Die Suche nach einem neuen Mehrzweck-Kampfflugzeug für die indische Luftwaffe hat sich schon fast zu einer epischen Saga entwickelt. Das Multi-Role-Fighter-Aircraft-Projekt (MRFA) zieht sich schon über rund acht Jahre, zuvor lief das 2015 ohne Ergebnis geendete MMRCA-Programm (Medium Multi-Role Combat Aircraft). Nun soll es plötzlich schnell gehen, denn den Streitkräften droht ein Jäger-Engpass. Insgesamt geht es um den Kauf von 114 Flugzeugen, von denen ein Großteil im eigenen Land gefertigt werden soll. Der Wunschkandidat ist die Dassault Rafale. Damit es möglichst zügig voran geht, favorisiert die Indian Air Force (IAF) laut Berichten der Times of India statt des langwierigen Ausschreibungsprozesses ein direktes Geschäft mit Frankreich von Regierung zu Regierung.
Mit der Ausmusterung der letzten Mikojan MiG-21 im kommenden Monat sinkt die Zahl der Kampfjet-Staffeln nämlich auf 29. Dies mag immer noch viel klingen (eine Staffel verfügt über bis zu 18 Flugzeuge), aber in der Geschichte der IAF ist es der geringste Wert überhaupt. Angesichts des Konflikts mit Pakistan und der Konkurrenz zu China halten die Militärs eine Armada mit 42 Staffeln für notwendig. Nur fehlen die nötigen Flugzeuge.
Verluste gegen Pakistan
Die vermeintlichen Verluste im Konflikt mit Pakistan im vergangenen Mai tun ihr Übriges. Indien hatte während der Operation Sindoor zahlreiche Luftangriffe mit der Rafale geflogen und angeblich drei Maschinen verloren. Die IAF bestreitet die Verluste, möchte aber scheinbar die Bestände möglichst schnell wieder auffüllen. Gleichzeitig erhöht die kolportierte chinesische Lieferung von J-35-Stealth-Jets an Pakistan den Druck.

Das Tejas-Programm von Hindustan soll nun endlich Fahrt aufnehmen.
Hoffnungsträger Tejas
Eine Hoffnung liegt auf dem im eigenen Land entwickelten Muster Tejas. Ab dem kommenden Jahr will Hindustan Aeronautics Limited (HAL) die Produktion auf 24 Maschinen jährlich hochfahren. Bis Ende 2026 sollen drei Staffeln die aktuelle Mk1A-Version erhalten und so unter anderem den Wegfall der MiG-21 kompensieren. Bisher sind 83 Exemplare fest bestellt, 97 weitere sollen folgen.
Ansonsten sind weitere MRFA-Kandidaten unter anderem die Boeing F-15EX und eine Version der Lockheed Martin F-16V (unwahrscheinlich wegen der von den USA erhöhten Zölle und den resultierenden Effekten), der Eurofighter, die Saab Gripen E/F sowie die russischen Mikojan MiG-35 und Suchoi Su-35.
Lizenzbau der Su-57E?
Die Pläne für ein Kampfflugzeug der fünften Generation scheinen jedoch momentan auf Eis zu liegen. Einen von US-Präsident Donald Trump angedeuteten Kauf der Lockheed Martin F-35 Lightning II hat Indien bereits abgelehnt, wohl auch aufgrund des Zollstreits. Auch bei der Suchoi Su-57 gibt es derzeit keine Neuigkeiten. Dies könnte sich allerdings im September beim geplanten Besuch von Wladimir Putin in der indischen Hauptstadt ändern. Russland hatte bereits eine indische Endmontagelinie der Exportversion Su-57E angeboten. Und ob die Eigenentwicklung AMCA von Hindustan (Advanced Medium Combat Aircraft) jemals in Dienst gehen wird, ist offen. Aktuell ist das Jahr 2034 vorgesehen.
Daher gilt der zügige Kauf weiterer Rafales (zu den bisher bestellten und übernommenen 36 Stück) als sinnvollste Lösung, sowohl aus logistischer als auch finanzieller Sicht. Zudem hat sich die indische Marine nun endgültig für die Rafale als neues Trägerflugzeug entschieden. Im Juni hatten sich das indische Unternehmen Tata Advanced Systems und Dassault auf die Lizenzproduktion von Rumpfsegmenten der Rafale geeinigt. Inwieweit die Informationsfreigabe zur Integration indischer Systeme in das französische Produkt erfolgt, muss sich indes erst zeigen.