Joint Strike Fighter: Die F-35 besitzt "nur noch" 873 Mängel

Joint Strike Fighter
Die F-35 besitzt „nur noch“ 873 Mängel

Veröffentlicht am 10.05.2020

Wegen zahlreicher Entwicklungsprobleme hat es etwas gedauert, die Fertigung der F-35 Lightning II hochzufahren. Im letzten Jahr aber wurden von den Endmontagelinien in Fort Worth, Texas, Cameri (Italien) und Nagoya (Japan) 134 Flugzeuge an die neun Ländern geliefert, die den Stealth-Fighter der fünften Generation derzeit im Dienst haben. Allein von Juni 2019 bis März 2020 kletterte die Stückzahl von 400 auf 500, davon 354 F-35A, 108 F-35B mit Kurzstart- und Senkrechtlandefähigkeit und 38 F-35C für den Einsatz von Flugzeugträgern aus. Das Jubiläumsflugzeug, eine F-35A, ging dabei an die in South Burlington stationierten "Green Mountain Boys" der Vermont Air National Guard (158th Fighter Wing).

Über 3200 F-35 sollen gebaut werden

Insgesamt 23 Basen weltweit mit F-35-Einheiten zählt das Joint-Strike-Fighter-Programm nun – von Amendola in Süditalien und Cheongju in Südkorea bis Nevatim in Israel, Örland in Norwegen und Yuma in Arizona. Rund 1000 Piloten und 9000 Wartungstechniker sind inzwischen auf dem Kampfjet ausgebildet, der auf Jahrzehnte hinaus das Rückgrat von über einem Dutzend Luftstreitkräften bilden wird. Die bisherige Programmplanung summiert sich auf mehr als 3200 Maschinen. Diese sind längst nicht alle fest bestellt. Mögliche Stornierungen dürften jedoch durch weitere Exportverkäufe kompensiert werden. Unter anderem beteiligt sich Lockheed Martin an den laufenden Kampfflugzeug-Wettbewerben in der Schweiz, in Finnland und in Kanada.

Acht der bisherigen Nutzer haben die vorläufige Einsatzbereitschaft mit ihren Lightning II erklärt, wobei die Kriterien dafür sehr unterschiedlich waren. Weitere Streitkräfte wie die Royal Australian Air Force, die bisher 22 F-35A übernommen hat, werden in diesem Jahr dazukommen. Auch im Kampfeinsatz über Afghanistan, dem Irak und Syrien war die F-35 schon. Die gesamte Flugstundenzahl weltweit (inklusive Testprogramm) lag Anfang März bei etwa 268 000.

F-35 training
US Air Force

Volle Serienfreigabe noch nicht erteilt

Das Programm ist also richtig in Fahrt: Mit weiteren Produktionssteigerungen auf 141 Flugzeuge dieses Jahr, 160 in 2021 und 170 in 2022. Entsprechend sollen für die Vorserien- produktionslose 12, 13 und 14 die Stückkosten um rund 13 Prozent auf 77,9 Millionen Dollar (71 Mio. Euro) für die F-35A, auf 101,3 Mio. Dollar (92 Mio. Euro) für die F-35B und auf 94,4 Mio. Dollar (86 Mio. Euro) für die F-35C sinken.

Gute Nachrichten also für die Kunden, doch auf der anderen Seite gibt es weiterhin eine ganze Liste von Problemen, mit denen das JSF-Programm zu kämpfen hat. So steht die Freigabe für die volle Serienproduktion, die auch Mehrjahresverträge erlauben würde, immer noch aus. Der sogenannte Milestone C wird laut Pentagon voraussichtlich mit bis zu 13 Monaten Verzögerung erst im Januar 2021 erreicht.

Aufwendige Truppenversuche

Ursächlich dafür ist, dass die im Dezember 2018 begonnene IOT&E-Phase (Truppenversuche/Initial Operational Test and Evaluation) immer noch nicht abgeschlossen werden konnte. Zwar wurden die meisten Flugversuche trotz schwacher Verfügbarkeit der Testflotte inzwischen absolviert. Aber komplexe Szenarien, zum Beispiel zu den tatsächlichen Vorteilen der geringen Entdeckbarkeit auf dem Gefechtsfeld, können nur in aufwendigen Simulationen durchgespielt werden. Dazu muss ein F-35-Datenmodell in das sogenannte Joint Simulation Environment eingebunden werden, was deutlich länger dauert als gedacht.

Fighter jets begin night flights on HMS Queen Elizabeth
Lockheed Martin Corporation

Lange Mängelliste

Die formale Prüfung und Zertifizierung der Truppenversuche obliegt Robert Behler, dem Director of Operational Test and Evaluation des Pentagon. Seine Abteilung ist berüchtigt dafür, die anhaltenden Probleme der F-35 im Detail aufzulisten. Der Jahresbericht 2019 zum JSF umfasst wieder 14 eng bedruckte Seiten und beginnt mit dem Satz: "Das Joint Strike Fighter (JSF) Programm hat weiterhin 873 ungelöste Probleme ..." (davon 13 der Kategorie I). Zu den im Bericht aufgegriffenen Punkten gehören:

  • Fortdauernde Probleme (4700 Mängel) mit dem Autonomic Logistics Information System (ALIS), das zum Betrieb der F-35 unerlässlich ist. Hier soll statt ständigem Software-Flickwerk nun ein komplett neuer Entwicklungsansatz helfen.
  • Die Lebensdauertests der F-35B müssen wiederholt werden, weil die Struktur inzwischen umkonstruiert wurde und so die ziemlich schlechten Ergebnisse nicht mehr relevant sind.
  • Bei vorhandenen F-35 müssen bestimmte Teile wie Spanten mit einem Laser-Shot-Peening-Verfahren behandelt werden, um die Ermüdung zu verlangsamen.
  • Bei der F-35A treten im Bereich der Bordkanone Risse an einem Längsgurt auf, deren Auswirkungen noch geprüft werden. Die Präzision der Kanone ist nach wie vor inakzeptabel.
  • Die Cybersicherheit der F-35 muss verbessert werden.
  • Die Zuverlässigkeit liegt nach wie vor unter den geforderten Werten. Der Wartungsaufwand ist sehr hoch und hat sich nicht wie erwartet mit der Zeit reduziert.

"Hohes Risiko"

Es gibt also noch einiges zu tun, um die F-35 zu verbessern und neue Fähigkeiten zu integrieren, um zum Beispiel die derzeit noch sehr eingeschränkte Waffenauswahl zu erweitern. Hier schlägt der Bericht vorsichtige Töne an: "Der derzeitige Prozess der kontinuierlichen Entwicklung und Bereitstellung von Fähigkeiten (C2D2) konnte nicht wie geplant mit den neuen Fähigkeitszuwächsen Schritt halten. Software-Änderungen ... führten häufig zu Stabilitätsproblemen und beeinträchtigten andere Funktionen. Aufgrund dieser Unzulänglichkeiten sowie einer großen Anzahl geplanter neuer Fähigkeiten hält DOT&E den derzeitigen Masterplan ... für ein hohes Risiko."

Die Kunden des Joint Strike Fighter

Royal Australian Air Force
Bedarf: 100 x F-35A Erste Lieferung: Dezember 2014 Anfängliche Einsatzbereitschaft: Dezember 2020 geplant

Belgische Luchtmacht
Bedarf: 34 x F-35A Erste Lieferung: ab 2023

Flyvevabnet (Dänemark)
Bedarf: 27 x F-35A
Erste Lieferung: ab 2021

Royal Air Force (Großbritannien)
Bedarf: 138 x F-35B
Erste Lieferung: 19. Juli 2012 (erste F-35 für einen Exportkunden)
Anfängliche Einsatzbereitschaft: Januar 2019

Cheil ha-Awir (Israel)
Bedarf: 50 x F-35A
Erste Lieferung: 22. Juni 2016
Anfängliche Einsatzbereitschaft: Dezember 2017

Aeronautica Militare Italiana
Bedarf: 60 x F-35A, 30 x F-35B
Erste Lieferung: 3. Dezember 2015 (Endmontagelinie Cameri)
Anfängliche Einsatzbereitschaft: November 2018

Koku Jieitai (Japan)
Bedarf: 105 x F-35A, 42 x F-35B
Erste Lieferung: 23. September 2016
Anfängliche Einsatzbereitschaft: März 2019

Royal Canadian Air Force (Kanada)
Bedarf: 88 x F-35A
Bemerkungen: Kanada hat sich zwar von Beginn an am F-35-Programm beteiligt, aber noch keine formale Beschaffungsentscheidung getroffen. Vielmehr läuft momentan ein Fighter-Wettbewerb.Kandidaten dabei sind die Boeing F/A-18E/F Super Hornet, die F-35A und die Saab Gripen.

Koninglijke Luchtmacht (Niederlande)
Bedarf: 46 x F-35A
Erste Lieferung: 15. Juli 2013 (erste F-35A für Exportkunden)
Anfängliche Einsatzbereitschaft: Ende 2021 geplant

Luftforsvaret (Norwegen)
Bedarf: 52 x F-35A
Erste Lieferung: 22. September 2015
Anfängliche Einsatzbereitschaft: November 2019

Siły Powietrzne (Polen)
Bedarf: 32 x F-35A
Erste Lieferung: ab 2024
Bemerkungen: Auftrag am 31. Januar 2020 bestätigt

Dae Han Min Guk Gong Gun (Südkorea)
Bedarf: 40 x F-35A
Erste Lieferung: 28. März 2018

Türk Hava Kuvvetleri
Bedarf: 100 x F-35A
Erste Lieferung: 21. Juni 2018
Bemerkungen: Am 17. Juli 2019 kündigte das Pentagon an, die Türkei wegen des Kaufs russischer Luftabwehrsysteme aus dem JSF-Programm zu entfernen. Bereits gelieferte F-35A verbleiben in den USA.

US Air Force
Bedarf: 1763 x F-35A
Erste Lieferung: Mai 2011
Anfängliche Einsatzbereitschaft: August 2016

US Marine Corps
Bedarf: 353 x F-35B, 67 x F-35C
Erste Lieferung: 16. November 2012 (Ankunft in Yuma)
Anfängliche Einsatzbereitschaft: Juli 2015

US Navy
Bedarf: 273 x F-35
Erste Lieferung: 24. Juni 2013
Anfängliche Einsatzbereitschaft: Februar 2019