Global Combat Aircraft: Welt-Kampfjet der 6. Generation

Global Combat Aircraft
Der Welt-Kampfjet der sechsten Generation

Veröffentlicht am 05.12.2023

Eigentlich müsste Europa einen Kampfjet der nächsten Generation gemeinsam entwickeln, doch während Deutschland und Frankreich (sowie Spanien und bald vielleicht auch Belgien) an ihrem umfassenden FCAS (Future Combat Air System) arbeiten, das nicht nur einen neuen Fighter beinhaltet, haben Großbritannien und Italien andere Pläne: Sie wollen bereits 2035 ein neues Kampfflugzeug auf den Markt bringen, das sich auch weltweit vermarkten lässt. Beim sogenannten Global Combat Air Programme (GCAP) ist seit letztem Dezember auch Japan mit an Bord.

BAE Systems

"Neue Ära der Kriegsführung"

Die Wurzeln des GCAP liegen im Tempest-Vorschlag von BAE Systems, der erstmals auf der Farnborough Airshow 2018 groß vorgestellt wurde. Damals gab es auch ein 1:1-Mockup zu sehen. Tempest war ein Teil der Future Combat Air Strategy des britischen Verteidigungsministeriums, die zum Ziel hatte, innerhalb eines Jahrzehnts eine komplette Technologiebasis für einen neuen Fighter zu schaffen. Dafür hatte das Ministerium in seiner Strategic Defence and Security Review von 2015 rund zwei Milliarden Pfund (2,31 Mrd. Euro) bis 2025 eingeplant. "Wir treten in eine gefährliche neue Ära der Kriegsführung ein, daher müssen wir uns auf die Zukunft konzentrieren," sagte der damalige britische Verteidigungsminister Gavin Williamson, der neben militärischen Notwendigkeiten auch die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der einheimischen Industrie im Blick hatte. Es geht darum, "eine weltweit führende Rolle in diesem Sektor zu behalten (...) und auf Schlüsselqualifikationen in der gesamten industriellen Basis des Vereinigten Königreichs aufzubauen", so Williamson damals.

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Schweden zögert

Obwohl Tempest zunächst von einem britischen Industrieteam angegangen wurde, war klar, dass internationale Partner (und Geldgeber) willkommen waren. "Wir wollen auch neue Partner", sagte Williamson. "Wir wollen (…) uns die Spitzenfähigkeiten zu eigen machen, die sie ebenfalls anbieten und einbringen können." Offensichtliche Kandidaten dafür waren Italien und Schweden, die nicht bei FCAS involviert waren. Allerdings gab sich Schweden bald zögerlich. Ein im Juli 2019 unterzeichnetes Memorandum of Understanding beinhaltet "keine langfristigen Verpflichtungen zwischen den Ländern, sondern soll zukünftige Positionen ermöglichen". Das MoU "hindert die Länder auch nicht daran, ähnliche Studien und Analysen mit anderen Partnern durchzuführen". Der Grund für Schwedens Zurückhaltung ist einfach: Saab hat mit der Gripen E gerade erst ein neues Muster in der Produktion, daher ist der Bedarf nicht so dringend.

Italien und Leonardo sind an Bord

Für Italien war die Teilnahme an Tempest nur logisch, denn Leonardo, der alles dominierende Luftfahrtkonzern des Landes, hat bereits diverse Tochterunternehmen in Großbritannien, die zum Beispiel in der Radar- und Elektronikentwicklung involviert sind. Zudem sind die Royal Air Force und die Aeronautica Militare "natürliche Partner" da sie "dieselbe schlagkräftige Flotte von Eurofighter Typhoon und F-35 betreiben". Deshalb wurde auf der Rüstungsmesse DSEI im September 2019 auch ein "Statement of Intent" unterschrieben, das die "Entwicklung eines innovativen, agilen und kooperativen industriellen Rahmens für die Durchführung von Tempest" und die "Durchführung von Pilotstudien zur Demonstration neuer, kooperativer Arbeitsweisen" vorsieht.

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Japan schließt sich an

Im letzten Jahr gelang dann ein besonderer Coup: Japan, das bisher mit F-X an einem eigenen neuen Kampfjet-Projekt arbeitet, schloss sich Tempest an. Das Global Combat Air Programme (GCAP) wurde am 9. Dezember 2022 von den drei Regierungschefs verkündet. Dieses "wahrhaft strategische Unterfangen" soll "im Geiste einer gleichberechtigten Partnerschaft" stehen, so der damalige britische Verteidigungsminister Ben Wallace. Laut Wallace geht es darum, ein System zu entwickeln, das "den Gegnern selbst in den am stärksten umkämpften Umgebungen überlegen" ist. Es soll 2035 in Dienst gestellt werden und "modernste Fähigkeiten wie fortschrittliche Sensoren, Waffen und Datensysteme nutzen". Beteiligt sind unter anderem BAE Systems, Leonardo UK, MBDA UK und Rolls-Royce. Weiterhin dabei sind Leonardo, Avio Aero, MBDA IT und Elettronica aus Italien sowie Mitsubishi Heavy Industries, IHI und Melco aus Japan.

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Das Programm steht ganz am Anfang

Zunächst muss die "gemeinsame Konzeptionsarbeit" vorangetrieben werden, so Wallace. Bisher wurden allein in Großbritannien bereits weit über eine Milliarde Pfund (1,16 Mrd. Euro) in die Entwicklung der Fähigkeiten und Technologien investiert, die für eine rasche Umsetzung des Programms erforderlich sind. Mehr als 2500 hochqualifizierte Mitarbeiter, darunter Ingenieure und Programmierer, seien mit dem neuen Fighter beschäftigt, so Wallace. "Das Programm sorgt für zusätzliche qualifizierte Arbeitsplätze in allen drei Partnerländern und bietet eine Starthilfe für Karrieren in Wissenschaft und Technik. Es wird auch für die Unterstützung des Wirtschaftswachstums im ganzen Land wichtig sein, mit wichtigen Schwerpunkten im Nordwesten und Südwesten Englands und in Edinburgh, die von einer Lieferkette mit Hunderten von Unternehmen (...) unterstützt werden".

Richtig schwierig wird's erst noch

So weit, so gut, aber noch steht GCAP ganz am Anfang. Bei der diesjährigen DSEI-Messe in London war jedenfalls nur davon die Rede, man habe "eine trilaterale Kooperationsvereinbarung getroffen, um die Anforderungen der Konzeptphase (...) zu erfüllen". Die Schwierigkeiten kommen also erst noch, wenn es darum geht, knallharte Industrieinteressen bei der Aufgabenverteilung auszubalancieren.