Die beiden Abfangjäger befanden sich am 26. April 2017 über dem Territorium der russischen Teilrepublik Burjatien, als sich der Zwischenfall ereignete. Das russische Verteidigungsministerium sprach seinerzeit lediglich davon, dass die MiG-31 „auf einem Testgelände in einem unbesiedelten Gebiet abgestürzt“ sei. Beide Piloten hätten sich mit dem Schleudersitz retten können. Über die Absturzursache jedoch schwieg sich das Ministerium in seiner Erklärung aus.
Abschuss durch eigene Kameraden
Offenbar aus gutem Grund: Das russische Nachrichtenportal Baza hat nun, zwei Jahre nach dem Absturz, aus einem internen Unfallbericht der russischen Regierung zitiert. Dort wird erklärt, dass das Flugzeug offenbar einer R-33-Rakete zum Opfer fiel – abgefeuert von einer zweiten an der Übung beteiligten MiG-31. Diese hätte laut Bericht eigentlich ein Drohnenziel angreifen sollen. Die Piloten schalteten aber irrtümlich ihr Feuerleitsystem gegen ihre eigenen Kameraden scharf, obwohl sie hätten wissen müssen, dass ihr eigentliches Ziel sich nicht an der fraglichen Position befinden konnte. Die Crew der abgeschossenen MiG-31 wiederum soll bei ihrem Übungsflug die angeordneten Verfahren nicht korrekt befolgt haben und sei so während der Gefechtsübung versehentlich in die Schusslinie geraten. Der Unfallbericht kommt deshalb zu dem Schluss, dass ein Fehlverhalten beider Crews maßgeblich für den Abschuss verantwortlich war.
Arbeitete das Radar fehlerhaft?
Allerdings suggerieren die in dem Kreml-Dokument geschilderten Umstände des Vorfalls laut Baza, dass dem Zwischenfall neben menschlichem Versagen womöglich auch technische Ursachen zugrunde liegen könnten. So hätte die Freund-Feind-Erkennung des in der betreffenden MiG-31 verbauten Zaslon AM-Radarsystems nicht angeschlagen, als die Piloten irrtümlich die andere MiG ins Visier nahmen. Anscheinend war im Einsatzgeschwader, dem die beiden Flugzeuge angehörten, sogar seit Längerem bekannt, dass das Radarsystem nicht immer zuverlässig arbeitet.

Baza mutmaßt unter Berufung auf Insider-Quellen, dass der MiG-31-Zentralcomputer Baget 55 in manchen Fällen mit dem Verarbeiten der von dem sehr leistungsstarken Zaslon AM-Radar gelieferten Daten überlastet sein könnte und deshalb Informationen zeitverzögert oder fehlerhaft an die Piloten weitergibt. Eine weitere Quelle habe Baza mitgeteilt, dass die Piloten beider Flugzeuge aus diesem Grund ihre Radarsysteme in einem „experimentellen“ Modus genutzt hätten, bei dem das Radar in einem manuellen Impulsmodus wiederholt ein- und ausgeschaltet wird, um die Arbeitslast für den Computer zu reduzieren. Allerdings ist es – zumindest nach gegenwärtigem Kenntnisstand – bisher zu keinem ähnlichen Zwischenfall gekommen, bei dem eine MiG-31 beteiligt war. Dies, so Baza weiter, deute tatsächlich eher darauf hin, dass der menschliche Faktor am 26. April 2017 die Hauptrolle spielte.
Radarsystem Zaslon AM und die Lenkwaffe R-33
Das bereits in den Siebzigerjahren speziell für die MiG-31 entwickelte Zaslon-Bordradar erlaubt in seiner neuesten Ausführung Zaslon AM die gleichzeitige Verfolgung von 24 Zielen. Sechs davon können parallel angegriffem werden. Dazu nutzt es eine Antenne mit passiver elektronischer Strahlschwenkung (Phased Array). Bis heute ist die MiG-31 das einzige Flugzeug, das mit diesem Radarsystem ausgestattet ist.
Auch die Langstrecken-Luft-Luft-Lenkwaffe R-33 wurde eigens für den bis zu 3000 km/h schnellen Abfangjäger konzipiert. Sie besitzt einen semi-aktiven Radarsuchkopf und wird nach Abschuss vom Bordradar des Trägerflugzeugs in die Nähe des Ziels gelenkt, von wo aus sie die letzte Strecke bis zum Einschlag mit einem eigenen Radarsystem zurücklegt. Bevor die Rakete gestartet werden kann, muss der Waffensystemoffizier im hinteren Cockpit der MiG-31 deshalb einen Leitstrahl aktivieren.