Indiens MiG-21 gehen in Rente - mit einem Knall zum Ab

Spektakulärer Abschied
Indiens MiG-21 gehen in Rente - nach 62 Jahren

ArtikeldatumVeröffentlicht am 29.09.2025
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Von den einen für seine Rolle im siegreichen Krieg mit Pakistan 1971 gepriesen, von den anderen als "fliegender Sarg" verunglimpft, dominierte die MiG-21 jahrzehntelang das Inventar der Indian Air Force (IAF) und bildete bis zur Einführung neuerer Typen deren Speerspitze. Auch in späteren Jahren füllte die MiG-21 bei den Indern weiter wichtige Rollen aus – um nun, nach 62 Jahren, endgültig in den Ruhestand zu fliegen.

Die indische MiG-21-Saga endete am 26. September – genau dort, wo sie einst begonnen hatte: in Chandigarh, der gemeinsamen Hauptstadt der Bundesstaaten Punjab und Haryana gut 200 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Neu-Delhi. Am 1. März 1963 nahm hier die No. 28 Squadron "The First Supersonics" ihren Dienst auf. Wo heute der 12 Wing der IAF Transportflugzeuge der Typen Il-76 und An-32 sowie Chinook-Hubschrauber betreibt, wurde am 1. März 1963 die No. 28 Squadron "The First Supersonics" aufgestellt. Sechs zuvor per Schiff nach Bombay gelieferte MiG-21F-13 bildeten die Erstausstattung der Einheit, die, wie ihr Name besagt, für den Eintritt Indiens ins Überschallzeitalter verantwortlich zeichnete. Zuvor hatten ausgewählte Piloten der Einheit einen Umschulungslehrgang in Lugowaja in der Sowjetunion absolviert.

MiG-Comeback in Chandigarh

Heute ist in Chandigarh der 12 Wing der IAF mit Transportflugzeugen der Typen Il-76 und An-32 sowie Chinook-Hubschraubern zu Hause. Die letzten MiG-21 Indiens hatten ihre Zuflucht bei der No 23 Squadron "Panthers" und der No 3 Squadron "Cobras", die zusammen auf der Basis Nal / Bikaner noch knapp 40 Maschinen betrieben.

MiG-21 dieser beiden Einheiten hatten in Vorbereitung der lange angekündigten und schließlich auf den 26. September terminierten Veranstaltung eine Sonderbemalung in Form einer großen indischen Flagge am Seitenleitwerk erhalten. Die Jets waren bereits Anfang September nach Chandigarh verlegt worden. So war also abzusehen, dass sich die Indian Air Force von ihrem über Jahrzehnte wichtigsten Kampfflugzeug gebührend verabschieden würde.

Indische MiG-21 bei der Abschiedszeremonie zu ihrem Dienstende.
Holger Müller

Große Bühne für die MiG-21

Was dann tatsächlich passierte, dürfte die meisten Erwartungen jedoch noch übertroffen haben. Während es bei den letzten europäischen Nutzern – Rumänien und Kroatien – nur zu verschämten Abschiedsfeiern, bzw. zu gar keiner offiziellen Veranstaltung reichte, ließ sich Indien nicht lumpen und feierte das Ende von 62 Jahren MiG-21-Betrieb mit großem Pomp und zahlreichen hochrangigen Gästen. Verteidigungsminister Rajnath Singh, Chief of Defence Staff Anil Chauhan, die Kommandeure von Landstreitkräften und Marine sowie sechs frühere Kommandeure der IAF nahmen an der Veranstaltung teil. Und der aktuelle Luftwaffenchef, Air Chief Marshal AP Singh, flog höchstpersönlich der Abschiedsformation voran.

Indische MiG-21 bei der Abschiedszeremonie zu ihrem Dienstende.
Holger Müller

Der Luftwaffenchef führt die Formation an

Die Eröffnung des Programms besorgte das Fallschirmsprungteam der IAF namens "Akash Ganga". Kaum waren die Springer mit Ihren Flaggen gelandet, starteten, angeführt von ACM Singh, insgesamt sieben MiG-21 Bison für die nachfolgenden Flugdarbietungen. Nach einer spektakulären Exerzier-Vorführung einer Parade-Einheit, bei der am Boden Gewehre mit aufgepflanztem Bajonett durch die Luft flogen und gekonnt gefangen wurden, schoss zunächst eine Dreierformation der MiGs über die Bahn, aus der die Maschine des Luftwaffenkommandeurs nach oben ausscherte, um anschließend wieder zu landen.

Die beiden verbleibenden Maschinen kreisten über der Basis und attackierten dann "angreifende" Jaguar-Jagdbomber. Kaum waren die "Angreifer" vertrieben, näherte sich eine große Formation, bestehend aus drei weiteren MiG-21, flankiert von zwei LCA Tejas und gefolgt den BAe Hawk des Kunstflugteams "Surya Kiran", die die indischen Farben an den Himmel malten. Nachdem die beiden Exemplare des MiG-21-Nachfolgers LCA Tejas nach oben davongezogen waren, kamen die MiG-21 einzeln zur Landung, während das Kunstflugteam über dem Platz sein Programm abspulte.

Indische MiG-21 bei der Abschiedszeremonie zu ihrem Dienstende.
Holger Müller

Wassersalut und die letzte Meldung

Dann war es Zeit für den feierlichen Höhepunkt. Die MiG-21, die bis dahin am Ende der Bahn warteten, rollten paarweise zur Tribüne und unter dem traditionellen Wassersalut zweier Feuerwehrfahrzeuge hindurch. Als alle sechs Maschinen ihre Parkposition erreicht hatten, werden auf Kommando die Triebwerke abgestellt. Die Piloten stiegen aus, traten vor Verteidigungsminister und Luftwaffenchef, machten Meldung – und damit war der 62 Jahre dauernde Einsatz der MiG-21 bei der Indian Air Force Geschichte.

Indische MiG-21 bei der Abschiedszeremonie zu ihrem Dienstende.
Holger Müller

Ein besonderer Tag für ein besonderes Flugzeug

Anschließend hatten die geladenen Gäste und zahlreichen Besucher – darunter viele Veteranen der indischen MiG-21-Ära – Gelegenheit, hautnah Abschied zu nehmen. Neben den sechs Maschinen aus dem Flugprogramm waren jeweils ein Doppelsitzer MiG-21UM und eine MiG-21 Bison mit ihrem gesamten und durchaus beeindruckenden Bewaffnungsspektrum aufgereiht. Eine Kulisse, die den perfekten Schlusspunkt bot – an einem besonderen und denkwürdigen Tag, der der in der Geschichte der Indian Air Force unvergesslich bleibt.

Der Autor dankt Brigadier Amit Prakash Singh und Wing Commander Jaideep Singh herzlich für ihre Unterstützung.