Seit einer gefühlten Ewigkeit suchen die Heeresflieger einen neuen Hubschrauber für die Basisschulung, denn mit den beim Internationalen Hubschrauberausbildungszentrum genutzten, zweimotorigen EC135 lässt sich kein vernünftiges Autorotationstraining bewerkstelligen. Nach der absehbaren endgültigen Ausmusterung der letzten in Celle stationierten Bo 105, Ende 2016, war eine Ersatzlösung nicht länger aufschiebbar. Allerdings wird kein neues Muster gekauft, sondern es gibt eine Mietlösung, die zunächst auf Ende 2020 befristet ist.
Sieben Firmen reichten ihre Angebote ein und stellten der WTD 61 zwei Wochen lang einen Hubschrauber für Testflüge zur Verfügung. Der Auftrag ging schließlich an die Motorflug Baden-Baden GmbH (100-Prozent-Tochter von Airbus Helicopters Deutschland). Sie will die vorgegebene Aufgabe mit sechs gebrauchten Bell 206B-3 Jet Ranger III bewältigen. Ein bis zu fünfköpfiges Technikerteam des traditionsreichen Wartungsunternehmens stellt die werktägliche Verfügbarkeit der Hubschrauber in Bückeburg sicher. Maximal 15 400 Flugstunden gesamt, also maximal 3850 pro Jahr, werden von den Militärs abgerufen, wobei bis zu 64 000 Autorotationsverfahren absolviert werden müssen.
Jet-Ranger-Praxis ersetzt Simulatorstunden
Der Vertragsunterzeichnung am 21. Dezember 2016 nach sollen alle Maschinen bis September geliefert sein. Vorab waren ab Anfang März zwei für die Umschulung der Fluglehrer verfügbar, am 6. Mai kam dann die erste 206B-3 in finaler Konfiguration bei den Heeresfliegern an. Für die Trainingsaufgabe rüstet Motorflug zum Beispiel für die primäre Flugführung ein Farbdisplay von Aspen Aviation ein. Dazu wird ein Navigationsgerät mit Jeppesen-Datenbank in der Mittelkonsole installiert. Darüber hinaus gibt es militärische Funkgeräte inklusive UHF und einen Mode-S-Transponder sowie Kabelabweiser.
Mit acht ausgebildeten Fluglehrern ist Bückeburg seit dem 12. Juni „ready for training“. Zunächst übernehmen die Jet Ranger III die Rolle der Bo 105, das heißt, mit ihnen üben die Schüler Autorotationen (Triebwerk im Leerlauf, Aufsetzen auf dem Boden). Dies geschieht im Rahmen des zweiten Teils der Grundausbildung und ist mit zehn Flugstunden eingeplant. Dazu kommen wie gewohnt 107:30 Simulatorstunden und 90:45 Realflugstunden auf der EC135. Für Mai 2018 planen die Heeresflieger eine Umstellung des Ausbildungsplans, bei dem es eine deutliche Abkehr von der „Simulatorgläubigkeit“ gibt. Die Schüler starten dann mit 45 Stunden auf der preiswerten Bell 206B-3, auf der sie ganz old-fashioned das grundsätzliche, manuelle Handling eines Helikopters und die Notverfahren erlernen. Erst danach folgt die EC135 mit 74:45 Simulatorstunden und 90:30 Stunden im Hubschrauber selbst, inklusive Nacht-flügen, Gebirgsausbildung und IFR.
FLUG REVUE 09/2017