, als zwei Gruppen ein Herz formten und eine Maschine, die das "Herz durchbohrte" und dabei direkt auf die Zuschauer zuflog, ein anderes Flugzeug traf. Sowohl der Rumpf als auch die daraus resultierende Feuerkugel aus Flugbenzin krachten in den Zuschauerbereich, trafen die Menschenmenge und kamen an einem Kühlanhänger zum Liegen.
Dennoch waren die Frecce bald wieder aktiv. 1992 flogen sie zum Beispiel während einer ausgedehnten Tournee durch die Vereinigten Staaten über die Niagarafälle, um an den 500. Jahrestag der Entdeckung Amerikas zu erinnern. 1995 traten sie zum ersten Mal in Osteuropa auf, 2003 dann sogar in Russland (Schukowski). 2004 waren die Frecce auch in Beirut.
Während der Olympischen Winterspiele in Turin (2006) formte das Team die fünf olympischen Ringe, wobei die Piloten das Manöver in einer Höhe von etwa 1800 Metern und einer Geschwindigkeit von etwa 275 km/h mit ausgefahrenen Klappen durchführen mussten, um eine größere Manövrierfähigkeit des Flugzeugs zu ermöglichen. Nach über 30 Jahren kehrten die Frecce Tricolori für die Nordamerika-Tournee 2024 nach Kanada und die Vereinigten Staaten zurück – unter anderem flogen sie über Manhattan –, um auch dort das Publikum wieder zu begeistern.